Donezk siegt im Krimi gegen Bremen

Von Für SPOX in Istanbul: Daniel Börlein
Naldo packt den Hammer aus und erzielt aus 30 Metern den 1:1-Ausgleichstreffer
© Getty

Schachtjor Donezk ist UEFA-Cup-Sieger 2009! Die Ukrainer bezwangen Werder Bremen im nicht restlos ausverkauften Istanbuler Sükrü-Saracoglu-Stadion mit 2:1 (1:1) nach Verlängerung.
 

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Im 38. und letzten UEFA-Cup-Finale brachte Luiz Adriano die Elf von Trainer Mircea Lucescu in Führung (25.). Nur zehn Minuten später besorgte Naldo per Freistoß den Ausgleich für Werder. Den eher harmlosen Schuss des Brasilianers ließ Keeper Andrej Pyatow durch die Finger rutschen.

In der Verlängerung erzielte dann der Brasilianer Jadson den Siegtreffer für die Ukrainer, für die es der erste Triumph auf internationaler Ebene war.

In anderthalb Wochen hat Werder im DFB-Pokal-Endspiel gegen Bayer Leverkusen eine weitere Titelchance.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Auf der Sechs neben Baumann beginnt Niemeyer. Im Sturm spielt Rosenberg für den gesperrten Almeida. Schachtjor-Coach zieht überraschend Fernandinho ins defensive Mittelfeld und lässt Willian auf Linksaußen ran.

5.: Luiz Adriano wird schön an der Strafraumgrenze in Szene gesetzt, Prödl ist nicht nah genug dran, sodass der Brasilianer ungestört abziehen kann. Der Ball geht jedoch flach links am Tor vorbei.

24., 1:0, Luiz Adriano: Der Brasilianer wird an der Strafraumgrenze in den Lauf gespielt, dieser dreht sich und hängt Naldo und Prödl im Strafraum ab. Wiese verlässt seinen Kasten, aber kommt zu spät. Der Brasilianer lupft aus 14 Metern elegant über Werders Torhüter ins Tor.

35., 1:1, Naldo: Freistoß aus 30 Metern. Naldo packt die Wumme aus. Guter Strich, aber voll auf den Keeper. Doch was macht Pyatov da? Der greift voll daneben, aus seinen Fäusten spritzt der Ball ins rechte Eck. Unfassbarer Torwartfehler. Aber was soll's!?

40.: Fritz setzt sich endlich auf rechts durch und flankt. Pyatov segelt völlig orientierungslos durch den Fünfer. Pizarro ist da, köpft aber aus sechs Metern in Bedrängnis links daneben.

41: Lewandowski-Hammer aus 25 Metern. Wiese taucht ins bedrohte linke Eck und holt das Ding noch raus!

51.: Freistoß Jadson von der linken Strafraumkante, ca. 20 Meter Torentfernung. Schön über die Mauer gedreht, aber Wiese ist da und boxt den Ball aus dem Eck.

59.: Starker Antritt von Özil auf rechts. Rückpass. Rosenberg dreht sich um Kucher, wird aber aus acht Metern noch abgeblockt.

78.: Freistoß Özil aus dem Halbfeld. Pizarro ist am Elfer mit dem Hinterkopf dran. Der Ball fliegt gefährlich aufs Tor, aber Pyatov ist schnell unten und rettet stark.

93.: Srna haut das Leder aus 30 Metern aus halbrechter Position Richtung Wiese. Wiese holt den Flatterball aus dem Eck.

97., 2:1, Jadson: Srna marschiert mal wieder über rechts. Schöner Rückpass. Jadson ist völlig frei und schließt aus 14 Metern ab. Wiese ist dran, der Ball kullert ihm aber unter der Hand ins Tor.

98.: Riesen-Chance! Zwei Ukrainer behindern Keeper Pyatov. Pizarro knallt den Abpraller aus spitzem Winkel aufs Tor. Aber Pyatov ist rechtzeitig wieder da und rettet auf der Linie.

111.: Tziolis zieht aus 24 Metern einfach mal ab. Der Ball streicht hauchdünn am rechten Pfosten vorbei.

119.: Langer Ball in den Strafraum. Prödl gewinnt den Kopfball. Pizarro mit Chigrinskiy. Pizza schiebt ein bisschen, der Ukrainer kommt ins Straucheln. Der Ball hüpft einfach so ins Tor, aber Schiri Cantalejo erkennt auf Stürmerfoul. Muss man nicht zwingend geben...

So lief das Spiel: Ganz gemächlicher Beginn. Werder hatte große Mühe, ins Spiel zu kommen. Ließ sich das überschaubare Tempo der Ukrainer aufzwängen. Zunächst kamen die Bremer überhaupt nicht in die Zweikämpfe. Erst nach einer Viertelstunde konnte die Schaaf-Elf die Partie ausgeglichen gestalten.

Als Werder besser wurde, fiel die Führung für Schachtjor. Zehn Minuten brauchten die Norddeutschen, um den Schock zu verdauen. Dann brachte ein dicker Patzer von Keeper Pyatow den Ausgleich. Bis zur Pause hatte die Partie dann ihre unterhaltsamste Phase.

Nach dem Wechsel übernahmen die Ukrainer schnell das Kommando und hatten deutlich mehr vom Spiel. Werder nur vereinzelt, meist nach Standards, gefährlich. Im Laufe der Partie  änderte Schachtjor ein wenig den Schlachtplan und spielt viele lange Diagonalbälle anstatt Kleinklein.

Allerdings ergaben sich auch so kaum Torchancen für die Ukrainer. Werder hielt dagegen und rettete sich so in die Verlängerung.

Dort merkte man den Bremern deutlich an, dass die Partie viel Kraft gekostet hatte. Von Beginn an stand die Schaaf-Elf einen Tick zu tief und kassierte prompt den Siegtreffer durch Jadson. Danach warf Werder noch mal alles nach vorne und hatte durch Pizarro noch eine gute Gelegenheit. Zum Ausgleich reichte es aber nicht mehr.

Der Star des Spiels: Dario Srna war das Sinnbild für den Unterschied zwischen Bremen und Donezk. Nicht die verspielten Brasilianer, sondern der Kapitän war der Motor des ukrainischen Spiels. Srna hatte für einen Außenverteidiger unglaubliche 127 Ballkontakte, machte ständig Dampf über seine Seite, ließ Özil nie ins Spiel kommen und war auch in der Verlängerung noch fast wie taufrisch. Als Krönung darf sich Srna den Assist vor dem entscheidenden Tor durch Jadson gutschreiben. Eine sehr beeindruckende Vorstellung des Kapitäns, der ja auch mit den Bayern in Verbindung gebracht wird.

Die Gurke des Spiels: Markus Rosenberg, auch wenn sich Schachtjor-Keeper Pyatow den größten Bock des Abends leistete. Hat dem Schweden eigentlich jemand gesagt, dass es hier um einen Titel ging? Was der Almeida-Ersatz ablieferte, grenzte an Arbeitsverweigerung. Kaum in Bewegung. Pomadig bei eigenem, nicht bei der Sache bei gegnerischem Ballbesitz. Gerade wenn ein Spieler wie Diego fehlt, müssen die Stürmer die Bälle mehr fordern und vor allem dann auch behaupten. Rosenberg versagte in dieser Disziplin komplett. Bei seiner überfälligen Auswechslung nach 79 Minuten hatte er ebenso viele Fouls wie Pässe zum Mitspieler auf dem Konto: Drei Stück.

Die Lehren des Spiels: Die erste Chance auf einen Titel ist für Werder dahin, im DFB-Pokal-Finale gegen Leverkusen bietet sich immerhin noch eine zweite. Allerdings müssen die Bremer den bitteren K.o. in der Verlängerung erstmal verdauen.

Die Zauber-Bremer und Werder-Tormaschine vergangener Jahre gibt es nicht mehr - schon gar nicht ohne Diego und Almeida. Defensiv standen die Hanseaten mit der Doppelsechs zwar einigermaßen ordentlich, nach vorne fehlte allerdings die Anspielstation hinter den Spitzen.

Zumal Rosenberg als zweiter Angreifer einen inakzeptablen Auftritt hinlegte. So rückte Frings bei Ballbesitz immer wieder ins Zentrum und versuchte, Linie ins Spiel zu bringen. Allein es blieb meist beim Versuch. Özil war kaum zu sehen.

Wenn ein Künstler wie Diego fehlt und der Gegner davon zahlreiche in seinen Reihen hat, muss man zu anderen Mitteln greifen. Genau das tat Werder nach einer schwachen Anfangsviertelstunde. Kompromisslose Zweikampfführung, geschicktes Verschieben und Engagement, wie man es in einem Endspiel erwarten kann und zeigen muss.

Und wenn Frings und Baumann auch nicht mehr die Jüngsten und Spritzigsten sind, für solche Partien sind beide wie gemacht und für Bremen unverzichtbar. Am Ende fehlte der Schaaf-Elf dann allerdings die offensive Power, um die Partie noch mal umzubiegen.

Schachtjor hingegen wurde für seine offensive Ausrichtung belohnt. Zwar zündeten die hochgelobten Brasilianer kein Feuerwerk ab, waren aber letztlich in vielen Situationen einen Tick cleverer und vor allem deutlich kreativer, so dass sich am Ende die größere spielerische Klasse durchsetzte.

Donezk - Bremen: Daten und Fakten