Emanzipation England

Alvaro Negredo (l.) und Roberto Soldado kämpfen um einen Platz bei der WM 2014
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Mit Alvaro Negredo und Roberto Soldado wechselten zu Saisonbeginn zwei der besten spanischen Stürmer in die Premier League. Beide versuchten sich bei Real Madrid und scheiterten. Erst ein Neustart machte Negredo und Soldado zu dem, was sie heute sind. Die Geschichte findet ihre Fortsetzung nun auf der Insel.

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Am letzten Spieltag der vergangenen Saison kam es im Estadio Ramon Sanchez-Pizjuan zum Aufeinandertreffen der besten spanischen Torjäger. Während der FC Valencia und Roberto Soldado die Qualifikation zur Champions League selbst in der Hand hatten, ging es für Alvaro Negredos FC Sevilla im Prinzip um nichts mehr.

In einer spektakulären Partie war es dennoch Negredo, der das erste Ausrufezeichen setzte. Mit einem Doppelpack innerhalb von nur vier Minuten drehte er die Führung der Gäste. Dass Valencias Jonas nach einer Tätlichkeit kurz vor der Pause vom Platz flog, brachte zusätzlich Feuer in die Partie.

Soldado, damals Favorit auf den Gewinn der Auszeichnung zum besten spanischen Torschützen der Liga, schlug zurück und erzielte den Ausgleich. Dann kam wieder Negredo, der innerhalb weniger Minuten mit seinen Treffern drei und vier für die Vorentscheidung sorgte. Soldado gelang zwar noch der Anschluss, doch Sevilla siegte 4:3 und Valencias Traum lag in Trümmern. Mit einem Tor Rückstand hatte der Stürmer der Ches darüber hinaus auch im Kampf um die begehrte Zarra-Trophäe das Nachsehen.

Geteiltes Schicksal

Die Tatsache, dass beide Akteure weitaus mehr als dieser Abend verbindet, vermag angesichts ihrer Qualität kaum zu überraschen. Schließlich sind sie nahezu gleich alt, waren in der Primera Division absolute Leistungsträger und kämpfen seit Jahren um einen Platz in der Nationalmannschaft. Ihre gemeinsame Geschichte beginnt jedoch bereits viel früher.

In Valencia geboren, wechselte Soldado im Alter von 15 Jahren zu Real Madrid. Er durchlief die Jugendabteilungen und spielte ab 2002 für die zweite Mannschaft. Negredo, gebürtiger Madrilene, begann seine Karriere deutlich unscheinbarer bei Rayo Vallecano. Nach starken Leistungen in der Jugend sowie in der zweiten Elf, feierte er Anfang 2005 sein Debüt in der dritten Liga. Das Interesse der Königlichen war zu diesem Zeitpunkt längst geweckt und so ging es im Sommer auch für ihn zu Real.

In seinem ersten Jahr bei Real Madrid Castilla stand er zunächst im Schatten des drei Monate älteren Soldado, der sich mit seinen 19 Saisontoren bereits für höhere Aufgaben empfahl und ausgerechnet gegen Valencia seinen La-Liga-Einstand feiern durfte. In Abwesenheit seines Kontrahenten trumpfte Negredo auf. In seiner zweiten Saison traf er 18 Mal.

Letztlich gelang vor allem bedingt durch die extrem hohe Qualitätsdichte des Real-Kaders keinem der beiden der endgültige Sprung in die erste Mannschaft.

Über Umwege zum Star

Ein Schicksal, dass vor allem Soldado noch Jahre später beschäftigte: "Natürlich versucht man alles Mögliche, um in die erste Mannschaft zu kommen. Aber später siehst du, dass die Klubführung lieber Millionen in die Nachwuchsspieler anderer Länder investiert, anstatt den eigenen Nachwuchs zu fördern", kritisierte er die Vorgehensweise in Madrid.

Ein Neuanfang beinhalte jedoch immer eine Chance und so sei zu bedenken, "dass die Welt des Fußballs nicht bei Real Madrid endet" und es schließlich einige Spieler gebe, "die den Verein verlassen und sich woanders sehr gut schlagen."

Nach einem Zwischenstop auf Leihbasis bei CA Osasuna und einem zweiten Anlauf bei Real, der allerdings mit lediglich fünf Einsätzen und ohne Torerfolg wenig zufriedenstellend verlief, gelang Soldado beim FC Getafe der endgültige Durchbruch. Der Stürmer entwickelte sich zu einem der besten Torschützen der Liga und liebäugelte mit einer neuen Herausforderung. Als David Villa Valencia verließ, wechselte er in seine Geburtsstadt und trat dessen Nachfolge an.

Auch Negredo musste Madrid verlassen, um sein Glück zu finden. Nach zwei überzeugenden Jahren bei Aufsteiger UD Almeria nutzte Real zwar seine Rückkaufoption, doch hatte Manuel Pellegrini durch das massive Staraufgebot keine Verwendung für ihn. Aus diesem Grund ging es noch vor der Saison weiter nach Sevilla. Dort wurde aus ihm der Negredo, der er jetzt ist. Zwar waren beide Spieler inzwischen in der Liga mehr als etabliert, doch der ganz große Glanzpunkt fehlte ihnen.

Der nächste Schritt

Da sich Karrieren zumeist über Titel und Trophäen definieren und die Aussicht auf einen Wechsel zu einem der dominierenden Vereine Spaniens sehr gering war, blieb ihnen deshalb nur der Schritt raus aus der Komfortzone La Liga. Welches Ziel wäre, um Werbung in eigener Sache zu machen, in diesem Zusammenhang besser geeignet als die Premier League?

Für Negredo ging es zu Manchester City, wo er zusammen mit Sergio Agüero eines der aktuell besten Sturm-Duos der Welt bildet. Mit Jesus Navas, David Silva und Javi Garcia stehen zudem gleich drei weitere Spanier im Kader. Auch Soldado wagte den nächsten Schritt und wechselte zu Tottenham Hotspur.

"Wenn man sich die Premier League anschaut, denke ich, dass es sich um eine Liga handelt, die meiner Art Fußball zu spielen sehr entgegenkommt", zeigt sich Negredo zufrieden. Durch seine Entschlossenheit und starke Physis scheint er perfekt auf die Insel zu passen. Dass er ferner technisch versiert ist und sowohl für sich als auch für seine Mitspieler Chancen kreieren kann, rundet das Gesamtpaket ab.

"Ich kann mein Spiel anpassen", sagt Negredo, der nach 21 Ligaspielen bereits neun Treffer auf dem Konto hat. Da hinkt Soldado hinterher, er traf bislang fünf Mal. Die Umstellung sowie die Spielweise der Spurs machen ihm sichtlich zu schaffen: "Es ist wahr, dass die ersten Monate ziemlich schwierig waren. Man braucht Zeit, um sich einzugewöhnen. Aber das ist kein Grund dafür, dass ich nicht die Leistungen gebracht habe, die ich von mir selbst erwarte."

Brasilien als Ziel

Eine schnelle Anpassung wäre gerade im Hinblick auf die Nationalmannschaft vorteilhaft, stellt diese einen weiteren Grund für den Wechsel nach England dar. Sowohl Negredo als auch Soldado, der seit 2001 sämtliche Jugendabteilungen der Nationalmannschaft durchlief, wollen bei der Weltmeisterschaft in Brasilien in der Startaufstellung der Furia Roja stehen.

Bei der starken Konkurrenz durch Spieler wie Diego Costa, David Villa oder Fernando Torres wird dies kein leichtes Unterfangen. Der Umstand, dass Vicente del Bosque zumeist mit einer falschen Neun taktiert, lässt die Chancen abermals sinken. Allerdings existiert im Vergleich zu den vergangenen Jahren eine realistische Möglichkeit.

Speziell an Negredo dürfte aufgrund seiner aktuellen Verfassung nur schwer ein Weg vorbeiführen. Soldado hingegen droht das gleiche Schicksal wie bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren, als er im Kampf um eine Nominierung von Negredo ausgestochen wurde.

Alvaro Negredo im Steckbrief

Roberto Soldado im Steckbrief

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