"Spieler lassen sich heimlich operieren"

"Nichts ist unmöglich": Daniel Engelbrecht ist der lebende Beweis
© imago

Fast wäre Daniel Engelbrecht gestorben. Am 20. Juli 2013 bricht er auf dem Platz zusammen. Die Diagnose: Herzmuskelentzündung und chronische Herzrhythmusstörungen. Die Folge sind vier Operationen. Ein Jahr später feiert er sein Comeback, mit einem Defibrillator in der Brust. Jetzt will der 25-Jährige in die Bundesliga. Im Interview mit SPOX spricht Engelbrecht über seinen Wechsel nach Aachen, heimliche OPs und den Spruch seines Lebens.

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SPOX: Sie sind der erste Hattrick-Schütze der Alemannia seit Marius Ebbers. Wissen Sie, wie lange das in Aachen keiner mehr geschafft hat?

Daniel Engelbrecht: Zehn Jahre?

SPOX: Fast. Es sind genau 3631 Tage bis zu Ihrem Dreierpack gegen den SC Wiedenbrück vergangen.

Engelbrecht: Das schreib ich mir auf. (lacht)

SPOX: Sie spielen in der Regionalliga derzeit äußerst erfolgreich. In den letzten elf Spielen trafen Sie fünf Mal. Dennoch werden Sie oft auf den Umstand reduziert, dass Sie der erste deutsche Fußballer mit Defibrillator sind. Nervt Sie das?

Engelbrecht: Die Geschichte stört mich überhaupt nicht. Ich erzähle sie ja auch immer wieder. Ich will nur nicht überall der Herzkranke sein.

SPOX: Sie wechselten zuletzt von der 3. Liga in die Regionalliga. Mussten Sie Ihre Ziele seit ihren Herz-Operationen verschieben?

Engelbrecht: Absolut nicht. Mein Ziel ist nach wie vor die Bundesliga. Manchmal geht man eben einen Schritt zurück, um zwei nach vorne gehen zu können. Für mich war es jetzt wichtig, dass ich trainiere. Klar, deswegen habe ich den Wechsel zur Alemannia gewagt, damit ich wieder Spielpraxis bekomme und dem Verein ein wenig weiterhelfen kann.

SPOX: Sie standen während ihrer Leidenszeit bei den Stuttgarter Kickers unter Vertrag und der Verein hat Sie stets unterstützt. Wie kam es zum Abschied bei den Kickers?

Engelbrecht: Klar, die Stuttgarter Kickers haben mich unterstützt. Aber eben auch nur in der Zeit, in der Horst Steffen (Trainer von September 2013 bis November 2015; Anm. d. Red.) da war. Als er ging, hat Sportdirektor Michael Zeyer mir rund vier Wochen später gesagt, dass mit mir nicht mehr geplant wird und ich mir einen neuen Verein suchen soll. Das finanzielle Paket hätte nicht gepasst. Das war kein so schöner Zug. Speziell nach dem, was ich mit den Kickers erlebt habe. Das werde ich auch nicht vergessen. Für mich war klar: Wenn ich einen Schritt zurückgehe, dann nur zur Alemannia. Der Verein liegt mir am Herzen und ich weiß, was ich hier habe.

SPOX: Sie wurden vor etwa drei Jahren mit Darmstadt 98 intensiver in Verbindung gebracht. Dann kam es zu Ihrem Zusammenbruch im Spiel gegen Holstein Kiel. Heute spielen die Lilien gegen die Bayern oder Dortmund, Sie gegen die TuS Erndtebrück und den FC Wegberg-Beeck. Kommt man da nicht ins Grübeln?

Engelbrecht: Eher weniger. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich einen anderen Berater. Was er mit Darmstadt zu tun hatte, weiß ich selbst nicht. Ich hatte nie persönlichen Kontakt zu dem Verein. Eigentlich weiß man bei allen Entscheidungen erst im Anschluss, ob sie richtig sind oder nicht. Vor den Kickers war ich in Bochum in der 2. Liga. Damals habe ich mich ganz gut gemacht, bin aber dennoch in die 2. Mannschaft versetzt worden. Dann habe ich die Flucht nach Stuttgart ergriffen. Ich habe dort eine andere Wertschätzung gespürt. Wenige Wochen später bin ich dann zusammengebrochen. Da überlegt man dann auch: War es richtig? War es falsch?

SPOX: Es hat über ein Jahr bis zu Ihrem Comeback gedauert. Gleich bei Ihrem zweiten Einsatz haben Sie dann das 2:1-Siegtor gegen Wehen-Wiesbaden erzielt. Bei Ihrem Jubel zogen Sie Ihr Trikot aus. Auf dem T-Shirt darunter stand: "Nichts ist unmöglich". Hatten Sie irgendwann mal Zweifel, dass sich dieser Spruch für Sie nicht bewahrheiten könnte?

Engelbrecht: Es gab Momente, die extrem schlimm und schwer waren. Ich habe mich oft gefragt: Wie soll ich in dem Zustand wieder auf den Platz kommen? Aber es gab keinen Tag, an dem ich an meinem Comeback gezweifelt habe. Es gab aber eben Momente, in denen ich fast gestorben wäre. Ich dachte mir: 'Meine Fresse, in der Lage, in der ich jetzt stecke, kann ich nicht einmal ein normales Leben führen'. Aber ich habe nie aufgegeben.

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