Jürgen Klopp beim FC Liverpool: Extremer Wind, trockener Rasen und TV-Verschwörung - der Coach ist der König der Ausreden

Von James Westwood und Patrik Eisenacher
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Jürgen Klopp vom FC Liverpool ist selten um eine Ausrede verlegen, wenn die Dinge nicht wie geplant laufen. Hier kommt eine Auswahl.

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Am 30. September 2023 gewann Tottenham Hotspur gegen den FC Liverpool (2:1) und rückte damit bis auf einen Punkt an Premier-League-Spitzenreiter Manchester City heran. Die Spurs verdienten sich den Sieg auch redlich, weil sie nach einer Roten Karte für Reds-Spieler Curtis Jones 70 Minuten lang offensiv überzeugten.

Der Sieg der Mannschaft von Teammanager Ange Postecoglou wurde allerdings von einem Fehler des Videoschiedsrichters überschattet, der ein Tor von Liverpools Luis Díaz (34. Minute) wegen vermeintlichen Abseits' nicht anerkannte. Die Professional Game Match Officials Limited (PGMOL) gab nach dem Spiel eine Erklärung ab, in der sie einen "enormen menschlichen Fehler" einräumte und versprach, den Vorfall umfassend zu untersuchen.

Einige Tage später veröffentlichte PGMOL die vollständige Audioaufzeichnung der Diskussionen zwischen den Unparteiischen, wobei VAR Darren England "check complete" ("Check vollständig") sagte, nachdem er fälschlicherweise davon ausgegangen war, dass die Entscheidung auf dem Spielfeld "Tor" lautete - was dem Schiedsrichter Simon Hooper und seinem Team fälschlicherweise signalisierte, dass die ursprüngliche Abseitsentscheidung korrekt war.

"Ich habe noch nie ein Spiel wie dieses gesehen, mit höchst unfairen Umständen und verrückten Entscheidungen", sagte Jürgen Klopp unmittelbar nach dem Spiel gegenüber Sky Sports.

Der Liverpooler Trainer hatte auch noch viel zu sagen, als er sich vor dem Europa-League-Spiel seiner Mannschaft gegen Union Saint-Gilloise (2:0) erneut den Medien stellte und die Notwendigkeit betonte, "das Problem auf angemessene Weise zu lösen". Klopp fuhr fort: "Einige Leute wollen wahrscheinlich nicht, dass ich das sage. Aber weniger als Trainer von Liverpool, sondern vielmehr als Fußball-Interessierter, sollte das einzige Resultat ein Wiederholungsspiel sein. So ist es nun mal. Es wird wahrscheinlich nicht passieren."

Es war eine viel diskutierte Aussage eines Mannes, der seit seiner Ankunft in Anfield im Jahr 2015 den Ruf genießt, gerne mal wilde Ausreden parat zu haben.

Klopp läuft mit seiner Aussagen Gefahr, (erneut) als schlechter Verlierer wahrgenommen zu werden. Es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass er Ausreden sucht, wenn seine Mannschaft nicht das gewünschte Ergebnis erzielt.

SPOX und GOAL haben die größten Nörgeleien des Liverpooler Managers im Laufe seiner siebenjährigen Amtszeit zusammengetragen ...

Jürgen Klopp, FC Liverpool
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Jürgen Klopp und der "extreme" englische Wind

Zwei Monate nach Klopps Ankunft, im Dezember 2015, war Liverpool auf Platz 10 der Premier-League-Tabelle abgerutscht, mit 5 Unentschieden und 3 Niederlagen in seinen ersten 16 Spielen. Sein Gegenpressing, das ihm bei Borussia Dortmund so viel Erfolg beschert hatte, funktionierte bei den Reds (noch) nicht - was er auf das englische Wetter schob.

Klopp sagte den Reportern: "Es gibt hier einen anderen Fußballstil, auch wegen des Wetters. Der Wind kann in England ziemlich extrem sein. Das kennen wir in Deutschland nicht. Man muss die Dinge einfach halten. Spieler, die nicht aus Großbritannien kommen, müssen sich an den Wind gewöhnen. Dadurch muss ich auch meinen Fußballstil anpassen."

FC Liverpool, Jürgen Klopp
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Jürgen Klopp: "Schwer für eine Mannschaft, die Fußball spielen wollte"

Liverpool erreichte in der Saison 2016/17 das Halbfinale des Ligapokals und verlor das Hinspiel gegen Southampton in Anfield mit 0:1. Mit dem gleichen Ergebnis schied die Klopp-Elf dann in St. Mary's aus dem Wettbewerb aus, obwohl die Gäste mit 83 Prozent den Ballbesitz dominiert hatten.

Anstatt auf die fehlende Durchschlagskraft zu verweisen, betonte Klopp, dass sein alter Erzfeind, der Wind, der Hauptgrund für Liverpools Scheitern war: "In der ersten Halbzeit war es schwierig - der Wind war wirklich seltsam, es war schwierig, damit umzugehen", sagte er. "Man hat ein oder zwei Mal gesehen, dass der Ball in einem Moment einfach stehen blieb. Das war schwierig für eine Mannschaft, die Fußball spielen wollte."

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Jürgen Klopp und die TV-Verschwörung

Im Januar 2018 lösten sich Liverpools FA-Cup-Hoffnungen nach einer überraschenden 2:3-Viertelfinalniederlage gegen West Brom in Anfield in Luft auf. In der ersten Halbzeit gab es langwierige VAR-Überprüfungen, als West Brom ein Tor aberkannt wurde, Liverpool einen Elfmeter zugesprochen bekam und den Gästen ihr drittes Tor des Spiels bestätigt wurde.

Die Nachspielzeit betrug jedoch nur vier Minuten. Klopp vermutete, dass der britische Fernsehsender BT Sport für die Verkürzung der Spielzeit verantwortlich war: "Ich habe gehört, dass die eigentliche Nachspielzeit in der ersten Halbzeit zehn Minuten hätte betragen müssen", sagte der deutsche Trainer. "Es waren aber nur vier. Ich habe gehört, dass das Fernsehen gesagt hat, dass es nicht länger als vier Minuten sein darf."

Der deutsche Trainer fuhr fort: "Natürlich ist das nicht möglich, man kann die Spielzeit nicht kürzen, weil es etwas anderes zu übertragen gibt. Ich weiß nicht, was danach kam, vielleicht die Nachrichten oder so. Es waren zehn Minuten, also muss man zehn Minuten länger spielen lassen. Man kann nicht sagen: 'Das ist jetzt ein bisschen zu lang.'"

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Jürgen Klopp und der zu trockene Rasen

Drei Monate später traf Liverpool in der Premier League erneut auf West Brom, diesmal im Hawthorns-Stadion. Das Spiel endete 2:2, nachdem man in der Schlussphase eine Zwei-Tore-Führung noch aus der Hand gegeben hatte.

Die Gäste waren dafür selbst verantwortlich, weil ihre Konzentration nachließ, aber Klopp war mehr wegen des Zustands des Platzes frustriert und konnte sich eine kleine Stichelei gegen die fast schon abgestiegenen Baggies nicht verkneifen. "Es war ein schwieriges Spiel, vor allem nachdem der Platz immer trockener wurde. Wir hatten ständig den Ball und das ist nicht so einfach", klagte Klopp.

"West Brom hat offensichtlich beschlossen, das Spielfeld in der Halbzeit nicht mehr zu bewässern. Es war ziemlich schwierig. Ich war nicht zufrieden mit dem Platz. Das macht einen Riesenunterschied. Wenn man wie West Brom spielt und den Ball ständig nur in der Luft hat, braucht man keinen nassen Rasen. So ist das nun mal, und damit müssen wir umgehen. Nächstes Jahr können sie auf einem trockenen Platz in der Championship zu spielen."

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Jürgen Klopp: Gegner geben gegen ManCity nicht alles

Liverpool hatte sich in der Saison 2018/19 zum größten Herausforderer von Manchester City in der Premier League entwickelt - und im Dezember versuchte Klopp, die Mannschaft von Pep Guardiola zu provozieren. Er behauptete sensationell, dass die anderen 18 Mannschaften in der Liga sich mehr Mühe gegen die Reds geben würden als gegen City, das seiner Meinung nach viel zu viel "Respekt" genieße.

"Sie haben nicht den gleichen Respekt vor uns wie zum Beispiel vor ManCity", so Klopp. "Gegen City schaut man zu und fragt sich, was die da machen. Eine Woche später spielen sie gegen uns, und sie denken: 'Gut, versuchen wir es'. City hat das verdient, aber es macht einen großen Unterschied, weil wir die ganze Zeit zu 100 Prozent konzentriert sein müssen."

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Jürgen Klopp: Sogar die eigene Unfairness ist unfair

Klopp nahm den Schnee ins Visier, als Liverpool einen Monat später im Heimspiel gegen Leicester City zwei wertvolle Punkte liegen ließ. Nur eine Seite des Spielfelds in Anfield war geräumt worden, um den Reds einen Vorteil zu verschaffen - aber die Foxes schafften es trotzdem, ein 1:1 herauszuholen.

Klopp betonte, dass seine Mannschaft nicht in ihrem gewohnten Stil spielen konnte: "Man hat gesehen, dass der Ball nicht richtig rollt", sagte er nach dem Schlusspfiff. "Wenn man dann 70 bis 80 Prozent der Zeit den Ball hat, wird es richtig ungemütlich. Das einzige Problem ist, wenn er auf dem Spielfeld bleibt, und das war tatsächlich der Fall."

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Schiedsrichter stören den Spielfluss

Klopp wurde nach dem 1:1-Unentschieden bei West Ham 2019 wegen seiner Kritik an den Schiedsrichtern mit einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet rund 50.000 Euro belegt, obwohl seine Mannschaft mehr von Fehlentscheidungen profitiert hatte.

Die Wiederholungen zeigten, dass der Führungstreffer von Sadio Mané wegen einer Abseitsstellung von James Milner hätte aberkannt werden müssen. Außerdem tauchte Divock Origi in den letzten Minuten allein vor Torhüter Lukasz Fabianski auf, nachdem der Linienrichter eine weitere Abseitsstellung übersehen hatte - doch der Torwart von West Ham parierte den Schuss des Liverpooler Stürmers.

Unglaublicherweise behauptete Klopp im Anschluss gegenüber Sky Sports, dass die Offiziellen versucht hätten, das Tor von Mané durch eine Reihe von Entscheidungen gegen seine Mannschaft zu kompensieren: "Wir hatten gute Momente, sind durch die Reihen gekommen und haben das Tor erzielt, von dem mir jetzt gesagt wurde, dass es Abseits war. Das erklärt ein wenig die zweite Halbzeit, denn ich denke, der Schiedsrichter wusste es schon zur Halbzeit."

Der deutsche Trainer führte aus: "In der Halbzeit wusste er es ganz sicher (dass er eine Fehlentscheidung getroffen hatte), und dann gab es eine Menge seltsamer Situationen. Sie waren nicht entscheidend, sondern nur Rhythmusbrecher. Das hat uns natürlich nicht geholfen. Wenn ich in der ersten Halbzeit einen Fehler gemacht habe, will ich das Fass menschlich nicht noch weiter aufmachen."

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Uniteds Verletzungsmisere als Problem für die Reds

Ende Februar kam Liverpool gegen Manchester United nicht über ein torloses Unentschieden hinaus. Die Red Devils wurden in der ersten Halbzeit durch die Verletzung von drei Spielern beeinträchtigt.

Klopp war jedoch der Meinung, dass die personellen Veränderungen United einen Vorteil verschafft hätten: "Es war ein seltsames Spiel. Wir haben sehr, sehr gut angefangen, genau so, wie wir anfangen wollten. Dann kam die Verletzungsmisere dazu. Das hat uns offensichtlich unseren Rhythmus gekostet. Wir fragten uns: 'Was ist denn jetzt los? United hat mit einem völlig neuen Mittelfeld gespielt und mit einem ziemlich neuen Dreier-Sturm. Wir haben den Rhythmus verloren und konnten ihn nicht wiederfinden."

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"Tiefer, schlammiger Platz" in Amsterdam

Liverpool eröffnete seine Champions-League-Saison 2020/21 mit einem schwierigen Auswärtsspiel bei Ajax Amsterdam und holte dank eines Eigentors von Nicolás Tagliafico die drei Punkte. Ajax hatte selbst zahlreiche Chancen, doch die Niederländer scheiterten am Ende an der Abwehr, an Alisson und am Aluminium.

In typischer Klopp-Manier machte er das Spielfeld für Liverpools physische Probleme verantwortlich. Er sagte: "Das Spielfeld war wirklich schwierig, es war tief, ein bisschen schlammig. Vielleicht kann man es von außen nicht sehen. Aber es war so, weil beide Mannschaften ziemlich früh erschöpft aussahen. Überraschenderweise war der Platz nicht gut. Ich dachte, eine fußballspielende Mannschaft hätte einen guten Platz."

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"Wirklich gefährliche" Spielansetzungen

Im November der damaligen Saison kam Liverpool auswärts in Brighton nicht über ein 1:1 hinaus. Pascal Gross' Elfmeter in der Nachspielzeit glich einen Treffer von Diogo Jota aus.

James Milner musste dabei in der 74. Minute mit einer Oberschenkelverletzung ausgewechselt werden - was Klopp darauf zurückführte, dass BT Sport den Anstoß zur Mittagszeit ansetzte, obwohl die Reds unter der Woche noch in der Champions League gespielt hatten.

In einem außergewöhnlichen Wutausbruch gegenüber dem Journalisten Des Kelly sagte der Liverpooler Manager: "Ich weiß nicht, wie oft ich es sagen muss, aber Sie entscheiden sich für den Anstoß um 12.30 Uhr. Bis Dezember müssen mir noch ein weiteres Mal nach einem Mittwoch an einem Samstag spielen. Es sind schwierige Zeiten. Ich sage es einfach, wie es ist... Mittwoch bis Samstag 12:30 Uhr ist wirklich gefährlich."

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Jürgen Klopp und die Elfmeter-Bias für ManUnited

Liverpool musste nach der 0:1-Niederlage gegen Southampton im St. Mary's Stadion einen herben Rückschlag im Kampf um den Titel in der Spielzeit 2020/21 hinnehmen. Denn der ehemalige Stürmer der Reds, Danny Ings, hatte bereits nach zwei Minuten den entscheidenden Treffer erzielt.

Klopp war jedoch der Meinung, dass Liverpool für ein vermeintliches Foul an Mané einen Elfmeter hätte bekommen müssen, und machte seinem Frust Luft, indem er dem Erzrivalen Manchester United einen Seitenhieb versetzte: "Ich habe gehört, dass Manchester United in zwei Jahren mehr Elfmeter bekommen hat als ich in fünfeinhalb Jahren. Ich habe keine Ahnung, ob das meine Schuld ist, oder wie das passieren kann."

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Jürgen Klopp über das Coronavirus

Liverpool holte 2021/22 unter Klopp zum ersten Mal den Ligapokal, musste aber nach einem 0:0 im Viertelfinal-Hinspiel gegen Arsenal ein zweites Mal ran. Das Spiel wurde um acht Tage auf den 14. Januar verschoben, nachdem der ursprüngliche Termin wegen einer Reihe von Covid-19-Fällen im Liverpooler Lager verschoben worden war - am Ende waren es 40 falsch positive Befunde.

Arsenal kämpfte mit zehn Mann um ein Unentschieden, nachdem Granit Xhaka in der 24. Minute die Rote Karte bekommen hatte. Liverpool gelang trotz numerischer Überlegenheit nur ein einziger Torschuss.

Trent Alexander-Arnold war der einzige Spieler der Reds, der nach seiner Viruserkrankung gegen Arsenal zum Einsatz kam, doch Klopp deutete an, dass sich die gesamte Mannschaft, auch ohne Symptome, nicht gut erholt hat: "Es ist seltsam, auch ohne Symptome geht es ihnen nicht so wie zuvor", sagte er nach dem Spiel zu Sky Sports. "Ich glaube nicht, dass es dafür eine Erklärung gibt, aber auch das müssen wir in Betracht ziehen."

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Klopp: "Dehnen die Regeln aus"

Liverpools Chancen auf den Gewinn des Premier-League-Titels in der Saison 2022/23 wurden im Januar zunichte gemacht, als man nach einer 1:3-Niederlage in Brentford 15 Punkte Rückstand auf Tabellenführer Arsenal hatte - trotz eines mehr absolvierten Spiels.

Klopp warf Brentford eine hinterhältige Taktik vor, um den Sieg zu erringen: "Natürlich bin ich nicht 100-prozentig zufrieden. Ich muss mir das nochmal ansehen, denn die beiden Ecken, bei denen sie ein Tor geschossen haben, eine davon war Abseits oder was auch immer, und bei der anderen haben wir uns natürlich nicht perfekt verhalten", erklärte der Ex-BVB-Coach bei Sky Sports. "Aber sie dehnen die Regeln aus, sie schubsen, halten und alles. Das ist offensichtlich, das macht es wirklich schwierig und wir hätten es besser machen können."

 

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