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Frauen-WM: Aufregung um Sambia-Kapitänin Banda

SID
Frauen-WM 2023
© getty

Sambias Starspielerin Barbra Banda hat zuletzt die deutsche Abwehr im WM-Test vor große Probleme gestellt. Der Testosteronwert der Kapitänin sorgt allerdings für Gesprächsstoff.

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Weniger als zwei Wochen ist es her, da lief Barbra Banda in Fürth allen davon. Die pfeilschnelle Ausnahmefußballerin aus Sambia entpuppte sich für die deutsche Defensive um Kathrin Hendrich und Torhüterin Merle Frohms gleich mehrfach als unaufhaltsam, trug mit ihren beiden Toren entscheidend zum 3:2-Überraschungscoup gegen die hochfavorisierten Vize-Europameisterinnen bei und sorgte für eine verpatzte deutsche WM-Generalprobe.

Ganz im Gegensatz zum WM-Neuling, der neben Marokko, Nigeria und Südafrika als eines von vier afrikanischen Teams zur Endrunde in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) reiste. Denn sportlich gelang der Feinschliff für die Weltmeisterschaft, und doch lodert ein Störfeuer rund um das Lager des Weltranglisten-77. aus Sambia. Der Grund? Der Testosteronwert von Kapitänin Banda.

In der Regel findet sich jenes Sexualhormon hauptsächlich im männlichen Körper und nur in geringen Mengen im weiblichen. Bei Banda jedoch ist das natürlich produzierte Level sehr hoch - und wirkt sich möglicherweise auf die sportlichen Leistungen aus.

"Gerade im Sprint-, Sprung- und Schussbereich ist ein besserer Muskelaufbau bei hohen Testosteronwerten schon ein Vorteil", sagte Sportmediziner Wilhelm Bloch, Professor an der Deutschen Sporthochschule in Köln, im SID-Interview.

Sambia kam bis ins Halbfinale beim Afrika-Cup

Doch wie damit umgegangen werden soll, darüber ist sich die Fußballwelt uneins. "Das Problem", so Bloch, "es gibt bei vielen Verbänden keine klaren Richtlinien. Wir schwimmen momentan über dieses Thema hinweg."

Die Angelegenheit ist sehr komplex und schwierig. Bloch: "Es geht auch darum, dass man niemanden ausschließen will. Aber man muss auf der anderen Seite auch sehen, dass Testosteron den Muskelaufbau fördert und zu Leistungsverbesserung führen kann. Dann ist es eine Frage, wie weit Frauen-Wettkämpfe noch 100 Prozent fair sind - je nachdem, was für Anforderungen beim Sport gegeben sind."

Die Afrikanische Fußball-Konföderation CAF gab im Sommer 2022 beim Afrika-Cup der Frauen in Marokko Banda keine Spielerlaubnis, trotzdem schaffte es Sambia auch ohne die beste Spielerin der Auswahl bis ins Halbfinale und wurde Turnierdritter. Laut CAF habe Banda ein "Geschlechtsüberprüfungsverfahren" nicht bestanden.

Der Weltverband FIFA lässt indes Banda Down Under spielen. "Das ist eine ganz harte Entscheidung, die ich glücklicherweise nicht treffen muss", äußerte Bloch, "im Sinne der Fairness für alle Fußballerinnen und Sportlerinnen denke ich, dass es sinnvoll ist, auch da Grenzwerte einzuziehen."

Vorwürfe eine Diskriminierung?

Erst vor Wochenfrist hatte der Fall der südafrikanischen Leichtathletin Caster Semenya für Schlagzeilen gesorgt. Sie feierte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg einen Etappensieg.

Ihre Klage gegen die Schweiz wegen eines Urteils des Bundesgerichts des Landes war erfolgreich, Semenya sei diskriminiert worden, urteilten die Richter mit einer 4:3-Mehrheit. Die umstrittene Testosteron-Regel des Leichtathletik-Weltverbandes World Athletics (WA) wurde damit keineswegs ausgehebelt. Und das Urteil hat für die 32-Jährige weitgehend nur symbolischen Charakter, da es die WA-Regel an sich nicht infrage stellt und Semenya damit auch keine Rückkehr geebnet wird.

Bloch betonte indes im Fall Semenya: "Ich würde auch sagen, dass es eine Diskriminierung ist. Die Frage ist: Wie kommen wir da raus? Darauf gibt es eigentlich keine klare Antwort." Generell ist der Diskurs nach wie vor sehr kontrovers. "Ich glaube, wir kommen aus der Diskussion nicht raus. Wir werden uns auch in zehn, 15 oder 20 Jahren mit dem Thema beschäftigen."

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