"Mein Vorbild ist Pavel Nedved"

Von Interview: Daniel Riedmüller
Vor ihrem Wechsel nach Duisburg lehnte Alexandra Popp ein Angebot von Olympique Lyon ab
© Getty

Alexandra Popp ist der Shooting-Star des deutschen Frauenfußballs. Im Sommer wurde sie Torschützenkönigin und beste Spielerin der U-20-Weltmeisterschaft - und holte mit der Mannschaft schließlich auch den Titel. Im SPOX-Interview spricht die 19-Jährige über ihre steile Karriere, die kommende A-WM im eigenen Land sowie ihr Vorbild Pavel Nedved.

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SPOX: Alexandra Popp, wir erwischen Sie kurz vor dem Training. Sie scheinen einen vollen Terminkalender zu haben...

Popp: Ja, das ist ganz normal, das ist manchmal ganz schön stressig alles.

SPOX: Sie leben ja auch auf der Überholspur: Sie sind gerade 19 Jahre alt, sind Junioren-Europameisterin und -Weltmeisterin, haben den Goldenen Ball und den Goldenen Schuh, Sie sind UEFA-Cup-Siegerin und zweifache DFB-Pokal-Siegerin - und das alles innerhalb von zwei Jahren. Erschrecken Sie manchmal selbst vor Ihrer enormen Karriere?

Popp: Wenn ich so drüber nachdenke und mich die Leute darauf ansprechen, dann erschrecke ich schon. Ich habe einfach überhaupt nicht damit gerechnet. Ich wollte mich nur gut entwickeln. Damals bin ich aus der Verbandsliga in die Bundesliga gewechselt und war dann gleich im ersten Jahr Stammspielerin in Duisburg.

SPOX: Damit hatten Sie nicht gerechnet?

Popp: Ich bin da mit einer völlig anderen Einstellung rangegangen: Jetzt schnupperst du da mal ein bisschen rein und holst dir deine 20-Minuten-Einsätze ab. Aber alles kam anders. Durch die vielen Spiele, aber auch durch die guten Mitspieler in Duisburg wie zum Beispiel Inka Grings oder Linda Bresonik, habe ich mich rasant entwickelt. Und an der Seite von so erfahrenen Spielerinnen ist es natürlich einfacher. Da kann man auch mal Fragen stellen.

SPOX: Viele Ihrer Kolleginnen haben Nebenjobs oder studieren. Wie sieht das bei Ihnen aus: Nach dem Fachabitur jetzt ein Studium?

Popp: Ich mache gerade ein Jahrespraktikum in einer Physiotherapie-Praxis. Das ist eine Art Vorbereitung auf ein Studium. Das Praktikum habe ich so gewählt, da meine Chefin dort auch gleichzeitig meine Physiotherapeutin bei Duisburg ist.

SPOX: Das schaffen sie alles neben dem Fußball?

Popp: Ich bin sehr dankbar, denn ich habe viele Freiheiten und kann fast alle meine Termine im Fußball parallel wahrnehmen. Volle Konzentration auf Fußball ist das momentan nicht bei mir, das wäre mir auch ein bisschen zu risikoreich.

SPOX: Bei den Männern haben die Topstars nach Ihrer aktiven Karriere in der Regel ausgesorgt: Vergleichen Sie manchmal den Hype und das große Geld?

Popp: Man kennt ja die Relationen im Männer-Fußball, aber ich bin nicht neidisch. Es ist natürlich schade, dass wir Frauen nicht so viel Geld bekommen. Aber vielleicht ändert sich das ja nun ein bisschen nach der WM in Deutschland.

SPOX: Was fehlt dem Frauenfußball gegenüber den Herren der Schöpfung?

Popp: Vor allem fehlt es an Popularität, die Medien ziehen noch nicht so mit. Zum Beispiel ist es von Nachteil, dass die meisten Spiele nicht live übertragen werden, sondern nur in Aufzeichnungen und Ausschnitten. So ist es natürlich als Zuschauer und Fan schwer.

SPOX: Was halten sie von der Idee, wie im Tennis ja üblich, mal ein Mixed-Game zu veranstalten?

Popp: Ich wäre sofort dabei! Neue Wege, um den Frauenfußball in die Öffentlichkeit zu bringen, sind immer gut.

SPOX: Sie sind in Witten geboren, haben bei Silschede und Recklinghausen gespielt und jetzt in Duisburg. Stimmt es, dass Sie ein Angebot von Olympique Lyon ausgeschlagen haben, um in Ihrer Heimat zu bleiben?

Popp: Ja, das ist richtig. Ich bin sehr familienverbunden und noch sehr jung. Eine neue Sprache, ein neues Land, das wäre für mich zu früh gewesen. Ich glaube nicht, dass das gut gegangen wäre. Es war definitiv die richtige Entscheidung, in der Heimat zu bleiben. Ich bin hier sehr glücklich.

SPOX: Duisburg gilt zumindest in der Bundesliga ein bisschen als das Schalke des Frauen-Fußballs, der ewige Zweite. Wann platzt der Knoten?

Popp: Wir haben einen guten Kader und hoffen darauf, dass es dieses Jahr endlich klappt, aber man sieht auch, dass die anderen Mannschaften nicht nachlassen. Es wird ganz schwer. So eng, wie es da jetzt schon wieder zugeht, kann man keine Prognosen abgeben.

SPOX: Sie selbst werden von Ihren Trainerinnen sowohl im Sturm als auch in der Abwehr eingesetzt: Was liegt Ihnen mehr?

Popp: Mir macht es mehr Spaß, im Sturm zu spielen. Da habe ich mehr Freiheiten und kann mein Spiel mit der Mannschaft zusammen aufziehen. Ich spiele aber natürlich auch in der Viererkette, wenn die Trainerin mich dort aufstellt. Ich stelle keine Ansprüche, sondern bin einfach nur froh, wenn ich im Kader und in der Stammelf stehe. Ich versuche, überall mein Bestes zu geben.

SPOX: Haben Sie ein persönliches Vorbild aus dem Fußball?

Popp: Ganz klar Pavel Nedved!

SPOX: Ein ganz anderer Spielertyp als Sie...

Popp: Das stimmt so nicht ganz. Er kam ja über das linke Mittelfeld und da komme ich eigentlich auch her. Gerade bei der U 15, U 16 und auch manchmal noch bei der U 17. Da bin ich immer über den linken Flügel gekommen. Aus dieser Zeit kommt das noch. Seine große Persönlichkeit auf und neben dem Platz hat mich immer begeistert.

SPOX: Sie haben selbst als Persönlichkeit ganz entscheidend die U-20-WM im Sommer geprägt. An was erinnern Sie sich, wenn sie zurückdenken?

Popp: Eigentlich erinnere ich mich an die gesamte Zeit und nicht an einen besonderen Moment. Wir haben eine super WM gespielt und das war der Knackpunkt. Im Jahr zuvor haben wir mit dem gleichen Kader bei der EM versagt. Wir haben mit der Mannschaft so hart gearbeitet, dass wir eine Einheit geworden sind. Das hat sich dann mit dem Titel ausgezahlt. Darüber denkt man eigentlich am meisten im Rückblick nach: Was wir alles dafür getan haben, um diesen Titel zu holen.

SPOX: Sie schreiben auf Ihrer Homepage, dass es fast kein schöneres Gefühl geben kann, als den WM-Pokal in den Händen zu halten. Was könnte ein noch schöneres Gefühl auslösen?

Popp: Ich bin ja noch am Anfang meiner Karriere und ich hoffe, dass da noch einiges dazu kommt. Zum Beispiel auch der WM-Titel nächstes Jahr. Mein Traum ist es, irgendwann mal mit der A-Nationalmannschaft einen Titel zu holen. EM, WM oder vielleicht sogar Olympia, egal. Ich will alle Highlights erreichen und es macht einfach Spaß, hinterher den Pokal in den Händen zu halten.

SPOX: Seit 2006 durchlaufen Sie alle Stationen der DFB-Nachwuchsmannschaften. Anfang des Jahres erfolgte dann der Sprung in die A-Elf. Wie schwer war die Umstellung?

Popp: Das war natürlich was anderes. Das Spieltempo war viel schneller als sonst, da hat man zwischendurch schon mal hinterher geschaut. Hinter Ball und Spielerinnen. Das war eine krasse Umstellung.

SPOX: Sieben Spiele, drei Tore. Kann sich aber doch durchaus sehen lassen...

Popp: Ich glaube, ich habe mich da mittlerweile gut eingefunden und es macht total Spaß dort zu spielen

SPOX: Was erwarten Sie sich nun von der WM 2011 im eigenen Lande? Bekommt der Frauenfußball einen Schub?

Popp: Ich denke, es könnte ein Sommermärchen werden. Wir haben mit der U 20 einen guten Anfang gemacht. Vor allem, was die Fans und den Zuschaueranspruch angeht. Das könnte schon was Tolles werden. Man merkt das ja auch jetzt schon an den Verkaufszahlen für die WM-Spiele. Die Fans freuen sich auf dieses Event.

SPOX: Und sportlich? Was können Sie mit der Nationalmannschaft erreichen?

Popp: Ich glaube, wir können den Titel holen. Natürlich merkt man, dass die anderen Nationen auch gut arbeiten und sich weiterentwickeln. Aber wir hören ja nicht mit unserer Entwicklung auf. Bei uns geht es auch voran. Wir trainieren viel und bereiten uns auf das große Ziel vor. Unser Ziel ist ganz klar den Titel in Deutschland zu halten.

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