Superpferd Totilas als Hypothek

SID
Totilas, hier noch mit Edward Gal, gilt als ein Wunderpferd
© Getty

Wer wird künftig auf Totilas sitzen (dürfen)? Nach dem spektakulären Kauf des Wunderpferdes durch Paul Schockemöhle machte die Frage nach dem neuen Reiter die Runde.

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Isabell Werth will nicht, Christoph Koschel wurde nicht gefragt, Matthias Alexander Rath weiß von nichts: Nach dem ersten Jubel über den Kauf des Wunderpferdes Totilas durch Paul Schockemöhle hielt die Frage nach dem künftigen Reiter des Wunderpferdes das deutsche Dressurlager auf Trab.

Matthias Alexander Rath, dessen Stiefmutter Ann Kathrin Linsenhoff sich die Sportrechte an Totilas gesichert haben soll, wiegelt ab. "Ich weiß davon nichts. Mich hat keiner gefragt", sagte Rath.

Der Wirtschaftsstudent aus Kronberg, der bei der WM in Lexington mit der deutschen Equipe Bronze gewann, sagt aber auch: "Das Pferd hat viele Vorleistungen. Ich glaube nicht, dass ein Reiter das Angebot ablehnen kann, Totilas zu reiten."

Raths Stiefmutter ist zurzeit im Urlaub und nicht erreichbar. Es wäre aber durchaus denkbar, dass die vermögende Ex-Reiterin an Schockemöhles Coup beteiligt ist. Die ehemalige Sporthilfe-Präsidentin hatte ihrem Stiefsohn zuletzt das Top-Pferd Sterntaler zur Verfügung gestellt, doch der Wallach ist mit 15 Jahren allmählich im Herbst seiner Karriere angekommen.

Druck steigt mit Totilas

"Ein Pferd wie Totilas zu reiten, ist auch eine Hypothek", sagt Jürgen Koschel, Vater und Trainer von Shooting-Star Christoph Koschel. Totilas gewann mit dem Niederländer Edward Gal in schlafwandlerischer Sicherheit sämtliche Titel in Lexington.

Auch von seinem neuen Reiter werden solche Erfolge erwartet - das kann auch abschrecken. Isabell Werth sicher nicht, aber: "Ich arbeite lieber mit meinen jungen Pferden", sagt die fünfmalige Olympiasiegerin, die traditionell auf das Heranziehen von Nachwuchspferden setzt.

"Ich bin überzeugt, dass Paul Schockemöhle einer reiterliche Idee hat", sagt Verbandspräsident Breido Graf zu Rantzau. Pferdegroßhändler Schockemöhle hat zwischen neun und 15 Millionen für den lackschwarzen Hengst hingelegt.

In der Zucht soll der Rappe pro Jahr rund zwei Millionen Euro einbringen. Mit dem zusätzlichen Geld für die Sportrechte könnten sich die hohen Investitionen in wenigen Jahren refinanzieren.

Deutsche Krise beendet?

Für die deutsche Dressur scheint die Krise dank Totilas mit einem Schlag beendet. Nicht nur, dass der übermächtige Erzrivale aus den Niederlanden enorm geschwächt wurde, plötzlich ist auch das schon verloren geglaubte Gold bei Olympia 2012 wieder greifbar.

Dieses Gold ist den deutschen Reitern heilig. Nach Silber 1972 in München hat die deutsche Equipe bis auf die Boykott-Spiele 1980 bei Olympia immer gewonnen.

"Ich habe immer gesagt, dass ich froh wäre, einen wie Totilas zu haben, denn das ist beruhigend", verriet Dressur-Bundestrainer Holger Schmezer im Gespräch mit der Tageszeitung Die Welt: "Dass Totilas jetzt in einem deutschen Stall steht, ist eine Bereicherung für uns."

"Das ist ganz schlimm für uns"

In den Niederlanden herrscht dagegen Frust und Katerstimmung. "Das ist ganz schlimm für uns", sagte die dreimalige Einzel-Olympiasiegerin Anky van Grunsven: "So ein Pferd kommt so schnell nicht wieder." Ihr Ehemann Sjef Janssen, niederländischer Cheftrainer, fügte hinzu: "Das ist ein großer Aderlass für uns besonders mit Blick auf London 2012."

In den Niederlanden hoffte man bis zuletzt darauf, dass Schockemöhle das Wunderpferd vielleicht doch noch Edward Gal überlässt.Außerdem machte ein Gerücht die Runde, dass ein britischer Reiter das Pferd erhält, um dem Gastgeberland bei Olympia Gold zu sichern.

Schockemöhle wird sich die Angebote aller Interessenten genau anschauen. Eine Entscheidung gegen den deutschen Verband allerdings dürfte auf wenig Verständnis in seiner Heimat stoßen.

"Das ist eine reine Privatgeschichte von Herrn Schockemöhle", sagte Bundestrainer Schmezer: "Insofern müssen wir erst einmal abwarten, wie sich die Sache entwickelt."

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