Junge Russen planen Sturm an die Spitze

SID
Fußball, EM, Russland, Schweden, Guus Hiddink, Andrej Arschawin
© DPA

Innsbruck - Russlands "Schülermannschaft" hat mit "summa cum laude" die Versetzung in die K.o.-Runde geschafft und ihrem Lehrer Guus Hiddink zugleich das Traumduell gegen sein Heimatland beschert.

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"Ich bin sehr stolz auf mein junges, unerfahrenes Team", stellte der kritische Niederländer seinen Schützlingen nach dem souveränen 2:0 (1:0)-Sieg gegen schwache Schweden ein hervorragendes Zeugnis aus.

"Gegen Spanien haben wir teilweise schülerhaft und naiv gespielt, heute dagegen wie Erwachsene." Seine Mannschaft habe innerhalb weniger Tage "Riesenfortschritte gemacht und modernen Fußball" geboten. Dem hatte die skandinavische Seniorentruppe mit ihrem antiquierten Stil nichts entgegenzusetzen.

Ibrahimovic geht unter

Symptomatisch für die Dominanz der jungen Russen im "Gruppen-Endspiel" von Innsbruck um den Einzug ins Viertelfinale war das Duell der beiden "Zehner". Andrej Arschawin entschied diesen Vergleich mit dem durch seine Knieverletzung sichtlich gehandicapten Zlatan Ibrahimovic haushoch zu seinen Gunsten.

"Ein intelligenter Spieler, der blitzschnell erkennt, wie er Gefahr erzeugen kann. Arschawin kann den Unterschied ausmachen", lobte Hiddink den zuvor rot-gesperrten Parade-Stürmer vom UEFA-Pokal-Sieger St. Petersburg nach dessen rauschender EM-Premiere.

"Wir wissen, dass Andrej ein toller Spieler und wichtig für uns ist", sagte Russlands einziger Legionär Iwan Saenko vom Bundesliga-Absteiger 1. FC Nürnberg.

Arschawin bleibt bescheiden

Nicht von ungefähr kürten die Experten Arschawin zum "Man of the Match". Als Schaltzentrale, Tempomacher und Torschütze des 2:0 (50. Minute) nach Roman Pawljutschenkos Führung (24.) bestimmte der Wirbelwind den rasenden Rhythmus der Russen.

Als der wie ein Schulbub wirkende 27-Jährige vor der Pressekonferenz schüchtern den Pokal für die Auszeichnung entgegennahm und ein kaum hörbares "Danke" stammelte, konnte man sich kaum vorstellen, dass er zu solchem Power-Fußball fähig ist.

Später versicherte Arschawin, er werde sich noch mehr freuen, wenn "wir Trainer Hiddink den größten Wunsch erfüllen und einen Sieg über die Niederlande schenken können. Das wird aber schwer, denn sie sind das beste Team des Turniers."

Elftal ist ausgeruhter

Für Hiddink wird der Viertelfinal-Vergleich mit den Niederlanden am Samstag in Basel (20.45 Uhr) eine große Herausforderung und ein emotionales Familientreffen. "Ich freue mich riesig darauf, aber das wird sehr schwer", sagte der 61-Jährige.

Seine Schützlinge hätten nur zwei Tage Pause und müssten dringend regenerieren. Die gegen Rumänien nur mit einer B-Elf angetretene "Elftal" könne sich dagegen fünf Tage lang auf die Partie vorbereiten.

"Das ist ein bisschen ein Problem für uns", meinte Hiddink, dessen Vorteil seine intimen Kenntnisse über den Kontrahenten sein könnten. Als Bondscoach von 1995 bis 1998 prägte er den offensiven Stil der Oranjes wesentlich: "Ich kenne den Trainer und viele Spieler gut."

Zurück in die Spitze

Die bei diesem Turnier bislang den stärksten Eindruck hinterlassenden Niederländer könnten für die "Sbornaja" noch eine Nummer zu groß sein. Ein rauschendes Fußball-Fest dürfte die Partie dank der modernen, offensiven und dynamischen Spielweise beider Mannschaften auf jeden Fall werden.

Hiddink traut seinen Musterschülern zu, in einigen Jahren "eine der führenden Fußball-Nationen werden zu können", sofern bestimmte Bedingungen erfüllt würden: "Die Verbandsverantwortlichen müssen die Infrastruktur verbessern und für die Jugend eine moderne Ausbildung sicherstellen."

Aber schon dieser erste Einzug Russlands in die K.o.-Runde seit 20 Jahren sei ein Riesenerfolg.

Lobeshymnen aus der Heimat

Die heimische Presse überschlug sich in Lobeshymnen: "Wir haben erst den ersten Schritt getan, um die übrige Welt einzuholen, die sich seit 1988 weit von uns entfernt hat", schrieb "Sowjetski Sport".

Vor 20 Jahren hatte die damalige Sowjetunuion das EM-Endspiel in München gegen die Niederlande 0:2 verloren.

Larsson will helfen

Schweden ist dagegen für seine Steinzeit-Kickerei bestraft worden. "Ich bin sehr traurig", bilanzierte der etwas ratlos wirkende Lars Lagerbäck.

Die Kritik, er habe mit seiner Rentnerband den Generationswechsel verpasst, konterte der Coach: "Die neue Generation kommt."

Stürmer-Star Henrik Larsson, mit knapp 37 der zweitälteste Feldspieler dieser EM, deutete an, einem Neuanfang nicht im Wege stehen zu wollen.

"Wenn man mich auch weiterhin in der Nationalmannschaft brauchen sollte, werde ich nicht zurücktreten."