DBB: Mehr Haltung, bitte!

Chris Fleming versucht, seine Spieler aufzubauen
© getty

So bitter das Ausscheiden war: Die DBB-Niederlagen dürfen nicht als Zufall abgetan werden, denn sie sind Ausdruck eines strukturellen Problems. Es gibt nur ein Gegenrezept - und der DBB muss endlich aufwachen. Ein Kommentar von SPOX-Chefredakteur Haruka Gruber.

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Es mag löblich sein, dass die Beteiligten in Anblick des Scheiterns nicht in Panik verfielen, sondern Räson walten ließen. Bundestrainer Chris Fleming bekräftigte nach dem Vorrunden-Ausscheiden bei der Heim-EM, dass er weiter gerne die Nationalmannschaft verantworten würde, obwohl er zukünftig hauptamtlich in der NBA als Assistenzcoach bei den Denver Nuggets tätig sein wird. Und DBB-Präsident Ingo Weiss pflichtete Fleming bei: "Es gibt keine Trainerdiskussion. Chris ist unser Trainer und bleibt unser Trainer."

Allerdings hatte Weiss derlei Worte bereits nach der vergangenen EM 2013 gewählt, als die Deutschen ähnlich enttäuschend in der Vorrunde ausgeschieden waren. Der damalige Bundestrainer Frank Menz durfte - weshalb auch immer - neun weitere Monate im Amt bleiben, bevor er im Mai 2014 wegen "unterschiedlichen Auffassungen" dann doch in den Jugendbereich zurückgestuft wurde.

Was eben zur Frage führt: Wie wahrscheinlich ist es, dass Fleming als Bundestrainer tatsächlich bleibt? Der DBB lehnt eine Doppelfunktion eigentlich ab und der Misserfolg bei der EM spricht ebenfalls eher gegen als für Fleming. Andererseits ist die Auswahl an Nachfolgern begrenzt.

Ein bekanntes Problem

Wie auch immer der DBB entscheidet: Dem Verband sollte bewusst sein, dass unabhängig von der Person Fleming etwas anderes weitaus essentieller ist: Kontinuität. Seit der Olympia-Teilnahme 2008 nahm Deutschland an fünf Großturnieren teil, viermal an der EM sowie einmal an der WM. Das beste Resultat war der neunte Rang bei der EM 2011, ansonsten gab es seit 2008 keine Platzierung unter den besten zehn.

Kommentar: Planlos in den nächsten Umbruch

Noch frappierender liest sich die Bilanz der Deutschen, wenn man sich die Ergebnisse der knappen Spiele seit 2009 betrachtet: Von 20 Spielen, die mit einem einstelligen Punkteunterschied entschieden wurden, gewann der DBB nur deren 7. Noch evidenter: Deutschland verlor seit 2009 ALLE Do-or-Die-Partien, um überhaupt die K.o.-Runde zu erreichen. Eine Erklärung für diese Auf- und Anfälligkeit: Wie soll eine Mannschaft in den kritischsten Phasen überhaupt Souveränität ausstrahlen, wenn auf der Trainerbank keine Solidität vorherrscht?

Ganz oder gar nicht

In den letzten fünf Jahren waren fünf Bundestrainer im Amt, allesamt mit eigenen Vorstellungen, wie denn der Basketball auszusehen hat. Es ist also per Definition unmöglich, dass eine Mannschaft, so talentiert sie sein mag, ihre Identität und innere Mitte findet, wenn der Vorgesetzte ständig wechselt.

Von daher: Falls der DBB weiter von Fleming überzeugt ist und an ihm festhält, dann bitte mit mehr Haltung als in der Vergangenheit bei dessen Vorgängern. Falls allerdings organisatorische (Flemings Abwesenheit in Deutschland wegen des NBA-Jobs) oder fachliche (Flemings negative Bilanz bei engen Spielen in Bamberg und beim DBB) Zweifel bestehen, sollte man sich diesen ehrlich stellen und die Zusammenarbeit mit Fleming zeitnah beenden und keine Zeit bei der Nachfolgersuche verlieren.

Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic und viele weitere Experten sprechen sich etwa für Flemings Assistenten Henrik Rödl aus. Er ist ungebunden und könnte der vom DBB gewünschte Vollzeit-Bundestrainer sein. Allerdings: Falls der DBB an Fleming festhält, könnte sich Rödl anderweitig orientieren - und man steht 2016 oder 2017 wieder vor dem gleichen Dilemma.

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