"Jetzt bin ich wieder BVB-Fan"

Von Interview: Florian Schimak
Chris Löwe wechselte im Januar 2013 von Borussia Dortmund zum 1. FC Kaiserslautern
© getty

Aus dem Nichts wechselte Chris Löwe vor zwei Jahren aus der 4. Liga zu Borussia Dortmund und wurde sofort Deutscher Meister. Nun spielt der Linksverteidiger für den 1. FC Kaiserslautern in der 2. Liga. Im Interview spricht der 24-Jährige über sein früheres Leben im Internat, die Zeit beim BVB und seine besondere Verbindung zu Marcel Schmelzer.

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SPOX: Herr Löwe, Sie starteten Ihre Karriere beim Chemnitzer FC: Mit 13 ins Internat, dann A-Jugend-Meister, mit 18 die ersten Einsätze bei den Profis. Wie war das Leben im CFC-Internat?

Chris Löwe: Es war natürlich zunächst nicht einfach, so früh von zu Hause weg und auf sich alleine gestellt zu sein. Es war ein typisches Internatsleben: Früh aufstehen, in die Schule gehen, nach der Schule dann ins Training. Zwei Mal in der Woche hatten wir noch einen besonderen Sport-Kurs, in dem man etwas anderes machte, als Fußball zu spielen. Wenn wir samstags ein Spiel hatten, fuhr ich meistens am Abend noch nach Hause zu meinen Eltern und ging am Sonntag wieder ins Internat.

SPOX: Mussten Sie in dieser Zeit auf vieles verzichten?

Löwe: Natürlich, aber für mich war das kein Problem. Ich hatte immer das Ziel Profi-Fußball vor Augen. Von daher habe ich gerne auf die Partys verzichtet. Es gab aber auch Jungs aus dem Internat, die das nicht taten und feiern gingen - und die haben es letztlich nicht nach ganz oben geschafft.

SPOX: Sind Sie jetzt als Profi noch oft in Ihrer Heimat?

Löwe: Mit einigen Jungs, die nun in der ersten Mannschaft des CFC kicken, habe ich schon in der Jugend zusammengespielt, mit dem einen oder anderen habe ich daher noch ab und an Kontakt. Natürlich verfolge ich auch noch den Chemnitzer FC im Internet oder in der Sportschau, zu den Spielen komme ich leider selbst nicht mehr ins Stadion. Dazu fehlt mir dann doch die Zeit.

SPOX: Sie wechselten aus der 4. Liga dann quasi aus dem Nichts nach Dortmund. Wie kam der Kontakt mit dem BVB überhaupt zustande?

Löwe: Der erste Kontakt kam über meinen Berater zustande, der mir sagte, dass der BVB Interesse an mir geäußert hatte und ich nun beobachtet werde. Irgendwann bin ich dann nach Dortmund gereist und habe mich zu einem Gespräch mit Jürgen Klopp und Michael Zorc getroffen. Das ging eine gute Stunde und war ein sehr angenehmes Gespräch.

SPOX: Worum ging's?

Löwe: Ich wurde gefragt, ob ich mir den Schritt von der 4. in die 1. Liga zutrauen würde. Ich sollte mir das alles einmal durch den Kopf gehen lassen. Auch beim BVB wollte man sich über meine Personalie noch einmal beraten. Knapp sechs Wochen später hat sich die Borussia dann gemeldet und das OK gegeben. Darüber habe ich mich natürlich wahnsinnig gefreut, weil es schon etwas Besonderes war.

SPOX: Beim BVB starteten Sie ordentlich und feierten gleich nach Ihrem Wechsel Ihr Bundesligadebüt.

Löwe: Die ersten zwei, drei oder vier Wochen hat man mir schon angemerkt, dass der Schritt für mich ziemlich groß war. Das war einfach ein ganz anderes Spiel, alles ging viel schneller, man hatte kaum Platz und es war aggressiver. Aber ich glaube, dass ich mich nach den ersten Wochen doch einigermaßen schnell daran gewöhnt hatte. Und dann wurde ich halt einfach ins kalte Wasser geworfen.

SPOX: Waren Sie aufgeregt?

Löwe: Ich habe mir keine großen Gedanken gemacht und einfach nur Fußball gespielt, daher lief es am Anfang auch echt ganz gut. Danach dann leider nicht mehr.

SPOX: Was war los?

Löwe: Vielleicht habe ich mir dann Gedanken über Dinge gemacht, über die man sich besser keine Gedanken machen sollte. Ich kam in der Rückrunde nicht mehr zum Einsatz, was nicht einfach für mich war. Und dann setzt eben der Kopf ein. Ein halbes Jahr zuvor wäre das womöglich gar nicht erst passiert.

SPOX: Vom Deutschen Meister zum 1. FCK in die 2. Liga - klingt nach einem Rückschritt. Abgesehen von dem Wunsch nach mehr Spielpraxis: Gab es noch mehr Gründe, warum Sie den BVB verließen?

Löwe: Nein, absolut nicht. Das war der einzige Grund. Ich wollte wieder regelmäßig spielen. Warum sollte ich auch sonst gehen? Alles in und um den Verein war eigentlich perfekt. Mir fiel der Abschied auch nicht leicht. Aber der Wunsch, regelmäßig Fußball zu spielen, war einfach größer.

SPOX: Wie sah das Klopp-Feedback in der Zeit aus, in der Sie nicht zum Einsatz kamen?

Löwe: In der Zeit war es für den Trainer schwierig, mit einem Spieler zu reden. Der BVB hatte englische Wochen am laufenden Band, da findet man als Trainer wenige Möglichkeiten. Als die Anfrage vom FCK kam, haben wir uns allerdings zusammengesetzt und die Sache erörtert - und Klopp gab mir ein positives Feedback. Ich hätte mich in den eineinhalb Jahren gut entwickelt und hätte die Chance, bei sechs oder sieben Bundesligisten mit Sicherheit zu spielen. Wir sind im Guten auseinander gegangen.

SPOX: Hatten Sie auch Angebote von Bundesligisten?

Löwe: Damals nicht, aber hätte ich ein halbes Jahr gewartet, wäre mit Sicherheit der eine oder andere Bundesligist auf mich zugekommen. Das war mir aber zu spät, zumal Kaiserslautern ja jetzt auch nicht die schlechteste Adresse ist (lacht).

SPOX: Haben Sie noch Kontakt mit einigen BVB-Jungs?

Löwe: Ja, ich war beispielsweise auf der Hochzeit von Marcel Schmelzer. Mit ihm habe ich noch regelmäßig Kontakt. Auch mit ein, zwei anderen, aber leider nicht mehr so intensiv. Das meiste verläuft sich durch den ganzen Stress und die vielen Spiele einfach.

SPOX: Mit welchen Gefühlen haben Sie im Mai nach Wembley geschaut?

Löwe: Zunächst einmal: Ich bereue den Schritt nach Kaiserslautern nicht, weil ich beim BVB einfach so viel erleben durfte. Ich wurde Deutscher Meister, durfte in einer Riesentruppe kicken. Aber ich habe mich schon geärgert, allerdings nur, weil der BVB das Spiel verloren hat. Inzwischen bin ich ja wieder BVB-Fan und kein Spieler mehr (lacht).

SPOX: Wie lebt es sich für Sie jetzt im beschaulichen Kaiserslautern?

Löwe: Hier geht es etwas familiärer zu, das stimmt schon. Ich habe mich sehr gut eingelebt und fühle mich in dem Verein sehr wohl. Auch durch die Ruhe hier kann man seine ganze Energie auf das Ziel richten, das wir im letzten Jahr verpasst haben. Ich wollte letztes Jahr schon aufsteigen und in diesem Jahr erst recht.

SPOX: Ihr Mitspieler Mohamadou Idrissou warf in der Endphase der Vorsaison einigen im Team vor, "keine Eier" zu haben. Was war da dran und wie kam das an?

Löwe: Ach, das Thema hatten wir in der Kabine zwei, drei Tage und dann hatte sich alles auch relativ schnell wieder erledigt. Solche Aussagen fallen nun mal im Fußball, da sind eben Emotionen dabei. Es wäre vielleicht besser gewesen, das intern zu klären, aber jetzt denkt da überhaupt niemand mehr dran.

SPOX: Gute Außenverteidiger sind im Spitzenfußball rar. Wer ist Ihr Vorbild?

Löwe: Vorbild ist jetzt vielleicht zu viel gesagt, aber von Marcel Schmelzer konnte ich mir am meisten abschauen. Er imponiert mir mit seinem Spiel, damit kann ich mich identifizieren. Meiner Meinung nach ist er einer der besten Linksverteidiger der Welt.