Philipp Lahm: Jose Mourinho "nahm dem Fußball den offensiven Geist"

Von SPOX
In den Augen von Philipp Lahm hat Trainer-Legende Jose Mourinho dem Fußball mit seiner Defensivtaktik "den offensiven Geist" genommen.
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In den Augen von Philipp Lahm (37) hat Trainer-Legende Jose Mourinho dem Fußball mit seiner Defensivtaktik "den offensiven Geist" genommen. Als Schöpfer des modernen Fußballs benannte der Weltmeister von 2014 neben Mourinho aber auch Pep Guardiola - und eine italienische Legende.

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Für Lahm ist der moderne Fußball in den 80er Jahren entstanden, wie er in seiner Kolumne in der Zeit mit dem Titel "Schöpfer des modernen Fußballs" erklärte: "Die entscheidende Innovation des modernen Fußballs geht auf Arrigo Sacchi zurück. Er erfand das bis heute gültige Betriebssystem, das Microsoft des Fußballs, ohne das nichts funktioniert: die ballorientierte Raumdeckung."

Auch der FC Bayern hätte seinen eigenen Sacchi gehabt, fuhrt Lahm fort: "Unser Sacchi hieß Björn Andersson, der in den Siebzigerjahren mit Bayern den Europapokal gewonnen hatte. Er begegnete uns Nachwuchsspielern nicht autoritär, sondern auf Augenhöhe. Mit dieser skandinavischen Pädagogik gab der Schwede meiner Generation einen neuen Führungsstil, flache Hierarchien, Diskussion, Beteiligung, mit auf den Weg."

Sir Alex Ferguson, Louis van Gaal, Jupp Heynckes, Vincent del Bosque, Ottmar Hitzfeld und Frank Rijkaard hätten diesen Stil aufgegriffen und wären dadurch so erfolgreich gewesen, so Lahm weiter. "Und dann kam Jose Mourinho. Er legte Sacchi extrem defensiv aus, ließ in der eigenen Hälfte ballorientiert verteidigen. Seine Doktrin des modernen Catenaccio nahm dem Fußball den offensiven Geist", analysierte der 113-malige deutsche Nationalspieler. "Mit dem Außenseiter FC Porto triumphierte er 2003 im UEFA-Cup und 2004 in der Champions League. In dieser Zeit sprachen alle vom Spiel gegen den Ball."

Mourinho habe "die Gefahr des Gegentors" minimiert. "Dank hochgradiger Organisation und physischer Stärke gelangen seinen Teams kuriose Abwehrleistungen. So baute er mit Inter Mailand im Halbfinale 2010 in Barcelona eine menschliche Barrikade um den Strafraum. Seine Teams lauern auf den Ballverlust, diesen Moment der Verletzlichkeit nutzen sie, um mit wenigen Spielzügen überfallartig vors Tor zu gelangen. 2010, im Finale gegen Inter, wurden wir Bayern ausgekontert", erinnerte sich Lahm.

Anschließend habe man die "Hochphase des Ballbesitz" erlebt, die auf Pep Guardiola zurückzuführen sei. Lahm beschreibt diesen Stil wie folgt: "Guardiola griff an. Er ließ die romantische Ideologie vom totalen Fußball, mit der Cruyff in den Neunzigern an Grenzen gestoßen war, in Barcelona zur neuen Blüte reifen. Er wollte die komplette Spielkontrolle, seine Elf schnürte den Gegner in der Angriffshälfte ein - und wenn der Ball mal verloren ging, sollte sie ihn vorne zurückerobern. So erstickt man den Aufbau der anderen, es entsteht eine Daueroffensive."

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