"Jedes Spiel gleicht einer Schlacht"

Uwe Rösler hat in seiner Karriere bisher unter anderem Leeds United trainiert
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Uwe Rösler kennt den englischen Fußball wie kaum ein anderer. Als Profi spielte der 47-Jährige in den 90er Jahren unter anderem für Manchester City, als Trainer war er bislang für den FC Brentford, Wigan Athletic und Leeds United verantwortlich. Ein Gespräch über das Championship-Finale zwischen Hull City und Sheffield Wednesday am Samstag (18 Uhr im LIVESTREAM), Unterschiede zum Fußball in Deutschland, Pep Guardiola auf der Insel und seine eigene Zukunft.

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SPOX: Herr Rösler, Sie waren sowohl als Spieler als auch als Trainer in England aktiv. Was macht den Fußball auf der Insel aus?

Uwe Rösler: Ich lebe seit 2010 wieder in England und der Fußball dort fasziniert mich: Die hohe Anzahl der Spiele und die Intensität, die jedem Spieler abverlangt wird, sind einmalig. Als ich bei Wigan Athletic als Trainer in der Championship gearbeitet habe, hatten wir ein Programm von 62 Spielen in einer Saison.

Hull City - Sheffield Wednesday (Sa., 18 Uhr): Das Finale im Livestream bei SPOX

SPOX: Das klingt brutal. Was zeichnet die Championship sonst noch aus?

Rösler: Die Aufsteiger haben ein Budget um die fünf Millionen Pfund, die oberen Teams hingegen bis zu 50 Millionen Pfund. Trotzdem gleicht jedes Match einer Schlacht, die Championship ist die härteste Liga der Welt. Besonders die Playoffs sind abartig nervenaufreibend. Auf das Finale am Samstag fiebert ganz England hin, für die Vereine geht es um 170 Millionen Pfund - so einem Druck musst du als Spieler oder Trainer erstmal Stand halten.

SPOX: Mit Hull City trifft der Tabellenvierte der regulären Saison auf Sheffield Wednesday, das vor den Playoffs mit großem Rückstand auf Hull auf dem sechsten Platz gelandet ist. Sind die Rollen klar verteilt?

Rösler: Ja, Hull konnte nach dem Abstieg aus der Premier League seine Mannschaft zusammenhalten und hat mit Steve Bruce einen überragenden Trainer. Er weiß mit seiner Erfahrung genau, worauf es in so einem Spiel ankommt. Er ist mit dem Team ganz knapp am direkten Aufstieg vorbeigeschrammt, aber man hat während der Saison gesehen, dass Hull eine enorme Qualität hat. Sie sind der klare Favorit.

SPOX: Klingt nach mission impossible für Sheffield. Ist es tatsächlich aussichtslos?

Rösler: Sheffield hat vor der Saison einen neuen Besitzer bekommen, der relativ schnell einen neuen Trainer geholt und den Kader neu zusammengestellt hat. Sie hatten zwar ihre Probleme, aber sie haben insgesamt über zehn Millionen Euro in Neuzugänge investiert und so wurde es besser. Mit einer starken Rückrunde haben sie sich in die Playoffs gekämpft und werden Hull im Finale alles abverlangen: Sheffield hat Granaten im Team wie zum Beispiel Fernando Forestieri und Gary Hooper, die jederzeit ein Spiel entscheiden können.

SPOX: Am Samstag sind alle Augen auf diese beiden Teams gerichtet. Welchen Stellenwert hat dieses Finale für die Fans?

Rösler: In England wurde dieser Modus bereits vor langer Zeit eingeführt und die Fans lieben die Playoffs. In diesem Spiel kannst du zum Helden werden - oder zum Deppen. Die Spannung ist für alle Fußballfans überragend, aber durch die Playoffs wird natürlich auch die Vermarktung angetrieben. Das Spiel wird global übertragen und am Nachmittag vor dem Champions-League-Finale haben die Fans normalerweise auch Zeit dafür, sich das Spiel anzuschauen.

SPOX: Welche Rolle spielt es für die Beteiligten, dass das Finale im Wembley stattfindet?

Rösler: Das Stadion ist fantastisch, es ist der heilige Gral des englischen Fußballs. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es als Beteiligter ein unfassbares Erlebnis ist, dort spielen zu dürfen. Die Stimmung ist unglaublich und als Spieler läuft und kämpft man automatisch doppelt so viel. Der heilige Rasen wird in diesen 90 Minuten brennen. Für den Verlierer ist das Wembley der einsamste Ort der Welt.

SPOX: Sheffield hat in der regulären Saison 15 Punkte weniger als Brighton gesammelt. Während Brighton bereits ausgeschieden ist, kann Sheffield noch aufsteigen. Ist der Modus nicht ungerecht?

Rösler: Wenn man sieht, wie lange Brighton um den direkten Aufstieg gespielt hat und jetzt mit leeren Händen dasteht, muss man das schon hinterfragen. Das ist nicht fair. Für mich sollte ein dritter Platz nach 46 Spieltagen zum Aufstieg berechtigen, aber das ist hier die Tradition und damit muss man sich arrangieren.

SPOX: Auf der anderen Seite scheint in England, verglichen mit der deutschen Relegation, im Vorfeld mehr Euphorie aufzukommen. Woran liegt das?

Rösler: Das ist dem System geschuldet: Das Finale ist das Spiel der Spiele und wichtiger als ein gewöhnliches Premier-League-Spiel. Im Vorfeld pushen die Medien das Ereignis extrem, diese Inszenierung ist einmalig.

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