EM

Rooney köpft England ins Viertelfinale

Von Fatih Demireli / Frank Oschwald
Wayne Rooney traf in seinem ersten EM-Spiel gleich zum 1:0
© Getty

Auch der zweite Co-Gastgeber der EURO 2012 ist bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Die Ukraine verlor in Donezk gegen England mit 0:1 (0:0) und muss die erste EM-Teilnahme frühzeitig beenden. England trifft im Viertelfinale auf Italien.

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Wayne Rooney (48.) köpfte in seinem ersten EM-Spiel Englands Siegtor. Der Star von Manchester United war in den ersten beiden Gruppenspielen gesperrt.

Die Ukraine wollte das Wunder und drängte auf den Ausgleich. Bei einem Sieg wäre die Ukraine weiter gewesen, weil Frankreich gegen Schweden mit 0:2 unterlag. Aber: Der mögliche Ausgleich durch Marko Devic (63.) wurde vom Tor-Schiedsrichter Istvan Vad nicht gegeben, obwohl der Ball klar über der Linie war.

Nach dem Abpfiff beschwerten sich die ukrainischen Spieler bitterlich bei den Unparteiischen. Auf der Pressekonferenz drohte Ukraines Trainer Oleg Blochin einem Journalisten und bot diesem an, das Gespräch "draußen wie Männer" zu beenden.

Am Sonntag trifft England als Sieger der Gruppe D auf den Zweiten der Gruppe C, Italien.

Reaktionen:

Roy Hodgson (Trainer England): 'Die Ukrainer haben begonnen wie ein Team, das auf Sieg spielen wollten. Wir mussten umstellen. Zum Glück hat Wayne Rooney getroffen. Ich freue mich über den Gruppensieg, keiner hat das erwartet, das war nicht unserer Anspruch."

Oleg Blochin (Trainer Ukraine): "Wir waren klar die bessere Mannschaft, wir hatten die besseren Chancen. Die Schiedsrichter waren schuld, sie haben uns ein Tor gestohlen, das war ein klarer Treffer. Bei dem ersten Tor hatten die Engländer Glück. Ich möchte mich bei unseren Fans bedanken, sie waren bei diesem Turnier fantastisch. Wir haben eine gute Mannschaft zusammen, auf die wir in der kommenden WM-Qualifikation bauen können."

Andrej Schewtschenko: "Wir haben heute wahrscheinlich mehr verdient als dieses Ergebnis. Ich weiß genau, dass es (Devics Chance in der 63. Minute, Anm. d. Red.) ein Tor war. Das Spiel wäre dann anders gelaufen. Vielleicht mache ich noch ein Freundschaftsspiel, um Goodbye zu sagen und allen noch mal zuzuwinken. Der Zeitpunkt kommt für jeden. "

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Bei England feiert Rooney seinen ersten EM-Einsatz nach Sperre. Carroll sitzt dafür wieder auf der Bank. Bei der Ukraine hat Oleg Blochin ordentlich durchgemischt: Devic, Milewskyj, Harmasch und Rakyzkyj ersetzen den angeschlagenen Schewtschenko, Woronin, Nazarenko und Michalik.

7.: Harmasch zieht aus knapp 20 Metern, halblinke Position einfach mal ab. Nur knapp über die Querlatte. Couragierter Beginn der Ukraine.

16.: Selin schlenzt den Ball aus dem linken Halbfeld flach in den 16er. Terry bekommt die Fußspitze dran und klärt. Milewskyj wäre da gewesen.

22.: Young verschätzt sich beim hohen Anspiel auf Husjew. Der hat auf dem rechten Flügel dadurch viel Platz. Er zieht in die Mitte und knallt drauf. Ball zischt knapp über die Querlatte. Schon der dritte gute Fernschuss der Ukrainer.

28.: Terry mit einem starken Flugball auf den linken Flügel. Young nimmt die Kugel runter und flankt in den 16er. Rooney stiehlt sich am zweiten Pfosten von Gegenspieler Rakyzkyj davon, köpft aber rund einen Meter neben das Tor.

48., 1:0, Rooney: Gerrard tankt sich auf dem rechten Flügel gegen Konopljanka durch und legt den Ball in die Mitte. Keeper Pyatow greift am Ball vorbei - auch weil Welbeck den Ball noch leicht berührt. Am zweiten Pfosten steht Rooney und bedankt sich. Er muss den Ball aus gut einem Meter nur noch über die Linie köpfen.

61.: Jarmolenko nach einer kurz ausgeführten Ecke mit der Flanke von der linken Seite in die Mitte. Milewskyj steht vier Meter vor dem Tor und köpft drüber.

63.: Klares Tor nicht gegeben! Devic steht nach einem langem Ball aus der eigenen Hälfte alleine vor Keeper Hart. Doch statt den Ball vorbeizuschieben, schießt der Ukrainer Hart an. Der Ball fliegt im Anschluss im hohen Bogen in Richtung Tor. Terry kommt zwar angeflogen und klärt den Ball, der war allerdings schon deutlich hinter der Linie. Schiedsrichter Kassai gibt das Tor nach Rücksprache mit dem Torrichter nicht. Krasse Fehlentscheidung!

Fazit: Verdienter Sieg für disziplinierte Engländer. Ukraine war bemüht, aber lange konzeptlos.

Der Star des Spiels: John Terry. Mr. Unumstößlich. Überragend im Zweikampf (80 Prozent gewonnen), überragendes Stellungsspiel und Herr der Lage, wenn es brenzlig wurde. Stark, wie er vor der Pause gegen Milewskyj zweimal klärte. Hat genau so ein Spiel gebraucht, um wieder positive Schlagzeilen zu schreiben.

Der Flop des Spiels: Istvan Vad. Ausnahmsweise mal kein Spieler, auch wenn sich die Herren Pyatow, Milner und Young aufdrängten. Dennoch: Eine der wenigen Aufgaben eines Torrichters ist es, festzustellen, ob ein Ball die Linie komplett passiert oder nicht. Istvan Vad war in der 63. Minute gut postiert, hatte den besten Platz im ganzen Stadion zu sehen, dass Devics Ball komplett über der Linie war - und gab dennoch kein Signal. Da stellt sich die Grundsatzfrage: Warum braucht man dann noch den Torrichter?

Der Schiedsrichter: Viktor Kassai. Selbst ein sicherer Leiter einer leicht zu leitenden Partie, alle Gelben Karten waren richtig. Die 63. Minute, als Devics klares Tor nicht gegeben wurde, geht aber auch auf seine Kappe, weil Devic in der Szene aus dem Abseits kommt und die Szene vorzeitig hätte abpfeifen müssen.

Die Trainer:

Roy Hodgson setzte auf Kontinuität und ließ Milner erneut rechts ran, obwohl Walcott sich gegen Schweden für die Startelf empfahl. Lediglich Rooney durfte erwartungsgemäß für Caroll in die Mannschaft. Ob von Hodgson gewollt oder nicht - England agierte lange reagierend als agierend und fiel in alte Muster zurück. Das Umschalten muss gegen stärkere Gegner funktionieren, sonst ist England in der Offensive machtlos. Aber: Sein Defensivkonzept funktioniert.

Oleg Blochin reagierte auf den schwachen Auftritt gegen Frankreich mit einer groß angelegten Rotation auf vier Positionen und erhoffte sich damit offensiv mehr Zugkraft. Das Konzept ging insofern auf, dass Ukraine zumindest in der Anfangsphase wesentlich beweglicher wirkte als zuvor. Aber dass ein abschlussstarker Mann wie Schewtschenko fehlte, war verhängnisvoll. Nur: Schewas Einwechslung war letztlich aber auch kontraproduktiv, weil der Stürmer mitnichten im Spiel eingebunden war.

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Das fiel auf:

  • England stand lange (zu) tief, so dass die Ukraine nach Belieben aufbauen und immer wieder in den Gefahrenbereich stoßen konnte. Das Problem: Ukraine hatte zwar Platz, konnte mehrmals sogar durchlaufen, war aber selbst zu wenig geistreich, um Gefahr auszustrahlen.
  • Während bei England Parker seine Rolle zu defensiv interpretierte, rückten Johnson und Cole auf den Außen weit auf. Ukraines neuer Spielmacher Harmasch war darauf fokussiert, Pässe in diese Räume zu spielen. Oft aber überhastet und daher verpufften die Kontersituationen.
  • Englands erster Torschuss erst nach 28 Minuten durch Rooney: Beleg für die großen Probleme. Die Hodgson-Elf ohne Tempo im Aufbau oder wie die Ukraine einfach zu einfallslos. Rooney als verkappter Zehner funktionierte nicht, weil Parker und Gerrard zu weit wegstanden, um Rooney zu helfen.
  • Ukraine quasi ohne Außenbahnspiel, weil die Außenverteidiger fast nie vorstießen, geschweige denn mal die Offensiven überlaufen wollten. So ein schwieriges Spiel für Milner und Young.
  • Nach Englands Führungstreffer gewann die Partie an Tempo, weil die Ukraine mehr riskierte. Devic und Milewskyj spielten auf einer Höhe im Zentrum, die Außen rückten nun nachhaltiger auf.
  • Die Herausnahme Devics war ein Fehler, weil der Angreifer auffälligster Ukrainer nach der Pause war. Er wurde für Schewtschenko geopfert - gebracht hat es nichts.
  • Auch Englands Wechsel ohne Wirkung: Walcott kam zu spät, Oxlade-Chamberlain auch.

England - Ukraine: Daten zum Spiel

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