"Vielleicht spiele ich nie wieder"

Von Interview: Jonas Schützeneder
Steffen Hamann holte sich in der vergangenen Saison mit Bayern den Meistertitel
© getty

Mit dem FC Bayern ist er aufgestiegen und Meister geworden. Trotzdem gab der Klub seinem Kapitän Steffen Hamann keinen neuen Vertrag. Zum ersten Mal seit seinem Abschied spricht der Guard im ausführlichen Interview über seine Zeit in München, Optionen für die neue Saison und seine Liebe zu einem Kartenspiel.

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Steffen Hamann wartet schon. Im blauen Hemd sitzt der 33-Jährige mit Tageszeitung im Münchner Cafe Schneewittchen und liest. Der Aufbauspieler trägt Fünftagebart, wirkt nachdenklich, aber aufgeräumt. Wie üblich bestellt er Cesars Salad, trinkt dazu Wasser.

Zwei Wochen nach seinem Abschied beim FC Bayern blickt der ehemalige Kapitän mit SPOX auf seine vier Jahre in München zurück. Sie haben ihn auf und neben dem Parkett mehr denn je zu einem Anführer gemacht. Krönung: seine starke Final-Serie gegen Alba Berlin und der Titelgewinn mit dem FCB.

SPOX: Steffen, vor vier Jahren begann beim FC Bayern das größte Basketball-Projekt der deutschen Geschichte. Sie waren von Beginn an dabei, wechselten vom Euroleague-Teilnehmer Alba Berlin nach München in die 2. Liga. Ihr erster Eindruck damals?

Steffen Hamann: Ich weiß noch, als ich zum ersten Training gekommen bin. Damals waren wir noch an der Säbener Straße. Die Fans beim Fußball-Training kannten uns überhaupt nicht. Und dann die Kabinen. Viel zu klein für so große Jungs. Der Stimmung im Team hat das aber nicht geschadet.

SPOX: Trotzdem: Statt nach Barcelona und Bamberg ging es dann jede Woche durch die Kleinstädte Deutschlands. Der sportliche Reiz war doch bedeutend geringer.

Hamann: Natürlich. Aber die Auswärtsspiele in den kleinen Hallen waren auch etwas Besonderes. Alle wollten die Bayern schlagen und damit mussten wir erst zurechtkommen. Deshalb war es wichtig, dass wir erfahrene Jungs im Kader hatten. Typen wie Nadfeji, Greene oder auch Darius Hall. Die hatten schon längst alles erreicht und haben sich der Aufgabe trotzdem gestellt, weil sie von den Möglichkeiten dieses Projekts überzeugt waren.

SPOX: Eine Berliner Zeitung titelte nach Ihrem Wechsel zum FCB: "In München wird Hamann Millionär".

Hamann: Auf dieses Geld warte ich noch (lacht). Es sagt vielleicht jeder, aber Geld ist mir nie wichtig gewesen. Wenn es so gewesen wäre, hätte ich viel länger als ein halbes Jahr im Ausland spielen müssen. Mir kommt es immer auf die sportliche Herausforderung an. Und die war in München gegeben, das Projekt ist nach wie vor einzigartig.

SPOX: Ähnliches soll auch in Köln und Hamburg entstehen, wo zwei Millionenstädte unbedingt zurück in die BBL-Spitze wollen. Wie sehen Sie diese Projekte?

Hamann: Absolut positiv. Vor allem, weil mit Stephan Baeck und Pascal Roller erfahrene Leute dahinter stehen, die viel bewirken können. Da ist enorm viel Zuschauer-Potential vorhanden. Dem Basketball in Deutschland kann das nur guttun.

SPOX: Beide suchen noch nach erfahrenen Spielern, die auch als Identifikationsfigur taugen. Das wäre doch was für Sie.

Hamann: Natürlich mache ich mir Gedanken, was passiert. Beide Projekte sind sehr interessant, keine Frage. Aber für mich ist das kein Thema.

SPOX: Nach Ihrem Abschied haben viele Fans Ihren Unmut geäußert. Der Verein habe seinen Kapitän abgefrühstückt, war noch die harmloseste Kritik.

Hamann: Ich lese online keine Kommentare, daher kann ich dazu nicht so viel sagen. Auf meiner Facebook-Sete habe ich sehr viele persönliche Nachrichten bekommen, mehr als nach dem Titelgewinn. Das freut mich natürlich. Ich wäre sehr gerne weiter geblieben, aber Sveti (Svetislav Pesic, Anm. d. Red.) hat sich so entschieden, das muss ich akzeptieren.

SPOX: Wie haben Sie diese Entscheidung aufgenommen?

Hamann: Eigentlich sehr gefasst. Sveti und ich hatten ein Gespräch. Er hat mir erklärt, dass er im nächsten Jahr keinen Platz im Kader für mich hat. Er weiß, wie ich dazu stehe und wieviel mir der Verein bedeutet, aber ich akzeptiere das so. Ich bin ein positiver Mensch und blicke jetzt nach vorne.

SPOX: Das klingt nicht nach einem Rücktritt.

Hamann: Das kann ich so nicht sagen. Vielleicht spiele ich nie wieder. Wenn ich das verkünde, ist es auch endgültig. Deshalb fällt es mir derzeit schwer, zu glauben, dass es vorbei ist. Es wird was passieren, das ist sicher.

SPOX: Spüren Sie keinen Zeitdruck? In einem Monat beginnt die BBL.

Hamann: Überhaupt nicht. Klar: Alle fragen, wie es jetzt weiter geht. Aber ich bin nicht nervös. Ich bin gespannt und hungrig, habe mich gut in Form gehalten. Ich bin bereit für alles.

SPOX: Wie emotional war denn Ihr Abschied von den Teamkollegen?

Hamann: Naja, wir sind uns jetzt nicht heulend in den Armen gelegen. Aber man hat schon gemerkt, dass wir zusammen etwas Großes gewonnen haben. Das wird uns immer bleiben. Und aus der Whatsapp-Gruppe haben sie mich auch noch nicht entfernt.

SPOX: Die letzte Nachfrage dazu: Viele erwarten Ihre Rückkehr in die Heimat nach Bamberg.

Hamann: Es geht ja nicht nur um sportliche Aspekte, sondern auch darum, was hinter den Kulissen passiert. Daran ist es gescheitert.

SPOX: Weil Wolfgang Heyder nicht mehr unumstritten ist?

Hamann: Wolfgang war ein Stück weit mein Mentor, er hätte mich natürlich gerne in Bamberg gesehen. Ich finde es schade, wie mit seiner Person umgegangen wird. Jeder in Bamberg weiß, was man ihm zu verdanken hat.

SPOX: Neben Heyder war natürlich Dirk Bauermann maßgeblich an Ihrer Karriere beteiligt. Für Sie ist er mehr als nur ein Trainer, oder?

Hamann: Definitiv. Dirk ist wie ein Basketball-Papa für mich. Er kam damals mitten in der Saison nach Bamberg und hat mich direkt starten lassen. Ich war nie das größte Talent, aber er hat gesehen, dass ich immer mit Leidenschaft spiele. Genau das verkörpert er auch selbst: Wenn man an die Linie schaut und ihn da stehen sieht, muss man einfach Vollgas geben.

SPOX: Als Dank hat Bauermann sogar einmal ein Vormittags-Training für Sie verschoben...

Hamann: Ja, das war witzig. Robert Garrett und ich hatten uns für die staatliche Fischerprüfung angemeldet. Das war an einem spielfreien Samstag. Als wir ihm das gesagt haben, dachte er zuerst, wir wollen ihn verarschen. Zum Glück hat er das Training dann doch noch verschoben.

Seite 1: Hamann über den Abschied vom FCB und Bauermann

Seite 2: Hamann über ein Essen mit Hoeneß und Olympia 2008

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