Einer muss es ja machen

Von Ben Barthmann
Jose Manuel Arnaiz gab sein Debüt beim FC Barcelona gegen Real Murcia
© imago

Der FC Barcelona hat in Jose Manuel Arnaiz einen neuen Publikumsliebling gefunden. Das 22-jährige Talent profitiert vom ungenügend zusammengestellten Kader. Allerdings läuft ihm die Zeit davon.

Cookie-Einstellungen

Neymar zog es nach Paris, Ersatzmann Ousmane Dembele verletzte sich schon nach wenigen Minuten im Dress der Blaugrana: Bereits kurz nach Saisonstart waren die Pläne der Führungsetage beim FC Barcelona völlig über den Haufen geworfen.

Trainer Ernesto Valverde suchte nach Lösungen - und ist bis zum mittlerweile 10. Spieltag nicht so recht fündig geworden. Die linke Offensivseite ist derart ungenügend ausgefüllt worden von verschiedensten Spielern, dass er zuletzt dazu überging, lieber das System umzustellen.

Gerard Deulofeu fand seine Räume in den engmaschigen Gegnerreihen nicht, Denis Suarez und Paco Alcacer bringen nicht die gewünschte Gefahr mit sich. Somit hat Valverde kurzerhand die Grundordnung geändert und Mittelfeldspieler Andre Gomes in die Mannschaft geworfen.

Arnaiz profitiert von Kadersituation

Auftritt Jose Manuel Arnaiz. Der junge Spanier debütierte in der Copa del Rey gegen Real Murcia und hinterließ einen mehr als brauchbaren Eindruck. Einer muss es ja machen, dachte sich der 22-Jährige wohl und spielte so, wie man es sich in Barcelona von einem Linksaußen erwünscht.

Arnaiz beackert die linke Seite und den linken Halbraum. Er versuchte stets, eine Passoption darzustellen, machte Linksverteidiger Lucas Digne Platz oder marschierte selbst. Er zog nach innen, kombinierte oder suchte auf eigene Faust den Abschluss.

Torgefährlicher als Denis Suarez, vielfältiger als Deulofeu, kreativer als Gomes. Nicht immer auf höchstem Niveau, aber für ein Talent aus der 2. Liga Spaniens doch mehr als auffällig. Arnaiz setze eine erste Duftmarke.

Aus Kritik wird Lob

"Das erste Team ist nicht meine Entscheidung", ließ er schon im Vorfeld verlauten. Nach acht Torbeteiligungen in den ersten Spielen der Saison für Barcelona B kein Wunder, dass er schnell zu einem möglichen Mitwirken bei den Profis befragt wurde.

Arnaiz zeigte sich allerdings bescheiden. Nicht lange ist es her, dass er harsche Kritik einstecken musste, ohne auch nur eine einzige Minute für Barca B absolviert zu haben. 3,4 Millionen Euro investierte Barca in Richtung Valladolid - Medien und vielen Fans erschien das zu viel für eine Verstärkung der zweiten Mannschaft.

Einige Wochen später hat Arnaiz bereits mehr Tore erzielt als Rekordtransfer Dembele. Der Vergleich hinkt zwar, weil Dembele sein Talent beim neuen Arbeitgeber noch nicht entfalten konnte und mit einem Muskelriss den Rest des Jahres ausfallen wird, aber immerhin.

Valverde lobt Arnaiz

Dembeles Pech ist der große Trumpf seines Konkurrenten aus Talavera de la Reina. Arnaiz hat derzeit eigentlich keinen Widersacher vor sich und mit der Pokal-Partie ein gutes Bewerbungsschreiben hinterlassen.

"Er ist ein Spieler mit großer Selbstsicherheit. Er hat das Tor immer im Kopf", folgerte Valverde aus dem Murcia-Spiel. Der Trainer machte Arnaiz Hoffnung: "Das war ein guter erster Schritt. Wir werden sehen, wie er uns weiterhin helfen kann."

Gleichwohl drängt für das Talent die Zeit. Da ist einerseits Dembele, der nach gelungener Operation hart an seinem Comeback arbeitet und andererseits das Alter von 22 Jahren. Arnaiz darf im kommenden Jahr nicht mehr zwischen Barca B und erster Mannschaft pendeln.

Die Uhr tickt und tickt

Der spanische Verband erlaubt es Spielern im Alter von 23 Jahren oder mehr nicht, fließend zwischen Reserve und erster Mannschaft zu wechseln. Für Arnaiz sind die nächsten Monate also maßgeblich für die restliche Karriere.

Kann er sich etablieren und die derzeitige Situation ausnutzen, sind gar ein paar Spiele von Anfang an möglich, ehe Dembele zurückkehrt. Dann wäre Arnaiz nicht ohne Spielpraxis durch die zweite Mannschaft und gleichwohl immer im Blickfeld von Valverde.

Kann er jedoch die gute Leistung aus dem Pokal nicht mehr bestätigen und sich gegen die vergleichsweise schwächere Konkurrenz nicht durchsetzen, dann würde er wohl verliehen oder verkauft werden. Wenige Chancen entscheiden hier über den Fortgang einer jungen Karriere.

Pedro oder doch eher Munir?

Vorbilder gibt es zahlreiche für beide Wege. Pedro schaffte es mit ähnlichen Anlagen, lange seinen Platz in der Offensive Barcelonas zu verteidigen. Bodenständigkeit, Intelligenz, Arbeitswille gepaart mit Talent und überdurchschnittlichen Fähigkeiten am Ball machten ihn zum Champions-League-Sieger.

Gleichwohl sind Sandro Ramirez oder Munir El Haddadi mahnende Beispiele. Beide wurden aus ähnlichen Beweggründen wie Arnaiz zu den Profis geholt, rutschten aber doch schnell wieder zurück ins zweite und dritte Glied.

Die Zukunft bleibt offen

Fehlende Spielpraxis machte sich bemerkbar. Munir, schnell gefeiert und ebenso schnell fallengelassen, spielt inzwischen bei Deportivo Alaves. Sandro bahnte sich seinen Weg über den FC Malaga in die Premier League - und beide sind erst 22 Jahre alt.

Es geht nicht gleich um Alles oder Nichts, doch werden Arnaiz die enorme Bedeutung seiner nächsten Schritte, der wegweisende Charakter der kommenden Wochen klar sein. Beschlossen ist bisher nur eines: "Mit dem Debüt für das erste Team habe ich mir einen Jugendtraum erfüllt." Es könnte noch viel mehr folgen.

Artikel und Videos zum Thema