"Dortmund ist nicht mehr berechenbar"

Koray Günter ist bei Galatasaray bis 2018 unter Vertrag
© galatasaray / tuncay sen

Fünf Jahre spielte Koray Günter für Borussia Dortmund, bevor er im letzten Winter zu Galatasaray wechselte. Nun kommt es für den deutschen U-20-Nationalspieler zum Wiedersehen (Mi., 20.45 Uhr im LIVE-TICKER) mit seiner alten Liebe. Im SPOX-Interview spricht Günter über die Rückkauf-Option, die sich der BVB sicherte, über seinen Fast-Trainer Thomas Tuchel und warum er als Kreuzberger Junge durchgeht.

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SPOX: Koray Günter, wenn Sie am Dienstagabend Cesare Prandelli zur Seite nimmt und fragt: "Koray, auf was für eine Mannschaft treffen wir da morgen?" - wie würden Sie ihm den BVB beschreiben?

Koray Günter: Als willensstarke Laufmaschine, gepaart mit individueller Qualität auf hohem Niveau.

SPOX: Wie definieren Sie die "willensstarke Laufmaschine"?

Günter: Ich erinnere mich an meine früheren Trainingseinheiten in Dortmund. Da heiß es: "Jungs, heute ist Willenstraining angesagt!" Wenn wir alle nicht mehr können, dann versuchen wir es noch einmal und noch einmal. Noch ein letzter Pass, noch ein letzter Schuss, noch ein letztes Tor, noch einmal den Ball auf der Linie klären. Beim BVB ist immer der Wille vorhanden: egal, ob in der 1., in der 90. oder in der 120. Minute. Immer!

SPOX: Also ist Dortmund der klare Favorit?

Günter: Nein. Wir sind nicht der Underdog, aber die Bilanz des BVB in den letzten Jahren spricht für sich. Wir müssen hoffen, dass wir einen guten Tag erwischen und es Dortmund so schwer wie möglich machen.

SPOX: Galatasaray ist nicht gut in die Champions League gestartet. Das war in den letzten beiden Spielzeiten ähnlich und dennoch ist man beide Male am letzten Spieltag weitergekommen. Lassen Sie es wieder darauf ankommen?

Günter: Eigentlich will keiner offen darüber reden, aber insgeheim hoffen alle, dass sich das Szenario wiederholt. Wenn uns jemand einen Spielfilm vorlegen würde, in dem wir wieder in letzter Sekunde weiterkommen, würde ich das sofort unterschreiben. Für uns zählt das Weiterkommen: Ob schön oder nicht, ist mir egal.

SPOX: Wie war es denn für Sie als Ur-Dortmunder, den BVB auf dem kleinen Zettel bei der Auslosung zu sehen?

Günter: Ich hab's live gesehen und ich habe es mir vorab sehr gewünscht.

SPOX: Warum?

Günter: Damit ich die Jungs wieder sehe. Ich vermisse sie und auch den Verein. Ich hatte eine wunderschöne Zeit in Dortmund. Ich weiß, wo ich herkomme und wo ich aufgewachsen bin. Es ist schön, dass mein Wunsch in Erfüllung gegangen ist. Es werden zwei tolle Begegnungen, aber ich will mit Galatasaray natürlich siegen.

SPOX: Hängen Sie Dortmund noch nach?

Günter: Dortmund wird immer Heimat für mich sein. Ich habe dem Klub extrem viel zu verdanken. Meine Mitspieler und mein Trainer haben mich als Spieler und Mensch geprägt. Ich konnte von den Jungs sehr viel lernen. Und die Tür steht ja immer noch offen, vielleicht irgendwann zurückzukehren.

SPOX: Borussia Dortmund hat sich bei Ihrem Wechsel im letzten Jahr eine Option gesichert, Sie 2015/2016 für sieben Millionen Euro zurückkaufen zu können.

Günter: Richtig. Man denkt daran, aber das ist noch weit weg.

SPOX: Nervt es Sie denn, wenn Dortmund einen Matthias Ginter für zehn Millionen Euro holt, der ja auf einer ähnlichen Position wie Sie spielt und den Weg vielleicht versperrt?

Günter: Natürlich nehme ich das zur Kenntnis. Der Ginter-Transfer macht durchaus Sinn, ein Klub wie Borussia Dortmund darf sich solche Talente nicht entgehen lassen. Der BVB befindet sich seit ein paar Jahren auf dem aufsteigenden Ast und dann muss man solche Spieler verpflichten. Wenn man wie ich selbst den Anspruch hat, in so einer Mannschaft zu spielen, muss man sich dieser Konkurrenz stellen und beweisen, dass man den Platz mehr verdient als die anderen. Man darf es nicht persönlich nehmen, wenn ein Verein für einen Spieler auf ähnlicher Position viel Geld investiert. Die Leistung zählt, ganz egal, ob man eine Million oder zehn Millionen gekostet hat.

SPOX: Glauben Sie, dass Sie von den Dortmunder Chefs beobachtet werden?

Günter: Ich gehe davon aus. Sonst würde es diese Rückkaufoption ja nicht geben. Das heißt aber nicht, dass ich hier für Dortmund vorspiele. Es geht darum, für Galatasaray das Beste zu zeigen.

SPOX: Mit welchen Worten hat Sie denn Jürgen Klopp damals verabschiedet?

Günter: Ganz genau kann ich mich an die Worte nicht mehr erinnern. Sinngemäß sagte er, dass man in Dortmund weiß, was ich kann, dass man ein Auge auf mich werfen und man sich vielleicht wieder sehen wird - wenn die Zeit gekommen ist.

SPOX: Das speichert man ab, oder?

Günter: Man speichert es ab und saugt es auf. Galatasaray ist ein super Verein, der eine klasse Infrastruktur, tolle Fans und ein sehr schönes Stadion hat. Ich habe Galatasaray in kürzester Zeit in mein Herz geschlossen. Ich habe einen langfristigen Vertrag, den ich gerne erfüllen möchte. Das Ziel ist aber immer, und das kann mir keiner nehmen, in Europa zu spielen, wie man hier in der Türkei sagt. So geht es allen anderen Spielern auch.

Seite 2: Günter über Klopps Abschiedsworte und Wunsch-Trainer Thomas Tuchel