WM

WM-Gastgeber zu grün für den Dreier

Von Thomas Gaber / Fatih Demireli
Mit Giovani dos Santos hatte Südafrika große Probleme
© Getty

Gastgeber Südafrika hat im Eröffnungsspiel der WM 2010 die große Überraschung verpasst. Gegen Mexiko musste sich Bafana Bafana mit einem 1:1 (1:0) zufrieden geben. Siphiwe Tshabalala brachte Südafrika in Führung, Barcelona-Legionär Rafael Marquez glich für Mexiko aus (79.).

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84.490 Zuschauer im ausverkauften Soccer-Stadium in Johannesburg sahen lange Zeit eine überlegene mexikanische Mannschaft. Südafrika holte aber mit Leidenschaft einen verdienten Punkt.

So diskutierten die mySPOX-User während des Spiels

Nachbetrachtung:

Dass Südafrika Fußball spielen kann, hat der Gastgeber in der zweiten Halbzeit gezeigt. Die Nervosität dürfte der Bafana Bafana im zweiten Spiel gegen Uruguay keinen Streich mehr spielen. Der erste Punkt ist eingefahren, das Turnier beileibe noch nicht vorbei für Südafrika.

Blog: Taktik-Analyse - Die Sechserkette vor dem Strafraum

Probleme hat Parreiras Mannschaft, wenn sie das Spiel gegen einen tief stehenden Gegner machen muss. Bekommt Südafrika Platz zum Kontern, sieht das vernünftig aus. Dann setzt Pienaar die pfeilschnellen Modise und Tshabalala mit klugen Pässen ein.

Mexiko hat zwei Gesichter gezeigt. Technisch feinen, zielstrebigen Fußball in der ersten Halbzeit, müdes Gekicke ohne Ideen nach der Pause. Will El Tri bei dieser WM weit kommen, sind hängende Köpfe nach einem Rückstand absolut unbrauchbar. Es kann nicht sein, dass ein 21-Jähriger (Dos Santos) die ganze Verantwortung übernehmen muss.

Ein Problem hat Mexiko im Tor. Oscar Perez wirkte überfordert. Nicht ausgeschlossen, dass Perez im zweiten Spiel gegen Frankreich vom eigentlichen Torwartstar Guillermo Ochoa vertreten wird.

Reaktionen:

Siphiwe Tshbalala: "Wir haben in diesem Spiel gut aufgetankt, uns Selbstbewusstsein für das weitere Turnier geholt. Jetzt denken wir nur an unser nächstes Spiel."

Steven Pienaar: "Es ist ein guter Punkt für uns. Zwar sind wir etwas enttäuscht, dass wir die Führung nicht halten konnten, aber wir können über das Unentschieden auch froh sein."

Javier Aguirre: "Wir haben eine gute erste Halbzeit gespielt, aber gute Chancen ausgelassen. Nach dem Rückstand war es für uns schwierig, wieder ins Spiel zurückzufinden. Wir haben gute Chancen ausgelassen. Die Südafrikaner haben mich nicht überrascht, auch wenn sie in der Weltrangliste weit hinter uns liegen. Ich war nur überrascht, dass wir nicht mit einem Vorsprung zur Halbzeit in die Kabine gegangen sind."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Der Gastgeber startet in der erwarteten Elf im 4-4-2-System. Pienaar spielt im Angriff leicht versetzt hinter Mphela.

Mexiko-Coach Aguirre verzichtet auf Jungstar Javier Hernandez. Den Dreiersturm bilden dos Santos, Franco und Vela. Barca-Star Marquez spielt - wie immer in der Nationalmannschaft - im Mittelfeld.

19.: Dos Santos ist auf und davon! Schneller Angriff über das Zentrum. Die Südafrikaner lassen ihm zu viel Platz, aber der Schuss aus 22 Metern aus zentraler Position mit links segelt knapp links am Tor vorbei.

38.: Der Ball zappelt im Netz, aber kein Tor! Nach Ecke von Torrado verlängert Franco an den zweiten Pfosten auf Vela. Der drückt den Ball über die Linie. Keeper Khune fliegt ins Leere, doch mit Mokoena steht nur ein Spieler näher zum Tor als Torschütze Vela. Es müssen mindestens zwei Spieler sein. Deswegen absolut richtige Entscheidung.

55., 1:0, Tshabalala: Das erste Turnier-Tor ist gefallen! Und was für eins! Nach Zuckerpass von Modise ist Tshabalala links durch. Osorio steht zu weit weg. Harter Linksschuss kurz nach der Strafraumgrenze ins lange Eck. Keine Chance für Perez! Tolles Tor!

70.: Modise ist nach einem Pienaar-Pass durch. Wieder ist Rodriguez zu spät. Aber Perez ist rechtzeitig aus seinem Kasten geeilt und rettet in höchster Not!

79., 1:1, Marquez: Wie aus dem Nichts der Ausgleich! Guardado darf links in aller Ruhe flanken. Südafrika spielt auf Abseits, doch Mokoena schläft. Marquez legt sich den Ball zurecht, schießt von rechts ins kurze Eck.

90.: Fast das 2:1 für Südafrika! Mphela ist links schneller als Osorio und geht in den Strafraum. Schuss ins kurze Eck, Pfosten! Perez steht da wie angewurzelt.

Fazit: Gerechtes Remis in einem kurzweiligen Eröffnungsspiel. Mexiko war besser, dann schludrig und am Ende glücklich. Südafrika kann stolz sein auf seine Bafana Bafana.

Der Star des Spiels: Giovani dos Santos: Dreh- und Angelpunkt bei Mexiko. Und das mit 21 Jahren in einem WM-Eröffnungsspiel. Leichtfüßig, spielintelligent, technisch stark und torgefährlich. Dos Santos verstand sich im Mittelfeld blind mit Torrado. Ein starker Auftritt, der Hoffnung auf mehr macht.

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Die Gurke des Spiels: Lucas Thwala. Südafrikas Linksverteidiger sah nur die Hacken von Aguilar. Thwala rückte viel zu oft nach innen, dadurch war seine rechte Seite verwaist. Mexiko nutzte den Freiraum, Aguilar wurde immer wieder gut in Szene gesetzt. Nach 45 Minuten war Schluss für Thwala. Seine Einsatzchancen im zweiten Spiel gegen Uruguay sind auf ein Minimum gesunken.

Die Pfeife des Spiels: Rawschan Irmatow aus Usbekistan. Der zweitjüngste Schiedsrichter (32 Jahre) behielt jederzeit den Überblick. Der Referee des Jahres in Asien fiel nicht durch übertriebene Gesten auf und lag bei der Beurteilung der Zweikämpfe meist richtig. Ab und zu etwas zu kleinlich. Bei Velas Tor auf Abseits zu entscheiden (38.), war absolut korrekt.

Analyse: Die Nervosität der Gastgeber zu Beginn ihres Spiels des Lebens war deutlich spürbar. Südafrika stand viel zu weit weg und lief hinterher. Mexiko spielte im sehr offensiven 3-4-3, das sehr variabel eingesetzt wurde. Bei eigenem Ballbesitz rückten die äußeren Mittelfeldspieler auf die Stürmerlinie, wodurch Mexiko praktisch mit fünf Stürmern angriff.

War Südafrika am Ball, rückte Aguilar nach hinten. Dann bildete Mexiko ein Fünfer-Mittelfeld. Mexiko griff sehr früh an, selbst bei Ballbesitz Südafrika hielten sich meistens sechs Mexikaner in der gegnerischen Hälfte auf. Torrado war der Häuptling des Pressings. Er ging mit Dampf auf den Ball führenden Spieler - das Zeichen zum Angriff für seine Mitspieler.

Mexiko machte viel richtig, doch das Toreschießen haben die Mittelamerikaner nicht erfunden. Franco, dos Santos und Vela vergaben beste Möglichkeiten.

Nach der Pause schnürte Südafrika ein engmaschiges Netz und wagte sich hin und wieder über die Mittellinie. Tshabalalas Traumtor stellte den Spielverlauf dennoch auf den Kopf. Von diesem Schock konnte sich Mexiko nicht erholen. Erschreckend, wie El Tri in der zweiten Halbzeit abbaute. Mexiko verlor völlig den Faden und wirkte wie gelähmt. Erst mit der Einwechslung von Blanco bekam das Spiel der Mexikaner wieder Struktur.

Südafrika sicherte sich mit Leidenschaft, ein paar hübschen Ballstafetten immerhin einen Punkt. Die Gastgeber müssen sich aber vorwerfen lassen, die zahlreichen guten Chancen in der zweiten Halbzeit nicht genutzt zu haben.

Bislang hatte es zwei afrikanische Siege bei WM-Eröffnungsspielen gegeben. 1990 schlug Kamerun Argentinien, 2002 besiegte Senegal die Franzosen.

Südafrika - Mexiko: Daten zum Spiel