Mark Schober im Interview: "Diese Ausgangslage hätte ich sofort unterschrieben"

Mark Schober (r.) ist der Vorstandsvorsitzende des DHB.
© imago

Vor dem letzten WM-Vorrundenspiel der deutschen Mannschaft gegen Serbien (18 Uhr im LIVETICKER) hat SPOX in Berlin Mark Schober getroffen. Der Vorstandsvorsitzende des DHB, der für Dinge außerhalb des Sportlichen zuständig ist, sprach im Interview über den bisherigen WM-Verlauf und den Umgang mit alten Helden.

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Zudem verriet der 46-Jährige, was der Deutsche Handballbund dafür tut, um für die Zukunft gerüstet zu sein.

SPOX: Herr Schober, als wir uns das letzte Mal unmittelbar vor dem Eröffnungsspiel gegen Korea in der Halle getroffen haben, waren Sie ziemlich nervös. Warum eigentlich?

Mark Schober: Ich war tatsächlich nervös, weil ich mich gefragt habe, wie die Mannschaft wohl abschneiden wird. Noch nervöser war ich allerdings, weil die Weltmeisterschaft eine enorme Veranstaltung ist. Ich habe großen Respekt vor den organisatorischen Mängeln, die bei so einem Turnier entstehen können. Sei es der Einlass, die Sicherheit - wir hatten ja, was im Handball in dieser Form nicht so oft vorkommt, auch sehr viele Gäste aus der Politik. Mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt.

SPOX: Und die Mannschaft spielt auch gut. Wenn alles normal läuft, geht das DHB-Team mit drei Punkten in die Hauptrunde. Hätten Sie diese Ausgangslage vor dem Turnier sofort unterschrieben?

Schober: Ja, das hätte ich. Wenn mir jemand gesagt hätte, dass wir gegen Frankreich ein Unentschieden holen, hätte ich das auch sofort unterschrieben. Die letzten Tage waren mit emotionalen Schwankungen versehen - für Spieler, Fans und Funktionäre. Das Russland-Spiel war vom Gefühl her ein Dämpfer, ich bin sehr froh, dass jetzt wieder das genau gegenteilige Gefühl da ist.

SPOX: Wie haben Sie gegen die Franzosen die Atmosphäre in der Mercedes-Benz Arena erlebt?

Schober: Es war sensationell, ein ganz besonderes Erlebnis. Wenn wir in Unterzahl spielen mussten, haben sich die Zuschauer erhoben und damit signalisiert, dass sie der siebte Mann sind. Man kann sich nur bedanken. Was mir übrigens besonders gut gefällt, ist, dass sich das Publikum trotz aller Unterstützung für die eigene Mannschaft auch den Gegnern gegenüber sehr fair verhält.

SPOX: Beispielsweise wurden die Koreaner bisher bei jedem Spiel gefeiert, was denen ganz offensichtlich riesigen Spaß bereitet. Welches Feedback bekommen Sie generell von den ausländischen Teams, die in Berlin oder München dabei sind?

Schober: Wir bekommen sehr viel Lob für die Organisation, unsere Gäste sind äußerst dankbar. Das freut uns, weil wir vom ersten Moment an gute Gastgeber sein wollten. Gerade die Koreaner sind in der Tat sehr glücklich, sie sind in Berlin die Publikumslieblinge. Das koreanische Team ist bereits am 20. Dezember hier angekommen, wir haben für sie ein zweiwöchiges Trainingslager organisiert.

Handball-WM: Schober über den Zuschauerzuspruch

SPOX: Generell läuft die WM bislang super, die Hallen in Berlin und München sind voll.

Schober: Ich bin selbst davon fasziniert, dass wir im ersten Spiel um 15.30 Uhr an einem Dienstag schon zwischen 8.000 und 9.000 Zuschauer in der Halle hatten. Das ist Wahnsinn. Was ich nicht erwartet hätte, ist, dass viele Leute tatsächlich über alle drei Spiele hinweg in der Halle bleiben. Und in München, wo ich am Freitag war, ist die Begeisterung genauso sensationell. Mittwoch war der erste Tag, an dem wir noch 500 Karten an der Abendkasse zu vergeben hatten.

SPOX: In anderen Ländern herrscht zumindest bei einigen Partien bei WM oder EM gähnende Leere. Warum ist das in Deutschland schon zum zweiten Mal nach 2007 anders?

Schober: Natürlich haben wir das Glück, dass Handball in Deutschland eine lange Tradition hat. Aber es gibt im Prinzip daneben noch drei Gründe, die dazu führen, dass so ein Turnier ein Erfolg wird.

SPOX: Welche?

Schober: Zunächst muss die Mannschaft sportlich erfolgreich sein, das ist entscheidend. Davon sind wir extrem abhängig. Trotzdem ist es unser Job, ein Turnier zumindest etwas weniger vom Erfolg des DHB-Teams abhängig zu machen. Eine dieser Rahmenbedingungen ist der Fernsehvertrag mit ARD und ZDF. Dass die deutschen Spiele im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen sind, ist ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor. Wir saßen dabei zwar nicht mit am Verhandlungstisch und können deshalb nur sehr bedingt Lorbeeren dafür einstreichen, aber wir haben alles getan, was wir tun konnten. Und dann haben wir für Handballverhältnisse eine starke Kommunikation hinbekommen. Kurz nach Weihnachten wussten 27 Prozent der deutschen Bevölkerung, das sind um die 20 Millionen, dass in Deutschland eine Handball-WM stattfindet. Das ist ein toller Wert. Wir haben 1,5 Millionen Euro in Werbung investiert, dazu kommt das, was unsere Partnerstädte investiert haben, ohne die das alles gar nicht möglich gewesen wäre.

Schober: DHB will Ex-Nationalspieler besser einbinden

SPOX: Auch die WM-Botschafter wie Stefan Kretzschmar, Heiner Brand, Pascal Hens, Henning Fritz oder Dominik Klein haben sich unheimlich ins Zeug gelegt, oder?

Schober: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Unsere Botschafter haben sich brutal reingehauen, mit Herzblut und Offenheit. Da kann man sich nur herzlichst bedanken. Es war ja mit manchen Personen davor nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Aber alle Seiten haben sich im Sinne der Sache zusammengetan. Wir haben uns dadurch auch noch einmal viel besser kennengelernt. Ich bin guter Dinge, dass wir diese Verbindungen noch weiterentwickeln können. Diese Personen sind ja nicht nur Botschafter für die WM, sie sind Botschafter des Handballs. Wir müssen den guten Draht zu diesen Persönlichkeiten, die von den Zuschauern gehört werden wollen, pflegen.

SPOX: Gibt es in dieser Hinsicht schon konkrete Gedanken?

Schober: Das nicht, aber wir werden uns damit beschäftigen. Kurz vor der WM haben wir beispielsweise die Idee "Club 100" entwickelt. Da sind Spielerinnen und Spieler, die mehr als 100 Mal für die Nationalmannschaft aufgelaufen sind, vertreten. Diese Personen haben wir zur WM eingeladen und die wollen wir in Zukunft auch mindestens einmal im Jahr zu Länderspielen einladen. Einfach um Verbindungen zu schaffen oder aufrechtzuerhalten und um unsere Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Die Einbindung Ehemaliger ist für uns ein Thema, das wir mit Nachdruck verfolgen. In diesem Punkt hätten wir in der Vergangenheit besser sein können.

Schober über DHB-Maßnahmen für die Zukunft

SPOX: Der DHB geht von einem Gewinn bei dieser WM in siebenstelliger Höhe aus. Wie setzt sich dieses Plus zusammen?

Schober: Der Großteil kommt aus Ticketverkäufen, der Rest sind Sponsoring-Erlöse. Die Gelder, die eingenommen werden, müssen, dürfen und wollen wir satzungsgemäß verwenden. Wir werden sie beispielsweise in sportlichen Erfolg, die weitere Professionalisierung beim DHB oder das Thema Mitgliederentwicklung investieren. Das ist schön, wenn man diesen Gewinn allerdings über mehrere Jahre verteilt - wir haben ja nicht jedes Jahr ein Turnier im eigenen Land -, dann relativiert sich diese Summe wieder.

SPOX: In den Jahren nach der WM 2007 gab es Kritik, der deutsche Handball hätte zu wenig aus dem Wintermärchen herausgeholt. Was kann man denn machen, um die Wirkung eines Heim-Turniers längerfristig aufrecht zu erhalten?

Schober: Nachhaltig heißt für mich strategisch arbeiten. Das machen wir aber nicht erst, seitdem wir wissen, dass wir die Weltmeisterschaft haben. Seit wir uns vor ungefähr fünf Jahren beim DHB strukturell neu aufgestellt haben, arbeiten wir strategisch. Wir setzen uns Ziele und messbare Unterziele, die in einem bestimmten Zeitraum zu erfüllen sind.

SPOX: Das heißt konkret?

Schober: Wir beschäftigen uns beispielsweise mit Themen wie Betreuung von Sponsoren, haben deutlich mehr Personal in der Kommunikationsabteilung und sind in der Mitgliederentwicklung besser aufgestellt. Zu Beginn der WM haben wir beispielsweise mehrere Seminare zum Thema Engagement-Förderung veranstaltet. Also wie schaffen es Vereine, Ehrenamtliche zu gewinnen. Wir beschäftigen uns außerdem intensiv mit dem Thema Trainerausbildung. Je mehr Trainer ich ausbilde, desto mehr kann ich einen Boom nutzen. Präsident Andreas Michelmann hat sich zudem politisch hier in Berlin mit dem Thema Infrastruktur beschäftigt. Wir wollen Themen wie die Tatsache, dass wir in Deutschland zu wenige Sporthallen haben, in der Politik platzieren. Und so weiter.

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