"Ich würde gern gegen Per Mertesacker spielen"

Von Interview: Carsten Germann
Marcus Bent spielte von 2004 bis 2006 bei den Toffees: "Ich bin bis heute ein Fan des FC Everton"
© Getty

Ende letzten Jahres ging es auf die Spur von Sandokan. Marcus Bent (33) entschied sich für das ganz große Abenteuer und unterschrieb am 3. November 2011 einen Ein-Jahres-Vertrag beim indonesischen Erstligisten Mitra Kukar in Tenggarong in der Provinz Ost-Kalimantan. Bevor es ihn nach Asien zog, spielte Bent in England in seiner langen Karriere für 15 verschiedene Profiklubs und kann auf ein bewegtes Kicker-Leben zurückblicken.

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Der Stürmer aus London debütierte mit 18 im August 1996 bei Brentford FC. Danach wechselte er beinahe jährlich das Trikot. Zu seinen Stationen in der englischen Premier League gehörten Ipswich Town, die Blackburn Rovers, Leicester City, der FC Everton, Wigan Athletic und zuletzt 2010/2011 die Wolverhampton Wanderers. Bents Bilanz: 110 Tore in 570 Liga-Spielen. Nun also Asien. In Indonesien kämpft Bent nicht nur gegen die Hitze, sondern auch gegen einige Fußball-Mythen.

SPOX: Herr Bent, wie schmecken Ihnen die Cocktails in Indonesien?

Marcus Bent: (lacht) Nun, das ist ein bisschen verwirrend, man bekommt in diesem Land nicht überall Alkohol. Aber die Hauptstadt Jakarta ist westlicher orientiert und es gibt dort eine Menge Bars. Ich werde mal hinfahren und schauen, wie es dort so ist.

SPOX: In 16 Jahren als Fußballprofi haben Sie Großbritannien nie verlassen. Wie kamen Sie dazu, mehr als 7000 Kilometer fern der Heimat in Indonesien anzuheuern? Hat Sie die Premier League gelangweilt?

Bent: Das habe ich mich auch gefragt! Ich war so lange in England und bei so vielen Klubs, aber ich wollte mich verändern und eine neue Erfahrung machen. Was anderes erleben, eine unterschiedliche Kultur kennenlernen und eine andere Art Fußball zu spielen. Deshalb bin ich hierher gekommen. Ich hatte eine Reihe von Angeboten aus Australien und den USA, habe mit meiner Familie darüber gesprochen, mich dann für Indonesien entschieden. Ich bin froh, diesen Schritt gemacht zu haben.

SPOX: Warum gerade Indonesien? Andere Topspieler beenden Ihre Karriere in den USA oder in Katar...

Bent: Nun, ich hatte eine Menge Möglichkeiten, aber ich bin nach Indonesien gegangen, weil ich noch nie so weit weg war und weil ich das Leben und den Fußball hier einfach kennenlernen wollte. Auch, wenn beides in Europa nicht sehr bekannt sein mag. Aber es gibt hier sehr viel Potential und ich bin stolz darauf, den Wechsel gewagt zu haben. Ich bin sicher, dass in naher Zukunft noch weitere gute Spieler hierher kommen werden.

SPOX: Robbie Fowler spielt in Thailand, Nicolas Anelka, Paul Gascoigne und auch Marlon Harewood zog es nach China, Sie nach Indonesien - Ist ,"Go east" ein neuer Trend in der Premier League?

Bent: Ich glaube, dass Fußball eine Weltsprache ist. Es ist die Sportart Nummer eins in der Welt. Vielleicht nicht in allen Ländern, aber jeder Mensch kennt den Fußball und fast jeder will Fußball spielen. Ich war bereits mit meinem Ex-Klub Blackburn Rovers in Asien und ich muss sagen, dass sich die Ligen hier verbessert haben. Das Spiel ist hier sehr athletisch, obwohl es immer sehr heiß ist. Es ist sehr schwierig, hier zu spielen und zu trainieren.

SPOX: Bei "Sportsvibe.co.uk" sagten Sie, dass Ihnen die Sprachbarriere in Indonesien Schwierigkeiten macht. Welches sind die größten Unterschiede im Vergleich zu England und wie schwierig war die Umstellung für Sie?

Bent: Das ist wirklich lustig, aber die Umstellung war nicht wirklich schwer für mich. Klar, ich verstehe die Sprache nicht, aber viele Leute hier sprechen gebrochenes Englisch und somit gibt es kaum Übersetzungsprobleme. Ich habe versucht, Indonesisch zu lernen...

SPOX: Wirklich?

Bent: Ja, eine sehr schwere Sprache, aber die Menschen hier sind wunderbar, sie sind sehr professionell und wollen immer alles richtig machen. Das ist großartig.

SPOX: Welche Umstellung fiel Ihnen besonders schwer?

Bent: Puh, da gibt es einige! Das Essen hier hat es in sich. Einige Gerichte sind sehr scharf gewürzt - sogar beim Frühstück. In England habe ich Toast, Eier und Corn Flakes bevorzugt, hier gibt es schon am frühen Morgen Hähnchen. Aber, um ehrlich zu sein: Es gibt hier nichts, worüber ich mich beklagen kann. Ich bin hierhergekommen, um zu lernen und um die Kultur kennen zu lernen, also muss ich mich auch damit identifizieren.

SPOX: Welche Dinge, die Sie aus England kennen, vermissen Sie in Asien am meisten und was vermisst Marcus Bent in Indonesien überhaupt nicht?

Bent: Ich vermisse natürlich meine Familie und meine Freunde. Das einzige, worauf ich verzichten kann, ist das nasskalte englische Wetter. Aber: England ist nicht weit weg für mich, im Mai fliege ich zurück und das ist gar nicht mehr so lange hin. Wenn ich zurückkehre, kann ich sagen, dass ich hier eine tolle Zeit hatte.

SPOX: Macht Ihnen das Klima zu schaffen? Die Unterschiede zwischen Großbritannien und Asien sind gravierend.

Bent: Oh ja! Wir trainieren bereits um sieben Uhr morgens, weil die Hitze später zu groß ist. Das kann hier schnell 28 oder 35 Grad heiß werden - und momentan haben wir noch Regenzeit, sodass es danach noch heißer wird. Anfangs habe ich es kaum ausgehalten. Es ist immer noch hart für mich, aber ich gewöhne mich langsam daran.

SPOX: Außer Ihnen gibt es bei Mitra Kukar noch einen Spieler aus Serbien und einen Teamkollegen aus Kamerun. Alle anderen kommen aus Asien. Wie funktioniert die Kommunikation auf dem Platz und außerhalb?

Bent: Ich kann sagen, dass mindestens zehn Spieler aus unserem 26-Mann-Kader wirklich gut Englisch sprechen. Der Rest kann ein wenig Englisch. Außerdem ist unser Trainer Simon McMenemy (coachte 2010 die Nationalmannschaft der Philippinen, d. Red.) ein Engländer, sodass es nicht so schwer ist, wie die Leute vielleicht denken.

SPOX: Sie haben Ihren Transfer zu Mitra Kukar als "schräge Story" bezeichnet...

Bent: Es ist und bleibt verrückt. Ich saß letztes Jahr in England und konnte mir nie im Leben vorstellen, einmal für eine asiatische Mannschaft zu spielen. Ich wusste nicht viel über den Fußball in Asien - und ein paar Monate später spielte ich dort. Man sieht also, wohin einen der Sport führen kann.

SPOX: Die Klubs in Indonesien sind über alle Inseln verteilt. Müssen Sie mit dem Schiff zu den Auswärtsspielen fahren?

Bent: Ja, aber das ist kein Spaß. Es gab eine Brücke, die über das Meer zu unserem Stadion führte. Sie stürzte ein und viele Menschen verloren ihr Leben. Deshalb müssen wir momentan sogar die Fähre nutzen, um zu unserem eigenen Stadion in Tenggarong zu kommen. Wir nutzen das Schiff auch, um zu Spielersitzungen und Trainingseinheiten zu kommen. Das wird mir wohl auf ewig in Erinnerung bleiben.

SPOX: Wie muss man sich den fußballerischen Alltag in Indonesien vorstellen und wie sieht es an einem Spieltag aus?

Bent: Spieltage sind überall auf der Welt gleich. Aber wenn man sich aufmacht, um in Indonesien zum Stadion zu gehen, dann sieht man eine Menge Fans (18.000 im Schnitt, d. Red.), sehr viel Polizei und man hört viele Gesänge. Das ist aufregend und das ist fantastisch - und anders als in England, weil in Asien im Stadion bengalische Feuer abgebrannt werden dürfen. Das ist wie beim Karneval! Es ist ein Ansporn, der dich vorwärtsbringt und der dich inspiriert.

SPOX: Sie haben für sieben Klubs in der Premier League, in der stärksten Liga der Welt, gespielt. Mit Verlaub, die Strukturen in Indonesien sind mit Sicherheit weitaus weniger professionell. Sehen Sie Fußball immer noch als Job oder eher als ein bezahltes Hobby?

Bent: Es ist immer noch ein Job für mich. Ich habe England und meine Familie dort verlassen, obwohl ich es eigentlich nicht gebraucht hätte. Ich hatte genügend Angebote aus England. Aber ich wollte diese Erfahrung machen. Hier erwartet man von mir, dass ich gut spiele und dass ich Tore mache. Klar, das hier ist nicht die Bundesliga oder die Premier League, aber es gibt hier viele talentierte Spiele und der Standard ist gut.

SPOX: Sehen Sie sich als Botschafter?

Bent: Das würde ich nicht sagen, aber vielleicht sehen die Leute mich oder sie lesen dieses Interview und öffnen die Augen für den asiatischen Fußball.

SPOX: Haben Sie Pläne, nach Europa zurückzukehren?

Bent: Momentan genieße ich meine Zeit in Indonesien mit Mitra Kukar. Ich denke nicht, dass ich in Asien noch für ein anderes Team spielen werde, aber schauen wir mal, was das nächste Jahr so bringt.

Teil 2: Bent über seine Zeit in England, Robbie Williams und die "Three Lions"

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