Sandro Wagner im "kicker meets DAZN"-Podcast: "Mats sagt, ich soll aufhören, seinen Vater zu feiern"

Von SPOX
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© imago images/Noah Wedel

Sandro Wagner hat im "kicker meets DAZN"-Podcast über seine Außenwahrnehmung als "hochgradig unsympathischer Asi" gesprochen. Außerdem erklärte der ehemalige Nationalspieler und heutige DAZN-Experte, warum Mats Hummels' Vater eine ganz besondere Rolle in seiner Karriere spielte.

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Sandro Wagner war einer der wenigen Fußballprofis des vergangenen Jahrzehnts, der nie ein Blatt vor den Mund nahm. Er sagte Sätze wie "Ich bin in meinen Augen seit einiger Zeit mit Abstand der beste deutsche Stürmer".

Sein Selbstbewusstsein wurde ihm als Arroganz ausgelegt. Doch sein Image kümmerte den heute 33 Jahre alten Münchner nie wirklich. "Irgendwelche Pressesprecher oder Medienberater haben immer gesagt: 'Sandro, das müssen wir jetzt schon geraderücken. Die denken wirklich, du wärst ein Asi.' Aber das war mir scheißegal. Die große Allgemeinheit muss mich nicht mögen", sagte Wagner in der neuen kmd-Ausgabe.

Im Gegenteil: Er könne sogar verstehen, wieso ihn Menschen als Spieler so wahrnahmen. "Ganz viele Menschen sagen zu mir im Gespräch: 'Herr Wagner, so unsympathisch sind Sie ja gar nicht'. Ich nehme das in dem Moment als Kompliment auf. Wenn man jemanden nur vom Fußballfeld kennt, ist das eben so. Wenn ich mir Zusammenfassungen meiner Spiele angeschaut habe, fand ich mich auch immer hochgradig unsympathisch, wenn ich mich mit Gegenspielern oder den Fans angelegt habe", erklärte der Stürmer, der im August 2020 seine Karriere beendete.

Er habe diese Nickligkeiten eben für sein Spiel gebraucht. Auf dem Rasen sei er jedoch ein anderer Mensch als im realen Leben. Er sehe sich selbst als "sehr reflektiert", weshalb er - anders als in der Außenwahrnehmung - nie abgehoben sei. "Ich konnte Dinge immer gut einordnen. Etwa, dass manche Situationen, die ich erlebt habe, nicht die wahre Welt sind. Ich bin dann wieder ins Auto eingestiegen, habe normale Leute angerufen und war zurück im normalen Leben, wenn man das so kategorisieren will."

Sandro Wagner pendelte von München nach Darmstadt

Sein privates Umfeld habe Wagner immer geholfen, auf dem Boden zu bleiben. Ein Umstand, der heutzutage immer schwieriger werde. "Die Einflussfaktoren sind vielfältiger geworden. Du hast Berater, Ausrüsterverträge, so viele Leute, die da mitquatschen wollen. Und Eltern lassen sich dann auch vollquatschen, weil sie das Geschäft nicht kennen."

Sein unmittelbares Umfeld, seine Familie, hätten Wagner über seine gesamte Karriere hinweg viel Kraft gegeben. So sehr sogar, dass Wagner nach seinem Wechsel von Hertha BSC zu Darmstadt 98 im Sommer 2015 fast jeden Tag pendelte. "Wir hatten gerade das Haus fertig in München. Das war ein schöner Moment. Meine Familie war wieder zu Hause, Freunde, Familie, alle um sie herum. Denen fehlt es an nichts. Ich konnte mich wieder ganz anders auf meinen Beruf fokussieren. Ich bin damals von München nach Darmstadt gependelt. Das waren, ich bin ein schneller Autofahrer, rund zweieinhalb Stunden", erzählte Wagner.

Er sei zwar nicht jeden Tag gependelt, hätte seine Kinder aber nie länger als zwei Nächte nicht gesehen. Selbst nach seinem Wechsel zur TSG Hoffenheim 2016 behielt er das so bei. "Jetzt kann ich es ja sagen, damals hätten die mir wahrscheinlich die Verträge zerrissen. Das war schon grenzwertig. Aber ich habe das für meinen Kopf gebraucht, um gute Leistungen zu bringen."

Wagner über Hummels' Vater: "Unglaublich, der Herminator"

Bei der TSG empfahl sich Wagner nicht nur für die Nationalmannschaft, sondern auch für seinen Jugendverein FC Bayern. Dort hatte alles begonnen. Dabei habe einst in München kaum einer an Wagners Bundesligakarriere geglaubt. "Bis zur U17 beim FC Bayern war ich nie der Spieler, wegen dem andere verblüfft waren. Es gab nur einen Menschen, der immer wieder gesagt hat, ich würde es zum Profi packen. Das habe ich ihm noch nicht einmal abgenommen, weil der Rest gesagt hat: Der wird's nie schaffen. Dieser eine Mensch war Hermann Hummels, der Vater von Mats", verriet Wagner.

"Der hat mir mit 13 gesagt: 'Sandro, du wirst mal ein kopfballstarker Bundesligastürmer.' Unglaublich, der Herminator. Das habe ich glaube ich noch nie öffentlich erzählt, aber Mats erzähle ich es einmal die Woche. Er sagt immer, ich soll aufhören, seinen Vater zu feiern", erzählte Wagner weiter und lachte.

Zweifel an Wagner hatten sie nicht nur in München. Auch bei Werder Bremen, wo Wagner zwischen 2010 und 2012 spielte, hatten die Verantwortlichen später Bedenken an Wagners Bundesligatauglichkeit. Seine Situation in Bremen sei rückblickend "die schlimmste" seiner Karriere gewesen, meint Wagner.

Im Januar 2010 wechselte er als frischgebackener U21-Europameister zu Werder. "Dann lief es erstmal sehr durchwachsen. In der darauffolgenden Vorbereitungszeit hatte ich Sprunggelenksprobleme und wollte mich woanders behandeln lassen. Der Verein war dagegen, ich wollte trotzdem. Das war wie im Kindergarten, ganz schlechte Kommunikation. Dann hat mir Werder nahegelegt, den Verein zu wechseln. Dieses Gespräch mit dem Geschäftsführer Klaus Allofs damals, ich saß dort alleine ohne Vater oder Berater, hat mich so krass geprägt", sagte Wagner. Er sei jedoch heute noch stolz, Allofs damals aufrichtig seine Sicht der Dinge geschildert zu haben. "Kommunikation und Ehrlichkeit werden am Ende des Tages immer belohnt, immer!", meint er.

Sandro Wagner im Steckbrief

geboren29. November 1987 in München
Größe1,94 m
PositionStürmer
StationenHertha München Jugend, FC Bayern Jugend, FC Bayern, MSV Duisburg, Werder Bremen, Kaiserslautern, Hertha BSC, Darmstadt 98, TSG Hoffenheim, FC Bayern, Tianjin Teda
Bundesligaspiele/-tore180/44

Wagner: "Das Karriereende hätte ich mir anders vorgestellt"

Rund zehn Jahre später beendete Wagner seine Karriere in China bei Tianjin Teda. Aufgrund der Corona-Pandemie wollte Wagner zu seiner Familie und nicht mehr nach China zurückkehren. Nach eineinhalb Jahren war das Abenteuer vorzeitig beendet, sein Vertrag wurde aufgelöst, Wagner im Zuge dessen gesperrt.

"Das Karriereende hätte ich mir gerne anders vorgestellt. Aber für mich war immer klar: Nach China ist meine Karriere mehr oder weniger vorbei. Wenn dann mache ich noch etwas Kleines im Münchner Raum. Einfach weil ich nicht mehr die Ambitionen und die Lust habe, getrennt von meiner Familie zu sein. Bundesligisten waren da und das hat mich auch gefreut. Allerdings wussten die gar nicht, dass ich noch bis Januar gesperrt bin", erklärte Wagner seine Entscheidung, in Deutschland keinen Profivertrag mehr zu unterschreiben.

Seit der laufenden Champions-League-Saison ist Wagner DAZN-Experte. Künftig will Wagner aber als Trainer arbeiten.

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