Tschechen bejubeln ihr "Märchen"

SID
Tschechien, Jubel
© Getty

Prag - Die tschechischen Fußball-Fans rieben sich nach einem "böhmischen Märchen" fast schon verwundert die Augen - und der verletzte Kapitän nahm das Happy-End in der EM-Qualifikation als Vorwort für eine neue Erfolgsgeschichte. 

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"Wir spielen jetzt anders als früher, aber wir werden wieder gefährlich für die Europameisterschaft", prophezeite Mittelfeldregisseur Tomas Rosicky und erinnerte damit an den K.o.-Schlag einer besseren tschechischen B-Elf gegen Deutschland bei der EM 2004 in Portugal.

Diesmal waren beide Teams ersatzgeschwächt angetreten, doch während Lukas Podolski & Co. ihre Chance beim 0:3 (0:2) überhaupt nicht nutzen konnten, trumpften bei den Tschechen ausgerechnet unerfahrene Spieler wie Marek Matejovsky (4. Länderspiel) groß auf. "Er hat das Spiel genossen, er hat super gearbeitet. Die neuen Spieler sind große Arbeiter und geben alles für die Mannschaft", lobte Künstler Rosicky.

Nicht nur der Mittelfeldmann vom FC Arsenal musste beim "Hauptdarsteller Tschechien" (Bundestrainer Joachim Löw) wegen einer Oberschenkelverletzung zuschauen, auch Leistungsträger wie Marek Jankulovski (AC Mailand) oder Milan Baros (Olympique Lyon) fehlten.

Mit Rosicky noch besser 

"Das Beste: Mit Rosicky und anderen kann das Team noch besser werden", schrieb am Donnerstag die Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" und stimmte eine wahre Lobeshymne an. "Deutschland gegen Tschechien 0:3. Eine Fata Morgana? Pure Fantasie? Nein, ein böhmisches Märchen! Nach einem Jahr der Affären und der Kritik an der Taktik gelang mit fast einem halben Dutzend Ersatzspielern der erste Sieg in Deutschland seit 1964."

Coach Karel Brückner wartete in der Münchner Arena allerdings im Gegensatz zum Hinspiel mit einer anderen Taktik auf. Die spielstarken Osteuropäer machten hinten geschickt die Räume zu und versuchten allen voran durch die weiten Abschläge von Keeper Petr Cech zum Erfolg zu kommen.

"In der Vergangenheit haben wir alles mit unserem super offensiven Fußball geschlagen. Jetzt ist das ein bisschen anders. Jetzt spielen wir mehr aus der Tiefe und versuchen alles eng zu machen", verriet Rosicky das Erfolgsrezept des Trainers, der am Ende stolz der durch die 6.000 mitgereisten Fans vorgetragenen tschechischen Hymne lauschen durfte.

Position von Brückner gestärkt 

"Hut ab vor diesen Spielern. In München gegen Deutschland zu gewinnen, das ist schon eine enorme Genugtuung", sagte der 67 Jahre alte Trainer, der den starken Matejovsky fast aus dem Nichts wie die tschechische Fantasiefigur Pan Tau mit ihrer Melone herbeigezaubert hatte. "Wir haben gegen einen großen Gegner gewonnen, das bewerte ich sehr hoch."

Die Position Brückners, über dessen sofortige Nachfolge der Verband schon mit Lothar Matthäus verhandelt haben soll, wurde zweifellos gestärkt. Als erster tschechischer Trainer hat er die Nationalmannschaft zu drei großen Turnieren nacheinander geführt, und dasselbe gelang ihm zuvor mit der tschechischen U 21.

Während in Deutschland die große EM-Euphorie erstmals Ernüchterung weichen musste, freuen sich jetzt die Tschechen auf die Euro 2008. "Haben sich die Tschechen in München endgültig wieder in jenen Rausch gespielt, der sie bereits bei der EM 2004 auf den dritten Platz trug? Schwer zu sagen. Aber eins ist sicher: 'Brückners alte Herren' haben noch nicht ihr letztes Wort gesagt", so die Tageszeitung "Lidove noviny". 

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