Ein königlicher Ösi im Visier der Bundesliga

Philipp Lienhart soll auf der Wunschliste des SC Freiburg stehen
© getty

Philipp Lienhart gilt als eines der größten Talente im österreichischen Fußball. Mit gerade einmal 18 Jahren wagte er den Schritt zu Real Madrid II und schnupperte dort bereits bei den Profis hinein. Nun gerät seine Entwicklung allerdings ins Stocken. Ein Wechsel in die Bundesliga könnte der Ausweg sein.

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Eigentlich hatte er seinen Dienst für diese Saison schon erledigt. Mitte Mai fand standesgemäß das letzte Spiel der Runde statt, sein Team Real Madrid II landete im gesicherten Mittelfeld und musste sich nicht mit Relegationsspielen herumschlagen. Nach einer Abschlussfeier verabschiedeten sich alle Spieler endlich in ihren wohlverdienten Urlaub. Fast alle. Lediglich einer musste bleiben: Philipp Lienhart.

Der 20-jährige Österreicher erhielt damit die Auszeichnung für seine Leistung in der abgelaufenen Saison. In 26 Spielen stand Lienhart auf dem Feld und entwickelte sich als Innenverteidiger zu einem zentralen Baustein der zweiten Mannschaft von Real.

Zidane auf der Suche nach Innenverteidigern

Nach dem letzten Ligaspiel in der 3. spanischen Liga hob deshalb Zinedine Zidane höchstpersönlich den Finger und zitierte den jungen Österreicher zu sich. In der Abwehrzentrale drückte der königliche Schuh, deshalb sollte Lienhart sich mit der A-Mannschaft auf das Champions-League-Finale gegen Juventus Turin vorbereiten. Zum Sprung in den finalen Kader reichte es zwar nicht, dennoch ein Highlight für Lienhart. Eines, das trotz allem gleichzeitig das vorzeitige Ende der Reise ins Märchenland gewesen sein könnte.

Mit elf Jahren wechselte Lienhart von seinem Heimatverein zu Rapid Wien und durchlief in gewohnter Manier sämtliche Jugendmannschaften. Dennoch war bis weit ins Jahr 2014 nicht klar, ob der gelernte Verteidiger überhaupt Profi werden wird. Er absolvierte neben den Trainingseinheiten eine Lehre zum Bürokaufmann und baute sich damit ein zweites Standbein neben dem Fußball auf.

Gregoritsch gerät bei Lienhart ins Schwärmen

Die U19-EM in Ungarn wenig später stellte sein Leben jedoch auf den Kopf. Damals herrschte in der Abwehrzentrale ein großes Loch, U19-Teamchef Andreas Heraf berief kurzerhand den eigentlich noch für die U18 spielberichtigten Lienhart in den Kader. Dieser überzeugte mit starken Leistungen von der ersten Minute an und wurde zur Entdeckung des Turniers.

"Er ist nicht der allergrößte Verteidiger. Dennoch ist er kopfballstark und hat eine sehr gute Schnelligkeit. Das führt dazu, dass eine Mannschaft mit ihm sehr hoch verteidigen kann. Er läuft sehr viele Bälle ab und braucht wenige Fouls", erklärt Werner Gregoritsch, Lienharts Trainer bei der österreichischen U21 gegenüber SPOX.

Zahlreiche internationale Scouts, die bei Juniorenturnieren in Scharen umherkreisen, wurden nervös und klopften bei Familie Lienhart an. Auch die Großen. Die ganz Großen. "Ich war geschockt, als ich vom Interesse von Real Madrid gehört habe. Ich konnte es nicht glauben. Am Anfang hat mir das kaum jemand geglaubt, als ich es erzählt habe", erinnert sich Lienhart bei Laola1.at an den Anruf aus Madrid. Die Entscheidung fiel schnell.

Debüt in der A-Mannschaft von Real Madrid

Mit gerade einmal 18 Jahren packte der Österreicher seine Koffer und stürzte sich ins königliche Abenteuer. Nach einer überzeugenden Debütsaison im U19-Team und einigen Spielen in der Youth League zog Real Madrid 2015 für 800.000 Euro die Kaufoption und band Lienhart fest an den Verein.

Die nächsten Karriereschritte waren vorgezeichnet und verliefen wie auf Schienen. Unter dem damaligen Nachwuchs-Coach Zinedine Zidane etablierte sich Lienhart zur festen Kraft bei Real Madrid II und wurde ganz allmählich an die erste Mannschaft herangeführt. Hier sprang mal ein Testspieleinsatz heraus, dort mal ein Kaderplatz bei einem Ligaspiel. In der Copa del Rey gegen den FC Cadi kam er sogar als erster Österreicher überhaupt zum ersten Pflichtspiel für die A-Mannschaft der Königlichen.

Wie fast alle Talente gerät Lienharts Entwicklung bei Real Madrid II derzeit jedoch ins Stocken. Auf Dauer genügt die dritte spanische Liga nicht den Ansprüchen des Innenverteidigers und intern den nächsten Schritt zu machen, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Schließlich wartet in der A-Mannschaft ein Team, das gerade den Champions-League-Titel verteidigte. Daran scheiterten mit Alvaro Morata, Lucas Vazquez und Dani Carvajal schon ganz andere Youngster.

Lienhart: Wechsel zum SC Freiburg?

"Philipp ist ein Spieler, der den Ist- und Soll-Zustand seiner Karriere sehr gut einschätzen kann. Deswegen weiß er auch, dass er jetzt wechseln muss. Die dritte spanische Liga ist eine Unterforderung für ihn. Ein Wechsel wäre ein ganz wichtiger Schritt. Aufgrund seines Gesamtpakets würde er wirklich sehr gut in die Bundesliga passen", analysiert Gregoritsch.

Vor allem der SC Freiburg scheint interessiert und hat Medienberichten zufolge bereits ein Angebot hinterlegt. In SC-Trainer Christian Streich sehen in der derzeitigen Situation nicht wenige den perfekten Mentor für den Österreicher. Auch Lienhart, der als ungemein lernwillig und bescheiden gilt, würde mit seiner unaufgeregten Art gut in den ruhigen Breisgau passen. "Freiburg wäre der ideale Schritt, um sich weiterzuentwickeln. Und ich bin auch davon überzeugt, dass er sich dort durchsetzen könnte", weiß Gregoritsch.

Transfers und Gerüchte: Wen holt Real Madrid?

Für die großen Klubs in der Bundesliga "fehle noch etwas". Vor allem wenn es in der Partie mal nicht läuft, neige der Innenverteidiger, der auch auf der Sechs schon Erfahrungen gesammelt hat, gerne mal dazu, zu schusselig und überhastet zu agieren. Das führe dann zu einfachen Ballverlusten im Spielaufbau. "Er will immer gewinnen. Der Grat zum Übereifer ist ungemein schmal", erklärt der U21-Trainer.

Derzeit deutet vieles darauf hin, dass Lienhart seine Zelte bei Real abbricht und zumindest vorübergehend sein Glück in einem anderen Land sucht. Gut möglich, dass die Königlichen Lienhart verleihen und sich ähnlich wie beispielsweise bei Carvajal ein Rückkaufrecht sichern. Bis dahin steht beim Österreicher allerdings erst einmal eines auf dem Zettel: Urlaub.

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