Alkohol, Partys mit Ronaldinho, verpasstes Training: Wie ein einstiger City-Rekordtransfer doch noch die Kurve bekam

Von Chris Lugert
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Bei Manchester City schrieb Jô einst Geschichte, seine Karriere stand vor dem Aus. Doch dann änderte der Brasilianer sein Leben.

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Die Zeitenwende bei Manchester City, die die Historie des Klubs in eine Zeit vor dem Einstieg der arabischen Investoren und in eine Zeit danach teilte, bekam Jô hautnah mit.

Ende Juli 2008 legten die Cityzens unter ihrem damaligen thailändischen Besitzer Thaksin Shinawatra 24 Millionen Euro für den Brasilianer auf den Tisch und machten Jô zum damaligen Zeitpunkt zum Rekordtransfer des Klubs. Wenige Wochen später verkaufte Shinawatra seine Klubanteile an ein Investmentunternehmen aus Abu Dhabi und aus ManCity wurde der "Scheichklub".

Sportlich hatte Jô zuvor bei ZSKA Moskau überzeugt, in Manchester gelang ihm das nicht. Nach einem halben Jahr wurde er bereits zum FC Everton verliehen, es folgte eine weitere Leihe zu Galatasaray. Die Saison 2010/11 war seine einzige komplette bei ManCity, insgesamt kam er auf 42 Spiele und sechs Tore.

Seinen Titel als Rekordeinkauf des Klubs hatte er ohnehin nur wenige Wochen inne, ehe sein Landsmann Robinho noch im Sommer 2008 für noch deutlich mehr Geld, nämlich 42 Millionen Euro, von Real Madrid nach England kam - und auch das hielt nicht lange. Inzwischen ist Jack Grealish mit einer Ablöse von 117 Millionen Euro der Rekordhalter.

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Jô und Ronaldinho: Genial auf dem Platz, hemmungslos daneben

Während City sich zum europäischen Topklub entwickelte, führte der Weg von Jô zurück in seine brasilianische Heimat. 2012 wechselte er nach Belo Horizonte zu Atlético Mineiro, wo er auf Weltstar Ronaldinho traf. Der frühere Weltfußballer zauberte zwar noch regelmäßig auf dem Platz, längst aber hatte er sein Augenmerk auch auf das Partyleben abseits davon gerichtet. Auch Jô wurde in den Sog der Verführungen aus Alkohol und Partys gezogen, zumal er schon zu Zeiten in Russland kein Kind von Traurigkeit war.

"Als ich nach Russland ging, begann ich, die Kontrolle zu verlieren", erinnerte sich Jô später in einem Interview mit Globo Esporte zurück: "Ich habe angefangen zu trinken. Statt einmal die Woche auszugehen, ging ich drei-, viermal aus. Als ich verheiratet war, kam ich etwas runter. Aber dann kam der Ruhm, das Geld, und man hat das Gefühl, Dinge im Geheimen machen zu müssen. Wenn ich zu Hause war, wollte ich raus. Ich habe mit meiner Frau gestritten. Und irgendwann fand ich mich alleine draußen, mit schlimmen Gedanken. Das lastete eine lange Zeit auf mir."

In Belo Horizonte waren die Verführungen dann besonders stark. Nicht nur wegen Ronaldinho, sondern auch wegen der Stadt als solche, die als eine Partyhochburg in Brasilien gilt. Ein Sprichwort dort sagt: "Es gibt kein Meer, also lass uns zur Bar gehen." Und Bars gibt es viele in Belo Horizonte.

Sportlich war von den Ausschweifungen nicht viel zu sehen. In einem halben Jahr halfen Ronaldinho und Jô dabei, Mineiro zur Vizemeisterschaft 2012 zu schießen. In der darauffolgenden Saison gab es schließlich den Triumph in der Copa Libertadores, dem südamerikanischen Pendant zur europäischen Champions League. Jô rückte plötzlich sogar in den Fokus der Seleção, nahm am Confed-Cup 2013 und an der Heim-WM 2014 teil.

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änderte sein Leben: "Zum Glück nie einen Autounfall gehabt"

Doch irgendwann brach die Trefferquote ein, die Exzesse abseits des Platzes forderten ihren Tribut. Jô erkannte, dass er handeln muss. "Meinen Tiefpunkt hatte ich erreicht, als ich einige Trainingseinheiten verpasst hatte, nachdem ich die ganze Nacht unterwegs war. Immer wieder habe ich auch Flüge verpasst, weil ich betrunken war. All das sind Dinge, die ich bereue, denn ich bin Profifußballer", sagte er und schob nach: "Zum Glück habe ich nie mein Leben durch einen Autounfall riskiert."

Jô stellte sein Leben um, konvertierte zum Christentum und schwor dem Alkohol ab. Bereits 2014 trennten sich die Wege von Jô und seinem kongenialen, aber auch gefährlichen Partner Ronaldinho, als Letzterer nach Mexiko wechselte. Auch Jô verließ Brasilien vorerst 2015 und ging in die Vereinigten Arabischen Emirate. Nach einer erfolglosen Episode in China und einem zweieinhalbjährigen Kapitel in Japan kehrte er 2020 nach Brasilien zurück. Allerdings nicht mehr in Belo Horizonte, sondern in Sao Paulo bei Corinthians - der Klub, bei dem Jô einst groß geworden war.

Nach zwei Jahren wurde der Vertrag auf seinen Wunsch aufgelöst. Jô wechselte erst zum brasilianischen Traditionsklub Ceará SC, er ihm Januar 2023 nach Saudi-Arabien weiterzog. Nach nur einem Monat endete die Zeit bei Al-Jabalain aber aus nicht bekannten Gründen schon wieder. Dennoch lässt sich sagen: Der 36-Jährige hat die Kurve bekommen.

Während Jô sein Leben wieder in die richtigen Bahnen lenken konnte, sorgte Ronaldinho in den vergangenen Jahren fast nur für negative Schlagzeilen. Der Kontakt zwischen beiden löste sich. "Jeder hat sein eigenes Leben. Wenn Ronaldinho meint, dass sein Lebensstil für ihn der richtige ist, dann respektiere ich seine Entscheidung", sagte er. Allerdings: "Wenn ich ihn eines Tages treffen sollte und die Möglichkeit habe, ihm von meinen Erfahrungen zu berichten und davon, was ich heute erlebe, werde ich das tun."

Bleibt noch die Frage, wie er sein Scheitern in der Premier League rückblickend bewertet. Der Verkauf des Klubs habe sicherlich nicht geholfen, betonte er. "Aber dennoch war es ein Traum für mich, in der Premier League spielen zu dürfen", stellte er klar.