Hleb: "Ich konnte meine Ansprüche nicht erfüllen"

Von Interview: Florian Regelmann
Alexander Hleb spielt seit August 2010 auf Leihbasis bei Birmingham City
© Getty

Um Alexander Hleb ist es in den letzten Jahren ruhig geworden. Der Weißrusse kämpft mit Birmingham City um den Klassenerhalt und ist aktuell weit weg von der großen Fußball-Bühne. Im SPOX-Interview spricht der 29-Jährige über seine Probleme, die beste Zeit seiner Karriere und eine nochmalige Rückkehr in die Bundesliga.

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SPOX: Man hat lange nichts mehr von Ihnen gehört. Deshalb die erste und wichtigste Frage: Wie geht's?

Alexander Hleb: Gut geht's, vielen Dank. Nach meiner längeren Verletzungspause befinde ich mich endlich wieder im Mannschaftstraining und bin auch zuversichtlich, dass ich bald wieder spielen kann. Ich habe mich auch bewusst gegen die Teilnahme an den Länderspielen mit der weißrussischen Nationalmannschaft entschieden, um hier in Birmingham weiter intensiv an meiner Fitness und Rückkehr zu arbeiten.

SPOX: Und unabhängig von der Gesundheit. Wie lebt es sich als Weißrusse in Birmingham?

Hleb: Birmingham ist eine schöne Stadt - ich fühle mich sehr wohl hier. Ich bin von Anfang an unheimlich gut aufgenommen worden, ganz egal ob von meinen Teamkollegen, den Vereinsmitarbeitern oder den Fans. Martin Jiranek ist zudem ein guter Freund geworden, mit dem ich auch abseits des Platzes viel unternehme. Er hat eine Zeit lang in Russland gespielt und spricht daher auch meine Sprache, was natürlich ein schöner Nebeneffekt ist.

SPOX: Sie kennen Weltstädte wie London und Barcelona, wie schneidet Birmingham im Vergleich ab?

Hleb: Natürlich kann man Birmingham nicht mit Barcelona oder London vergleichen, denn dort ist die Lebensqualität sicherlich noch ein Stück höher als hier. Aber die zweitgrößte Stadt Englands hat sehr schöne Ecken zu bieten. Ich muss aber an dieser Stelle zugeben, dass ich mich verstärkt auf gute Restaurants konzentriere. Ich lebe direkt in der Innenstadt und habe in unmittelbarer Nähe sehr viele Möglichkeiten, richtig gut essen zu gehen. Für mich ist genau das ein wichtiger Teil von Lebensqualität.

SPOX: Sportlich können Sie aber kaum mit Ihrer Entwicklung zufrieden sein, oder?

Hleb: Gut, da brauchen wir gar nicht lange um den heißen Brei herum reden. Ich bin nicht wirklich zufrieden, auch weil ich in der letzen Zeit immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde. Dadurch bin ich häufig ausgefallen, konnte nicht wie gewünscht Fuß fassen, in meinen Spielrhythmus kommen und der Mannschaft helfen. Ich weiß aber, was ich kann, und das möchte ich auch so schnell wie möglich wieder zeigen. Wenn ich jetzt aber auf die letzen zwei Jahre zurückblicke, dann muss ich feststellen, dass ich vor allem meine eigenen Ansprüche nicht erfüllen konnte.

SPOX: Wenn man wie Sie schon für Barca und Arsenal gespielt hat und jetzt für ein Kellerkind der Premier League am Ball ist, muss man auf den ersten Blick von einem sportlichen Abstieg sprechen. Sind Sie enttäuscht, wie es in den letzten Jahren gelaufen ist?

Hleb: So wie man die jeweiligen Städte nicht miteinander vergleichen kann, so ist das auch bei den genannten Mannschaften. Wenn man für Arsenal und Barcelona gespielt hat, dann ist Birmingham City auf den ersten Blick natürlich ein sportlicher Rückschritt. Ich bin aber keineswegs enttäuscht, denn ich wollte zurück auf die Bühne Premier League und auf hohem Niveau zeigen, was ich drauf habe. Diese Chance will ich bis zum Saisonende nutzen und natürlich mit meinen Blues den Klassenerhalt schaffen.

SPOX: Aber es gab vor einigen Jahren eine Phase, in der Bayern München sehr stark an Ihnen interessiert gewesen sein soll. Bereuen Sie, dass es mit diesem Wechsel nicht geklappt hat?

Hleb: Bayern München gehört ohne jeden Zweifel zu einem der besten Klubs in Europa, und genau aus diesem Grund ist es für jeden Fußballer eine große Ehre, wenn dann Interesse signalisiert wird. Doch ich denke nicht mehr darüber nach, befasse mich nicht mit all den Entscheidungen und was möglicherweise wie wann geworden wäre. Mein Blick richtet sich nach vorne, vor allem weil die nächsten Wochen in der Premier League entscheidend für uns sein werden und die gesamte Konzentration dafür benötigt wird.

SPOX: Was ist Ihrer Meinung nach der Grund, dass es für Sie in den letzten Jahren nicht mehr so gut gelaufen ist? Haben Sie sich selbst etwas vorzuwerfen?

Hleb: Wie schon gesagt ist es mir nicht mehr gelungen, meine bei Arsenal gezeigten Leistungen weiter so konstant zu zeigen. Es bringt jetzt aber auch nichts, zu lange nach den Ursachen zu suchen, denn ich muss mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Nur so viel: Ich brauche die Rückendeckung und das Vertrauen vom Trainer, so wie damals bei Arsene Wenger. Das ist für mich sehr sehr wichtig, um meine Top-Leistung bringen zu können.

SPOX: Was haben Sie in den letzten Jahren am meisten gelernt?

Hleb: In erster Linie habe ich gelernt, mit Rückschlägen umzugehen. Es ging lange Zeit nur bergauf, zuletzt war das nicht mehr der Fall. Ich war oft verletzt, habe nicht regelmäßig gespielt, all das sind wichtige Erfahrungen für mich gewesen.

SPOX: Auch wenn Sie verständlicherweise lieber nach vorne schauen wollen: War Arsenal Ihre schönste Zeit?

Hleb: Ich denke, dass Arsenal meine bislang beste Zeit als Fußballer war. Wenger ist ein sehr guter Trainer, bei dem ich in jeder Trainingseinheit unheimlich viel gelernt habe. Er hat mir von Anfang an sehr geholfen, gab mir viel Vertrauen und seine volle Rückendeckung. Unter ihm habe ich ein neues, sportliches Niveau erreicht, was letztendlich auch zum Angebot des FC Barcelona geführt hat.

SPOX: Was genau hat die Arsenal-Zeit für Sie ausgemacht?

Hleb: Da kann ich einiges aufzählen. In erster Linie natürlich die Mannschaft und das Trainerteam, aber nicht zuletzt auch die besondere Atmosphäre in Highbury mit einer super Stimmung und fantastischen Fans. Mit Fabregas und Flamini habe ich mich zudem wirklich sehr gut verstanden und wir stehen nach wie vor in Kontakt. Ein absolutes Highlight war auch das Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona, nur leider mit dem für uns falschen Ausgang.

SPOX: Dann lassen Sie uns auch positiv nach vorne schauen: Welche Ziele hat Alex Hleb in den nächsten Jahren?

Hleb: Ich möchte wieder spielen und meinen Teil dazu beitragen, dass wir am Ende der Saison den Klassenerhalt mit Birmingham City feiern können. Wir befinden uns momentan in einer schwierigen Situation, aber wir sind alle sehr zuversichtlich und überzeugt davon, dass wir uns befreien werden. Die Premier League ist eine super Liga, und hier will ich wieder zeigen, was ich drauf habe, wenn ich verletzungsfrei bleibe, und meinem Team helfen. Klar ist auch, dass ich in den nächsten Jahren wieder international spielen möchte.

SPOX: Die Frage, die kommen muss, Sie warten sicher schon drauf: Ist noch einmal eine Rückkehr in die Bundesliga vorstellbar?

Hleb: Die Bundesliga gehört sicherlich zu den interessantesten Ligen in Europa. Eine Rückkehr kann ich mir auf jeden Fall vorstellen, auch weil ich die Liga sehr gut kenne.

SPOX: Sie verfolgen bestimmt noch die Entwicklung beim VfB Stuttgart, was sagen Sie zu der unglaublich schwierigen Saison des VfB?

Hleb: Natürlich verfolge ich die Entwicklung beim VfB genau und schaue mir, wenn möglich, auch viele Spiele an. Im letzten Sommer musste der Verein einige wichtige Abgänge verkraften, die insgesamt schwer zu kompensieren waren. In der Rückrunde haben sie zuletzt ordentlich gepunktet und sich wieder heran gearbeitet. Jetzt gilt es, nicht nachzulassen, denn die Situation ist nach wie vor sehr bedrohlich. Doch die Mannschaft verfügt über genügend Qualität, um in der Bundesliga zu bleiben.

SPOX: Haben Sie Angst, dass der VfB absteigt?

Hleb: Auch wenn die aktuelle Lage sehr schwierig ist, habe ich keine Angst um den VfB. Ich bin überzeugt davon, dass sie die Klasse halten werden.

SPOX: Viel besser als beim VfB läuft es in Freiburg. Anton Putsila gilt als Ihr Nachfolger im weißrussischen Fußball. Was können Sie über ihn sagen?

Hleb: Allein der Blick auf die aktuelle Bundesliga-Tabelle zeigt deutlich, dass der SC Freiburg bislang eine sehr erfolgreiche Saison spielt. Anton Putsila ist ein guter Fußballer, der alles mitbringt, um irgendwann einmal auch den nächsten Schritt machen zu können. Ich wünsche ihm, dass er mit guten Leistungen weiterhin so auf sich aufmerksam machen kann, verletzungsfrei bleibt und auch das notwendige Glück hat, um in Zukunft auch auf Vereinsebene international zu spielen und sich damit ständig weiterzuentwickeln.

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