Das Klitschko-Trauma

Von Bärbel Mees
Samuel Peter (r.) unterlag Wladimir Klitschko 2005 nach Punkten
© Getty

Am 11. September steigt Samuel Peter in Frankfurt erneut gegen Weltmeister Wladimir Klitschko in den Ring. Es soll die große Revanche für seine Niederlage von 2005 werden - und der Härtetest für Peters Neuanfang.

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Ein Mann wie ein Schrank: Samuel Peter. Der 30-jährige Nigerianer hat die Statur eines Baums, einen Nacken wie ein Stier und erweckt den Eindruck eines Bulldozers, der alles niederwalzt, was sich ihm in den Weg stellt. Und er ist im Boxring kein Unbekannter, weder für die Klitschko-Brüder, noch für die Zuschauer.

Dabei fängt seine Boxkarriere eher ungewöhnlich an. Nämlich gar nicht. Denn Peter ist als Kind ein passionierter Fußballer - bis eines Tages eine Gruppe Boxer in seiner Schule zu trainieren beginnt. Peter, gerade mal elf Jahre alt, bittet um eine Schnupperstunde und knockt zur Überraschung aller einen erfahrenen Amateurboxer aus. Der Beginn einer vielversprechenden Karriere.

Peter gibt das Fußballspielen auf und konzentriert sich aufs Boxen. 20-mal steigt er als Amateur in den Ring, nur zweimal verliert er. 2000 qualifiziert er sich für die Olympischen Spiele in Sydney und kämpft sich vor bis ins Viertelfinale. Dort scheitert er an Paolo Vidoz - aber die Boxwelt ist auf ihn aufmerksam geworden.

Erste Karriere-Niederlage

Als er wenige Monate später ins Profilager wechselt, wird er als der neue Mike Tyson gehandelt. Er gewinnt 17 seiner ersten 18 Kämpfe vorzeitig, besiegt 2005 Taurus Sykes und sichert sich den NABF-Titel im Schwergewicht. Doch dann wartet Wladimir Klitschko und mit ihm der erste echte Härtetest.

Peter weiß um seine große Chance, mit einem Sieg seine Kritiker verstummen zu lassen und endgültig alle Zweifel an seinen Fähigkeiten auszuräumen. Der Nigerianer gibt Vollgas, schickt Klitschko dreimal zu Boden - und verliert dennoch. Es ist seine erste Niederlage und sie wurmt ihn gehörig. Aber er steckt nicht auf.

Mühsam boxt sich Peter wieder in den Ranglisten der Verbände empor. Und bekommt eine zweite Chance: Mit dem Sieg über Jameel McCline erkämpft sich Peter den Interimstitel der WBC und das Recht, Schwergewichts-Champ Oleg Maskajew herauszufordern. Doch der ist verletzt, Peter muss warten. Eine zermürbende Zeit.

Im März 2008 ist es endlich soweit: Der Kampf findet im mexikanischen Cancun statt, Peter jagt Maskajew mit seinen Jabs durch den Ring und trifft - immer wieder. In der sechsten Runde bricht der Ringrichter ab, Peter ist Weltmeister.

Aufgabe oder Neuanfang

Doch sein Glück währt nicht lange, denn der Gegner bei seiner ersten Titelverteidigung ist wieder ein Klitschko. Diesmal Witali. Der lässt dem Nigerianer keine Chance, nach der achten Runde beendet der Ringrichter den ungleichen Kampf.

"Nichts hat beim Kampf gegen Witali gestimmt. Ich habe schlecht trainiert, ich war zu schwer, meine Promoter machten mir Probleme", entschuldigt Peter seine schlechte Performance.

Doch es geht weiter bergab, denn auch gegen Eddie Chambers verlässt der Nigerianer als Verlierer den Ring. Peter steht an einem Scheideweg. "Samuel musste sich entscheiden. Aufgabe oder Neuanfang", sagt sein Manager Ivaylo Gotzew rückblickend.

Der Nigerianer entscheidet sich für den Neuanfang. Er wechselt den Promoter, sucht sich einen neuen Trainer und nimmt zehn Kilo ab. Seine nächsten vier Kämpfe gewinnt Peter - aber was seine Umwandlung wert ist, wird sich erst am Samstag zeigen. Bei seiner langersehnten Chance zur Revanche, bei der Möglichkeit, endlich das Klitschko-Trauma zu überwinden.

Bis zu 1200 Situps täglich

Zumindest kann sich Peter nicht vorwerfen, in der Vorbereitung nicht alles gegeben zu haben. Für den Kampf steht er seit Wochen jeden Morgen um fünf Uhr auf und geht laufen. Acht Kilometer lang. Und er macht täglich 900 Situps. Manchmal auch 1200, einfach so. "Das ist Spaß an der Arbeit", sagt sein Coach Abel Sanchez.

Und Wladimir Klitschko weiß, worauf er sich mit dieser Titelverteidigung eingelassen hat: "Der Mann ist ein Brocken. Er hat viel Erfahrung, ist wahnsinnig stark und bekannt für seine Schlagkraft. Der erste Kampf gegen ihn war einer der härtesten meiner Karriere. Ich weiß, was mich erwartet und werde vorbereitet sein. Die Fans können sich auf ein hochdramatisches Duell freuen."

Klitschko: "Das Super-Gefühl macht süchtig"

Der Ukrainer hat sich bereits eine Strategie zurechtgelegt. Und nicht nur eine, sondern gleich vier.

"Ich habe Plan A, B, C und D. Es gibt nur ein Ziel, das ist wie ein Licht am Ende des Tunnels, man weiß genau, auf was man sich konzentrieren soll. Es ist ein Super-Gefühl und macht süchtig. Ich werde meine Fähigkeiten im richtigen Moment abrufen können. Ich weiß wo der Knopf zum Abrufen ist", erklärt Dr. Steelhammer.

Peter verzichtet zunächst auf Trash Talk. Auf der Pressekonferenz kurz vor dem Kampf gibt sich der Nigerianer überraschend wortkarg. Er möchte nicht zuviel versprechen, sondern am 11. September seine Fäuste sprechen lassen, sagt er, hält kurz inne und fügt dann doch an. "Klitschko weiß, wie weh es tut, wenn ich ihn treffe. Ich will der Welt zeigen, dass ich der härteste Puncher im Schwergewicht bin - und Wladimir wird es spüren, bevor er umfällt. Ich werde ihn ausknocken, seine Gürtel in den Koffer packen und mit ihnen wiederkommen, um mir seinen Bruder Witali vorzuknöpfen, mit dem ich auch noch eine Rechnung zu begleichen habe."

Wladimir Klitschko will schnellen K.o.-Sieg