"Ein bisschen wie Nowitzki und Geschwindner"

Von Interview: Haruka Gruber
Robin Benzing (M.) mit seinem Berater Marko Pesic (l.) und Mentor Svetislav Pesic
© Imago

Sein Name: Robin Benzing. Sein Status: Supertalent. Sein Traum: die NBA. Doch erst will sich der 22-jährige Small Forward aus Ulm zum Scoring-Champion der BBL krönen - und das als erster Deutscher seit 24 Jahren. Helfen soll dabei der "Pesic-Plan". Eine der größten Basketball-Hoffnungen Europas über seine neue Aggressivität, Dirk Bauermanns Kritik und die Bayern.

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SPOX: Am vergangenen Spieltag stellten Sie in Tübingen mit 33 Punkten einen neuen Karriererekord auf und liegen nun mit 16,4 Zählern im Schnitt auf Platz drei der BBL. Wie wichtig ist es Ihnen, als erster Deutscher seit Mike Jackel 1987 zum besten Bundesliga-Scorer gekrönt zu werden?

Robin Benzing: Ich muss zugeben, die Scoring-Krone würde mir schon gefallen. Aber ich messe ihr genauso wenig wie den 33 Punkten eine besonders große Bedeutung zu, denn es gibt Wichtigeres. Was hilft mir der Karriererekord, wenn wir als Mannschaft in Tübingen mit 81:84 verlieren? Mir geht es bis zum Saisonende vor allem darum, dass sich die Leistungen des Teams und von mir selbst stabilisieren.

SPOX: Untertreiben Sie nicht, wenn Sie über sich sprechen? Im Gegensatz zur Mannschaft sind Sie ein Muster an Beständigkeit und punkteten in 12 der letzten 13 Spiele zweistellig.

Benzing: Nein. Ich bin ein Typ, der nie zufrieden mit sich selbst ist. Auch nach ordentlichen Partien denke ich sehr intensiv darüber nach, was ich hätte besser machen müssen. Es ist doch so: Im Paket waren meine Leistungen nie perfekt. Mal erziele ich viele Punkte und hole dafür wenige Rebounds, mal ist es genau umgekehrt. Irgendwann muss ich soweit sein, dass ich beständig alle Facetten des Basketballs beherrsche.

SPOX: Ihr Saisonstart ließ nichts Gutes erahnen, vor allem Ihre Wurfquoten gaben Anlass zur Sorge. Wie ist Ihnen die Kehrtwende gelungen?

Benzing: Es gab keinen Schlüsselmoment, es war mehr ein schleichender Prozess. Wir erhöhten schrittweise die Trainingsintensität und ich legte Extra-Wurfübungen ein, um die Sicherheit zurückzugewinnen. Von Woche zu Woche fühlte ich mich immer sicherer und langsam fielen die Dreier wieder und die Wurftechnik wurde sauberer.

SPOX: Was ebenfalls auffällt ist Ihre verbesserte Arbeit am Brett. Beweisen die mittlerweile vorzeigbaren 4,6 Rebounds im Schnitt, dass Sie nun härter spielen?

Benzing: Ich habe überall noch Steigerungsbedarf, aber das Rebounding gehörte sicherlich zu den größeren Problemen. Deswegen habe ich besonders daran gearbeitet und in den letzten Wochen versucht, mich zu überwinden und wirklich in jeder Situation aggressiv zum Brett zu gehen und dem Ball nachzugehen, egal, ob ich davor den Rebound bekommen habe oder nicht. Ich bin dabei, diese Denke zu verinnerlichen.

SPOX: Einer Ihrer Schwachpunkte ist das Passspiel, 0,9 Assists sind für einen Basketballer mit solch einem Talent enttäuschend. Muss ein Small Forward nicht auch über Spielmacher-Qualitäten verfügen?

Benzing: Ich möchte es nicht ausschließen, aber ich kann mir derzeit nicht vorstellen, zukünftig wie ein Point Forward zu spielen und die Offensive mitzuorganisieren. Ich bin eher der klassische Forward. Dennoch ist klar, dass ich mich im Passspiel erheblich verbessern und häufiger den freien Mann finden muss, wenn ich zum Korb ziehe.

SPOX: Sie verfügen über immenses Potenzial, deswegen werden Sie womöglich strenger beurteilt als andere Basketballer - so wie nach dem frühen WM-Aus der Nationalmannschaft. Hatte der vergangene Sommer auch etwas Positives?

Benzing: Definitiv. Mit dem Abschneiden der Mannschaft und speziell mit meiner Leistung konnte ich nicht zufrieden sein, aber ich habe aus dem Sommer sehr viel für mich herausgezogen. Zuvor ist meine Karriere sehr positiv verlaufen, aber erst durch eine enttäuschende WM und die dazugehörende Kritik lernt man, worauf es ankommt. Jetzt weiß ich, dass ich mich noch mehr auf das Wesentliche konzentrieren muss und weniger auf Nebengeräusche achten sollte.

SPOX: Doch woran lag es, dass Sie vom ersten WM-Spiel an verunsichert wirkten?

Benzing: Was viele vergessen: Ich zog mir in der Vorbereitung einen Muskelfaserriss zu und hatte so einen Rückstand, den ich bis zur WM nicht aufholen konnte. So verlor ich den Rhythmus, mir fehlte die Frische und ich war entsprechend nicht auf der Höhe.

SPOX: Dennoch gab es Kritik von Bundestrainer Dirk Bauermann.

Benzing: Ich habe die Worte nicht so negativ bewertet wie die Öfffentlichkeit. Ich glaube vielmehr, dass mich der Coach motivieren wollte.

SPOX: Wie hat Ihr Mentor Svetislav Pesic Ihre WM bewertet?

Benzing: Wir führten ein langes, konstruktives Gespräch. Er gab mir viele wertvolle Tipps und sprach deutlich an, was ich verbessern muss. Gleichzeitig betonte er jedoch, dass es einen Plan für mich gibt und dass es ein Fehler wäre, wenn wir wegen eines enttäuschenden Sommers davon abrücken würden.

SPOX: Ihr Verhältnis zu Svetislav Pesic und seinem Sohn Marko, der Ihr Berater ist, erinnert an die enge Beziehung zwischen Dirk Nowitzki und Holger Geschwindner. Auch Geschwindner entwickelte frühzeitig einen mehrstufigen Plan für seinen Schützling. Zufall?

Benzing: Es kann schon sein, dass wir ein bisschen wie Dirk und Holger Geschwindner arbeiten. Ich habe ein super Verhältnis zur gesamten Familie Pesic. Svetislav Pesic ist mein Privatcoach, Marko ist mein Berater und ein sehr enger Freund. Wir vertrauen uns vollkommen, das ist im Basketball-Geschäft nicht selbstverständlich.

SPOX: Wie genau sieht der Pesic-Plan für Sie aus?

Benzing: Es gibt diesen Plan, aber da ist Marko Pesic der bessere Ansprechpartner. Er hat diesen Plan entwickelt und hat die Strukturen geschaffen, damit ich mich nur auf den Basketball konzentrieren kann.

SPOX: Beinhaltet der Plan womöglich, dass Sie nach der Saison, statt sich NBA-Teams anzubieten, nach Spanien zum Valencia BC wechseln, bei dem Svetislav Pesic seit November mit großem Erfolg arbeitet? Im SPOX-Interview spricht Pesic offen über das Interesse an Ihnen und Tibor Pleiß.

Benzing: Vorweg möchte ich klarstellen: Ich denke überhaupt noch nicht daran, was über den Sommer hinaus passiert. Mein Hauptaugenmerk ist auf meine Entwicklung gerichtet. Aber natürlich ist es für jeden Basketballer eine unglaubliche Ehre, mit Top-Coaches wie Svetislav Pesic oder Dirk Bauermann täglich arbeiten zu können.

SPOX: Bauermann, der mit dem FC Bayern vor dem Aufstieg steht und im Sommer die Verpflichtung weiterer Hochkaräter plant?

Benzing: Ich bekomme selbstverständlich mit, was für eine Begeisterung in München entfacht wurde und wie ambitioniert das Projekt ausgelegt ist. Aber eigentlich meinte ich eher, dass es eine Ehre ist, von Bauermann in der Nationalmannschaft trainiert zu werden. Wie gesagt: Ich möchte und kann nicht über meine Zukunft sprechen.

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