"Better call Saul!": Atleticos Star will weg - doch wer könnte ihn noch anrufen?

Von Falko Blöding
Saul Niguez erhält bei den Blues die Nummer 17.
© getty

Seit 2008 steht Saul Niguez bei Atletico Madrid unter Vertrag. Nun will er plötzlich weg. Aber wohin eigentlich?

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Das war schon ein Statement, das Atletico Madrid da im Sommer 2017 setzte. Ziemlich aus dem Nichts verkündete der spanische Spitzenklub die Vertragsverlängerung mit Saul Niguez. Einen Tag zuvor hatte der damals 22-Jährige sich die Torjägerkanone bei der U21-EM gekrallt, nun also öffentlichkeitswirksam der neue Vertrag bei den Rojiblancos. Saul verlängerte bis 2026, obwohl sein Vertrag ohnehin noch bis 2021 lief. Eine Botschaft an Manchester United und den FC Barcelona, die zu jener Zeit ein Auge auf den zentralen Mittelfeldspieler mit der feinen Technik geworfen hatten.

Saul frohlockte angesichts seines neuen Neunjahresvertrags: "Ich bin sehr glücklich, denn bei Atletico sind wir ein Familie und es gibt keinen besseren Ort."

Nun, Zeiten ändern sich und offensichtlich gibt es mittlerweile dann doch bessere Orte für ihn. Fünf Jahre vor dem Ende seines Monsterkontrakts und wenige Wochen nach dem Gewinn der spanischen Meisterschaft will Saul Atletico verlassen. Wie ist es so weit gekommen und welche Optionen hat der 19-fache Nationalspieler Spaniens?

Atletico Madrid: Saul ist nicht mehr unumstritten

Rückblick: Jahrelang bildete Saul mit Koke und wechselnden Defensivpartnern den Maschinenraum im Simeoneschen Umschaltfußball. Körperlich stark, robust in Zweikämpfen und dazu spielerisch mit feiner Klinge ausgestattet war sein Spiel wie gemacht für die Philosophie seines Trainers. "Solange Simeone hier ist, werde ich nicht gehen", sagte Saul im Herbst 2016. "Wenn ein Trainer so viel Vertrauen in dich hat wie er und dir diesen Glauben gibt, ist das unvergleichlich." Nur ist eben dieses Vertrauen geschwunden.

Auf dem Weg zum Meistertitel in LaLiga war Saul 2020/21 mehr Mitläufer als Protagonist. Zwei Tore und einen Assist steuerte er in 34 Partien bei und verlor seinen Status als unantastbare Stammkraft. Nur in 22 dieser Spiele stand er in der Startelf und lediglich zwölf Begegnungen bestritt er über die volle Distanz. Leistungsdaten, die eigentlich nicht zu dem Mann passen, der bisher über 300-mal für Atleti in Pflichtspielen auflief und mit dem Klub sechs Titel gewann. Außerdem ist er nicht mehr fix in der Zentrale gesetzt, sondern wird von Simeone dorthin beordert, wo dieser ihn braucht: Das kann schonmal die Position des Außenverteidigers oder die des Flügelstürmers sein.

Die neue Rolle schmeckt Saul nicht, seinen Platz in der spanischen Nationalelf hat er verloren und durfte nicht mit zur EM. Er ist unzufrieden - und das geht so weit, dass er seinen Herzensklub, seine "Familie", verlassen will.

Tausch Saul/Griezmann: Atletico Madrid verhandelt mit Barcelona

Diego Simeone bestätigte in der AS in der vergangenen Woche, dass ein Gespräch mit Saul, ihm selbst und den Klubverantwortlichen stattgefunden habe. Unter anderem habe der 27-Jährige sich gewünscht, eine Position auf dem Feld zu bekleiden, "in der er sich wichtiger fühlt. Ich aber glaube, dass Saul zu Saul geworden ist, weil er überall spielen kann. Er, oder die Leute um ihn herum, scheinen das nun für eine negative Sache zu halten."

Was "El Cholo" dann sagte, klang schon ein wenig nach Abschied. Saul sei "ein sehr wichtiger Spieler". Aber: "Wir können nicht ignorieren, was im Moment geschrieben und gesagt wird. Falls er geht, nehme ich ihn in den Arm, wünsche ihm das Beste und werde weiter sein Freund sein. Egal, ob er dann in Barcelona oder woanders ist."

Mit dem Verweis auf Barcelona spielte Simeone auf die Gespräche zwischen den Klubverantwortlichen in den vergangenen Tagen an. Sie hatten wegen eines spektakulären Tauschdeals verhandelt: Saul sollte das Barca-Mittelfeld verstärken, im Gegenzug hätte Antoine Griezmann den Weg zurück in die spanische Hauptstadt angetreten. Präsident Cerezo bestätigte dies bei Deportes Cuatro: "Bezüglich Griezmann habe ich nicht die geringste Ahnung (ob es klappt, Anm. d. Red.), aber im Fußball kann alles passieren. Es wird eine Überraschung. Keine Sorge, es bleibt nicht mehr viel Zeit für eine Entscheidung."

Nach Informationen von SPOX und Goal wird jene Entscheidung gegen einen Deal fallen. Atleti ist nicht bereit, Griezmanns horrendes Gehalt komplett zu übernehmen und will auch keine zusätzliche Ablöse an Barca überweisen. Zudem ist Saul für die Blaugrana auch nicht der absolute Wunschkandidat für das zentrale Mittelfeld.

Saul-Transfer zum FC Liverpool nicht möglich

Die Zahl der möglichen Bewerber um Sauls Dienste ist natürlich beschränkt. Wer kann sich schon einen Spieler leisten, der pro Jahr rund 14,5 Millionen Euro verdienen soll und der geschätzte 50 Millionen Euro Ablöse verschlingen würde?

Eine Spur führt nach England. Gerüchte, Atletico habe bei Manchester City wegen eines Tauschs Saul Niguez/Bernardo Silva vorgefühlt, sind im Sande verlaufen. Stattdessen setzt der Klub von Sauls Landsmann Pep Guardiola nach Informationen von SPOX und Goal voll auf die (kostspieligen) Transfers von Tottenham-Star Harry Kane und Aston Villas Jack Grealish. Champions-League-Sieger FC Chelsea sucht derweil einen anderen Spielertyp.

Aktuell werden auf der Insel vor allem der FC Liverpool und Manchester United als potenzielle Saul-Destinationen gehandelt. In Liverpool ist nach dem ablösefreien Abgang Georginio Wijnaldums ein Platz im Mittelfeld frei. Zudem ist die Zukunft von Kapitän Jordan Henderson angesichts der stockenden Vertragsverhandlungen trotz Arbeitspapiers bis 2023 aktuell nicht gesichert.

Gesichert ist aber, dass Saul trotzdem nicht kommen wird. Die Chance auf einen Transfer an die Mersey beziffert Goal-Korrespondent Neil Jones auf "null Prozent". Das liege vor allem an den Finanzen: "Gehalt und Transferkosten stehen in keinem Verhältnis für einen Spieler, der nicht automatisch in der Startelf gesetzt wäre."

Ersetzt Saul Paul Pogba bei Manchester United?

Bei ManUnited, das in der Vergangenheit eben mehrfach mit Saul in Verbindung gebracht wurde, wäre dies anders - sollte Paul Pogba den Verein tatsächlich noch verlassen. Der Weltmeister wird erneut bei PSG gehandelt und könnte mit einem Abgang Ressourcen für einen Saul-Transfer freimachen. Angesprochen auf ein mögliches Interesses der Red Devils wollte Sauls Berater Jonathan Barnett vor wenigen Wochen nicht konkret antworten. Er gab lediglich zu Protokoll, sein Klient haben "viele Optionen".

Eine dieser Optionen soll seit einer gefühlten Ewigkeit auch der FC Bayern sein. Immer wieder gibt es Spekulationen, der deutsche Rekordmeister werde sich um Saul bemühen. Ex-FCB-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge senkte in Bezug auf einen Transfer des Spaniers vor wenigen Wochen den sprichwörtlichen Daumen. Daran ändert sich nach Informationen von SPOX und Goal auch in dem unwahrscheinlichen Fall, dass die Vertragsverhandlungen mit Leon Goretzka scheitern und der DFB-Star den Klub noch verlässt, nichts. Saul gilt an der Säbener Straße als zu teuer und mit Blick auf das neue Gehaltsgefüge wäre eine Verpflichtung im Moment nicht darstellbar.

Auch Juventus Turin soll über Saul nachgedacht haben, aber dort läuft es nach Informationen von SPOX und Goal im Mittelfeld auf einen Transfer von Sassuolos EM-Star Manuel Locatelli hinaus. "Juve wird ihn kaufen", sagt Goal-Korrespondent Romeo Agresti. Für Saul ist dann weder das nötige Kleingeld noch ein Platz vorhanden.

Saul-Verbleib bei Atletico ist ein wahrscheinliches Szenario

Es bleibt mit Abstrichen eigentlich nur ManUnited als realistischer Kandidat. PSG wäre in der Lage, einen Saul-Kauf zu stemmen, aber dort setzt man eben voll auf Paul Pogba. Real Madrid? Ist aus diversen Gründen nicht in der Verlosung. Zum einen planen die Blancos nach Informationen von SPOX und Goal zunächst keinen Transfer, um vielleicht doch noch spät bei Kylian Mbappe (PSG) zuzuschlagen. Zum anderen hätte Saul wohl auch wenig Lust, bei Atleticos ungeliebtem Nachbarn anzuheuern, bei dem er einst in der Jugend rausgemobbt wurde (O-Ton: "Sie haben meine Schuhe und mein Essen geklaut").

So könnte es am Ende, mangels Alternativen, wie in einer ganz normalen Familie auch in der Atleti-Familie nach dem großen Dissens die große Versöhnung geben.

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