EM

Ronaldo ballert Portugal ins Viertelfinale

Von Bastian Strobl / Manuel Herter
So gut wie Messi? Zumindest steht Cristiano Ronaldo (M.) erst mal im EM-Viertelfinale
© Getty

Die portugiesische Nationalmannschaft ist durch einen Sieg im letzten Gruppenspiel ins Viertelfinale der EM eingezogen. Ein Doppelpack von Cristiano Ronaldo besiegelte den 2:1-Erfolg über die Niederlande. Die Elftal hat damit zum ersten Mal seit 1980 die Vorrunde einer EM nicht überstanden.

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Vor 35.000 Zuschauern in Charkiw brachte Rafael van der Vaart die Niederlande früh in Führung (11.). Doch Cristiano Ronaldo, der mit elf Torschüssen einen neuen Turnier-Bestwert aufstellte, glich noch in der ersten Hälfte aus (28.) und sorgte nach der Pause für den Endstand (74.).

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Für die Portugiesen wartet im Viertelfinale nun Tschechien, das die Gruppe A als Erster abgeschlossen hatte. Die Niederlande beendete dagegen das Turnier nach drei Niederlagen mit der schlechtesten Bilanz aller Zeiten.

Reaktionen:

Paulo Bento (Trainer Portugal): "Ich bin stolz, was wir als Team erreicht haben. Wir waren in allen drei Spielen sehr gut organisiert. Wir haben unser bestes Spiel gezeigt und sind zufrieden, dass wir unser großes Ziel, das Viertelfinale, erreicht haben."

Bert van Marwijk (Trainer Niederlande): "Wir sind gut gestartet, haben nach zehn Minuten getroffen. Wir wussten, dass wir mit zwei Toren Unterschied gewinnen müssen. Manchmal funktioniert es, manchmal nicht. Ich bin verantwortlich für diese Niederlage und bin natürlich enttäuscht. Ich äußere mich nicht zu meiner Zukunft, mein Vertrag läuft bis 2016."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Portugal beginnt zum dritten Mal in Folge mit der gleichen Startformation und im gewohnten 4-3-3.

Van Marwijk nimmt dagegen drei Wechsel vor. Mit van der Vaart und Huntelaar anstelle von van Bommel und Affelay setzt die Niederlande auf Offensive pur. Zudem bekommt Vlaar den Vorzug gegenüber Heitinga.

11., 0:1, van der Vaart: Robben zieht von rechts nach innen und legt kurz zurück auf van der Vaart. Der Ex-Hamburger lässt sich nicht lange bitten und zirkelt den Ball aus 18 Metern ins linke Eck!

16.: Ronaldo lässt an der Strafraumgrenze Vlaar stehen, trifft mit einem Flachschuss aber nur den linken Außenpfosten.

18.: Böser Fehlpass von van der Wiel genau in die Beine von Postiga. Doch dem Stürmer versagen aus 12 Metern die Nerven.

28., 1:1, Ronaldo: Perreira mit dem Zuckerpass in die Gasse. Ronaldo marschiert in den Strafraum und netzt ohne Probleme aus kurzer Distanz ein.

35.: Ronaldo scheint überall zu sein. Eine Moutinho-Ecke köpft der Portugiese nur um Zentimeter am Tor vorbei.

50.: Portugal bleibt am Drücker. Alves' Flanke wird erst noch abgewehrt, aber Moutinho nimmt den Abpraller direkt. Doch sein Hammer zischt über den Querbalken.

72.: Ronaldo ist erneut über links durch und legt den Ball quer. Nani muss nur noch den Fuß hinhalten, doch im letzten Moment wirft sich Stekelenburg dazwischen.

74., 2:1, Ronaldo: Portugal mit der Entscheidung. Per Konter überbrückt Nani das Mittelfeld und sieht Ronaldo. Der Superstar lässt van der Wiel aussteigen und versenkt die Kugel.

Fazit: Nach schwacher Anfangsphase steigerte sich Portugal stetig und siegte dank Ronaldo verdient. Die Offensivreihe der Niederländer enttäuschte über weite Strecken.

Der Star des Spiels: Cristiano Ronaldo. Häufig muss sich der Portugiese den Vorwurf gefallen lassen, in großen und wichtigen Spielen abzutauchen. Doch gegen die Niederlande übernahm Ronaldo Verantwortung. Trickreich, konterstark, torgefährlich - der Superstar von Real Madrid spielte vor allem Gegenspieler van der Wiel Knoten in die Beine. Kurz vor dem Ende hatte er sogar noch Pech bei einem Pfostenschuss.

Der Flop des Spiels: Robin van Persie. Der Goalgetter kam mit der Empfehlung von 30 Saisontoren in der Premier League zur EM. In der Elftal fand RvP jedoch nie richtig Fuß. Durch Huntelaars Hereinnahme musste er zudem auf der ungewohnten Zehner-Position ran, auf der er sich sichtlich nicht wohl fühlte. Auch als er sich nach der Pause vermehrt ins Sturmzentrum schob, blieb der Gunner wirkungslos.

Der Schiedsrichter: Nicola Rizzoli. Der Italiener agierte über weite Strecken fehlerfrei. Bei Willems hartem Einsteigen gegen Moutinho wäre jedoch eine Rote Karte mehr als gerechtfertigt gewesen.

Die Trainer:

Paulo Bento: Der jüngste Trainer der EM blieb seiner Linie treu und schenkte erneut seiner Stammelf das Vertrauen. Zeigte zudem sein taktisches Geschick, als er die defensiven Mittelfeldspieler nach dem Gegentor mit lautstarken Anweisungen neu ordnete und damit für mehr Stabilität sorgte.

Bert van Marwijk: Der 60-Jährige opferte unter anderem seinen Schwiegersohn van Bommel, um die Offensive zu stärken. Selbst die zuletzt verschmähte Doppelspitze Huntelaar/van Persie bekam ihre Chance. Der Plan schien früh aufzugehen, doch aus unverständlichen Gründen stellte seine Mannschaft nach dem Führungstreffer ihre Offensivaktionen weitestgehend ein. Trotz eines frischen Vertrages bis 2016 wackelt sein Stuhl nun beträchtlich.

Das fiel auf:

 

  • Die Niederlande übernahm sofort das Kommando. Vor allem das spielstarke Mittelfeld ließ Portugals Hintermannschaft in den ersten zehn Minuten kaum Luft zum Atmen. Während Sneijder und Robben strikt ihre Außenpositionen hielten, holte sich van der Vaart Bälle auf Höhe der eigenen Viererkette, die sich bis an die Mittellinie schob.
  • Der frühe Gegentreffer war für die Iberer eine Art Weckruf. Portugal agierte fortan engagierter und mit mehr Biss. In der Folgezeit sahen die Zuschauer einen offenen Schlagabtausch. Beide Offensivreihen profitierten von unerklärlichen Nachlässigkeiten in der Defensive des Gegners. Gerade die neu formierte Innenverteidigung der Niederländer hatte mit Abstimmungsproblemen zu kämpfen und geriet immer wieder ins Schwimmen.
  • Mitte der ersten Hälfte war das Spiel komplett gedreht. Portugal befand sich vor allem dank der beiden Außen Ronaldo und Nani fast nur noch in der Vorwärtsbewegung. Auch der zuletzt häufig kritisierte Postiga rochierte viel und wich immer wieder auf die Flügel aus.
  • Vom Forechecking der Niederländer war nichts mehr zu sehen. Van Persie und Huntelaar warteten vorne vergebens auf Bälle und hingen in der Luft. Auch von den Außenverteidigern kam offensiv nichts, da sie von ihren Gegenspielern in die Defensive gedrückt wurden.
  • Portugal blieb auch nach der Pause gefährlich, konzentrierte sich nun aber vermehrt auf Konter und überließ den Niederländern den Platz im Mittelfeld. Doch die Elftal zeigte sich wie bereits in den ersten beiden Gruppenspielen ideenlos.
  • Mit der Affelay-Einwechslung setzte van Marwijk alles auf eine Karte und stellte kurzfristig auf ein 3-2-3-2 um. Doch die zahlreichen Offensivspieler nahmen sich gegenseitig den Platz weg. Zudem eröffneten sich Räume für die schnellen Portugiesen, die folgerichtig per Konter den Schlusspunkt setzten.

 

Portugal - Niederlande: Daten zum Spiel

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