Welttrainerin Silvia Neid wird 60: Holt sie die WM nach Deutschland?

SID
Kein Name ist mit dem Aufstieg des Frauenfußballs in Deutschland so untrennbar verwoben wie der von Silvia Neid.
© imago images / Rene Schulz

Ex-Bundestrainerin Silvia Neid mischt abseits des Rampenlichts noch immer kräftig mit. Zu ihrem 60. Geburtstag hegt die Ikone des deutschen Frauenfußballs einen großen Wunsch.

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Erst Mallorca, dann Bangkok: Silvia Neid jettet derzeit nur umher. Auf einer Finca feiert die langjährige Fußball-Bundestrainerin am Donnerstag ihren 60. Geburtstag, mit guter Gesellschaft und leckerem Essen ist das Tradition. "Da habe ich schon meinen 50. und meinen 55. verbracht, jetzt muss nur die Sonne scheinen", erzählt sie gut gelaunt im SID-Gespräch.

Nach der Insel-Sause geht es nach Thailand. Dort wird beim FIFA-Kongress am 17. Mai die Frauen-WM 2027 vergeben, Deutschland hat sich im Verbund mit den Niederlanden und Belgien beworben. Und wer als Spielerin, Assistentin und Bundestrainerin an allen elf Titelgewinnen des deutschen Frauen-Nationalteams beteiligt war, ist doch die beste Botschafterin für das Großprojekt.

Der Zuschlag wäre das "perfekte" Geschenk, findet sie. "Wir haben eine Spitzenbewerbung abgegeben, sorgen hier für Nachhaltigkeit und kurze Wege", schwärmt Neid. Und die Chancen sind am Montag noch einmal erheblich gestiegen: Die USA und Mexiko zogen ihre gemeinsame Bewerbung zurück. Brasilien ist noch im Rennen, gilt aber eher als Außenseiter.

Die dreimalige FIFA-Welttrainerin und Bundesverdienstkreuz-Trägerin mischt also hinter den Kulissen noch immer mit. Seit sie sich mit Olympia-Gold in Rio 2016 zum krönenden Abschluss ihrer elfjährigen Ära als Bundestrainerin verabschiedete, leitet sie beim Deutschen Fußball-Bund die Frauen-Scoutingabteilung. Trends aufspüren, das ist ihre Kernaufgabe.

"Dynamik" war zuletzt eines der großen Stichworte. Eine Qualität, an der es den DFB-Frauen beim WM-Fiasko im Vorsommer mangelte. Für die anstehenden Olympischen Spiele (25. Juli bis 11. August) ist Neid zuversichtlich, dass unter Horst Hrubesch ein Erfolg gelingt. "Sie haben die Qualität und ich traue ihnen zu, dass sie um eine Medaille mitspielen." Zumal auch starke Teams fehlen, wie die von Neid sehr geschätzten Engländerinnen.

Die Lionesses hätte sie auch trainieren können, eine Anfrage lag vor. Doch Neid trat nach 20 Jahren als Verbandstrainerin, die trotz WM-Triumph 2007 und den EM-Titeln 2009 und 2013 als Chefin auch gehörig Kritik einstecken musste, auf die Bremse: "Ich war dann echt platt. Jetzt habe ich weniger Druck und Stress." Angebote von Vereinen und Verbänden erhält sie aber noch immer.

Doch der letzte Tanz im Maracana war für sie das Happy End: "Ich danke dem lieben Gott dafür, dass ich so aufhören durfte." So gerne sie in solch "unvergesslichen" Erinnerungen aus ihrem Leben für den Fußball schwelgt - Neid beschäftigt auch die Zukunft.

Dass Christian Wück und Co-Trainerin Maren Meinert nach den Sommerspielen übernehmen, gefällt ihr. "Wir müssen was bewegen, uns taktisch weiterentwickeln. Dieses Trainerteam wird dafür sorgen, das wir erfolgreich sind und Titel gewinnen."

Wie es geht, haben beide schon mit DFB-Nachwuchsteams gezeigt. Und Neid erkennt bei Meinert womöglich etwas von ihrem eigenen direkten, disziplin-orientierten Führungsstil wieder. "Es gab einfach für alle dieselben Regeln. Auch für mich. Und", betont Neid, "ich war immer echt."

Dazu erzählt sie lachend eine Anekdote von einer Länderspielreise nach Irland vor 18 Jahren. Auf dem Weg zum Training wurde ihr nach Spiegeleiern flau im Magen. Ein irischer Zeugwart bot als Arznei um 10 Uhr morgens Whiskey an - Neid griff zu. Nur wenig später korrigierte sie ihre Schützlinge schon wieder bei den Übungen. Die damalige Nationalspielerin Kerstin Stegemann rief scherzhaft warnend: "Es geht ihr wieder gut, Leute!"

In der Gegenwart steht bald schon die nächste Reise an, wenn Neid bei den Sommerspielen in Frankreich als Scout vor Ort ist. Falls es am Ende im Deutschen Haus wieder Edelmetall zu feiern gibt, wäre sie gerne dabei. "Ich sollte meine Goldmedaille mitnehmen", scherzt Neid, "damit bekommt man doch sicher freien Eintritt."