"Es geht um Existenzen"

Von Interview: Andreas Dieterle
Markus Kauczinski im Mai 2013 nach dem Aufstieg in die 2.Liga
© getty

Für den Karlsruher SC waren die letzten Jahre eine Achterbahnfahrt, doch Markus Kauczinski hat sich über 13 Jahre konstant beim Verein aus Baden gehalten und sich nach oben gearbeitet. Im Interview spricht der Trainer des KSC über die Stärken seiner Mannschaft, den Rückhalt der Verantwortlichen und seine Zeit als Interims- und Jugendtrainer.

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SPOX: Herr Kauczinski, der KSC ist gut in die Saison gestartet, gegen Kaiserslautern, Leipzig und Ingolstadt gab es aber drei Niederlagen in Folge. Nach der Pleite in Kaiserslautern kündigten Sie Veränderungen an. Wie mussten diese aussehen?

Kauczinski: Es waren die kleinen Sachen, die uns auch stark gemacht haben. Wir sind ein gut eingespieltes Team, das von seinen Automatismen lebt: Dem gemeinsamen Angreifen, dem gemeinsamen Verteidigen. Da hatten wir in den den Niederlagen zu viele Nachlässigkeiten.

SPOX: Bei den Gegnern handelte es sich allerdings um drei Aufstiegsaspiranten. Spielte die Stärke der Gegner auch eine Rolle?

Kauczinski: Nein, zumindest nicht ausschließlich. Natürlich ist es gegen Mannschaften, die individuell stärker sind, noch einmal etwas anderes. Wir haben es aber auch schon umgekehrt bewiesen. Gegen Düsseldorf haben wir gewonnen, gegen Bochum haben wir Unentschieden gespielt - hatten aber auch da das Gefühl, gewinnen zu können. An den Tagen lag es an uns.

SPOX: In der letzten Saison wurden sie starker Fünfter. Was fehlt momentan für die Aufstiegsplätze?

Kauczinski: Uns fehlt die Konstanz. Wenn wir unseren besten Fußball spielen, dann sind wir in der Lage, jeden zu schlagen. Das haben wir bewiesen. Wir haben aber noch nicht bewiesen, dass wir das konstant können. Wir brauchen im Spiel die Konsequenz in beide Richtungen. Konsequentes Verteidigen hinten und konsequente Chancenverwertung vorne. Die letzte Bissigkeit und die letzte Giftigkeit fehlen uns noch.

SPOX: Eine große Stärke Ihres Teams ist das Umschaltspiel. Wie setzt die Mannschaft das am besten um?

Kauczinski: Wir müssen kompakt agieren. Das sind zwar im ersten Moment Schlagwörter, die alle benutzen, aber da stecken viele kleine Details dahinter. Individuelles Anlaufen, Zweikampfverhalten, Bälle fordern, Wege in die tiefen Räume gehen, Nachschieben bei Ballgewinn. Dahinter verstecken sich nochmal sieben, acht, neun Unterbegriffe. Das müssen wir analysieren und vor allen Dingen in Übungsformen trainieren. Es dürfen nicht nur Schlagwörter bleiben, sondern diese sollen zum Verhalten auf dem Platz werden und die Trainer müssen dabei unnachgiebig bleiben.

SPOX: Wie impfen Sie das Ihrem Team ein? Nehmen sie uns doch einmal mit in eine Woche der 2. Liga.

Kauczinski: Einen Tag nach dem Spiel steht die Erholung an, zusätzlich die erste, oberflächliche Einschätzung des Spiels. Am zweiten Tag ist dann frei, außer wir haben eine englische Woche. Am dritten Tag kommt dann der Ball ins Spiel, wir machen allgemeines Training, um wieder reinzukommen und um uns wieder zu aktivieren. Dann folgen Zweikampfeinheiten, die Physis wird angezogen. Und dann die letzten zwei bis drei Tage vor dem Spiel folgt die Ausrichtung auf den Gegner mit taktischen Überlegungen: Was zeichnet den Gegner aus? Was sind die Schwächen? Wie müssen wir angreifen? In verschiedenen Spielformen oder in gestellten Situationen werden diese Dinge dann umgesetzt.

SPOX: Sie sind schon seit 2001 beim KSC, haben die A- und B-Jugend trainiert und waren mehrmals Interimstrainier. Wie stark ist ihre emotionale Bindung zum Klub?

Kauczinski: Es ist natürlich eine hohe Bindung da. Während meiner Anfangszeit war das ein Kommen und Gehen an Managern, Präsidenten und Cheftrainern. Da haben wir einiges erlebt in fast 14 Jahren. Der Verein hat immer ein wechselndes Gesicht gehabt, für mich war es aber irgendwie konstant. Mein Sohn war zweieinhalb Jahre alt, als wir aus Gelsenkirchen gekommen sind. Für ihn ist das hier die Heimat. Die Verwurzelung mit dem Verein und der Stadt Karlsruhe ist schon tief. Das ist etwas Besonderes.

SPOX: Ist es ein komisches Gefühl als Interimstrainer aktiv zu sein, wenn man quasi nur eine Übergangslösung ist?

Kauczinski: Überhaupt nicht! Das war eine geile Erfahrung und ein großes Abenteuer. Klar fällt es einem schwer loszulassen, wenn man kommt, etwas verändert und damit auch noch erfolgreich ist. Es ist ein tolles Gefühl, in einer Krisensituation zu kommen, das zu meistern und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Seite 1: Kauczinski über die Stärke seiner Mannschaft und den Job als Interimstrainer

Seite 2: Kauczinski über die Beförderung zum Chefcoach und Fan-Ausschreitungen