Noch hat keiner Angst

Von Für SPOX in der Allianz Arena: Thomas Gaber
Bastian Schweinsteiger (r.) war mit zwei Toren Bayerns Matchwinner beim 2:1 gegen Bremen
© Getty

Der FC Bayern spielte auch beim Sieg gegen Werder Bremen im DFB-Pokal wenig furchteinflößend. Die Politik der kleinen Schritte zeigt aber allmählich positive Wirkung.

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Neulich musste Louis van Gaal seine Ehefrau Truus trösten. Letzten Sonntag wurden Madame van Gaals Helden von Feyenoord Rotterdam in der holländischen Ehrendivision vom PSV Eindhoven derart windelweich geprügelt, dass Gatte Louis beim Stand von 0:6 aus Feyenoord-Sicht anfing zu zappen.

Die letzte halbe Stunde Dortmund gegen Hoffenheim war dann auch Truus lieber als die Vollendung der größten Schmach in der 102-jährigen Geschichte von Feyenoord (0:10!) live miterleben zu müssen.

"Meiner Frau geht es nicht so gut, aber ich, Louis van Gaal, bin sehr zufrieden", hatte der Trainer des FC Bayern zwischen dem Waterloo von Feyenoord und dem Auftritt seiner Mannschaft im DFB-Pokal gegen Werder Bremen erklärt. Ist der Hausherr glücklich, funktioniert auch noch das Eheleben.

Van Gaal: "Der Wahnsinn"

Das wird zumindest bis kommenden Freitag, wenn der FC Bayern in der Bundesliga gegen den SC Freiburg spielt, so bleiben. Louis ist nämlich nach dem Pokalspiel noch viel zufriedener.

"Ich finde es fantastisch. Wir haben so viele Verletzte, es ist Wahnsinn eigentlich", sagte van Gaal nach dem erkämpften 2:1-Sieg.

Der Bayern-Trainer hat seine Begeisterung noch gesteigert. In der letzten Saison waren die Leistungen und Erfolge seiner Spieler lediglich "unglaublich", jetzt hält sogar der "Wahnsinn" Einzug.

Die schlechten Ergebnisse in den ersten Saisonwochen haben Spuren hinterlassen bei van Gaal. Die überbordende Freude ist ein Ausdruck purer Erleichterung.

Einen derart ausgelassenen Jubel wie nach Bastian Schweinsteigers sehenswertem Siegtreffer hat man von van Gaal lange nicht gesehen. Nach einer leidenschaftlichen Umarmung mit dem Torschützen wandte sich van Gaal dem Publikum zu und streckte den Zuschauern in den untersten Reihen seine furchteinflößenden Fäuste entgegen, untermalt von einem herzhaften Schrei.

Defensivere Grundordnung

Van Gaals Feuer ist wieder da. Seine Mannschaft tut sich aber weiterhin schwer, einen bleibenden Eindruck bei den Gegnern zu hinterlassen. "Wir können nicht behaupten, dass wir derzeit Angst verbreiten. Bis jetzt hat in dieser Saison noch keine Mannschaft Angst vor uns gehabt. Da müssen wir aber wieder hinkommen", sagte Thomas Müller.

Die Bayern verfolgen derzeit die Politik der kleinen Schritte. Van Gaal reagierte auf die ausbleibenden Erfolge zuletzt mit einer leicht veränderten Strategie. Die Grundordnung ist defensiver, der Ball wird auch mal dem Gegner überlassen.

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Philipp Lahm erklärt und rechtfertigt den Paradigmenwechsel mit dem Fehlen der Offensiv-Qualität. "Ohne unsere Kreativspieler Ribery und Robben müssen wir anders spielen. Wir müssen über das Passspiel kommen und uns die Chancen geduldig erarbeiten. Ohne Ribery und Robben haben wir kaum Eins-gegen-eins-Duelle. Wir können derzeit Dominanz nur durch Passspiel- und vor allem Passsicherheit ausstrahlen und nicht so sehr durch temporeiche Dribblings. Das ist ein anderes Spiel."

Instabiles Gerüst

Die Strategie zahlt sich allmählich aus. Der Sieg gegen Bremen war das vierte Spiel in Folge ohne Niederlage. Risikobereitschaft beim Passspiel und das Tempo im Spiel über die Flügel wurden erhöht.

"Wir kommen stückweise voran und haben in der ersten Halbzeit super gespielt", analysierte Müller.

Wie instabil das Gerüst aber nach wie vor ist, zeigte die Phase zwischen der 55. und 70. Minute, als sich Werder Torchancen en masse erspielte.

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"Uns fehlt in einigen Phasen immer noch die nötige Konzentration. Wir machen nach wie vor viele Fehler im Aufbauspiel und machen es dem Gegner dadurch relativ einfach, zu Chancen zu kommen", sagte Philipp Lahm.

Verdienter Lohn für Schweinsteiger

Dass die Bayern den Platz dennoch als Sieger verließen, hatten sie erneut Bastian Schweinsteiger zu verdanken. Siegtor gegen Wolfsburg, zwei Tore in Basel, zwei Tore gegen Bremen - dank Schweinsteiger sind die Titelchancen in allen drei Wettbewerben noch intakt.

"Mein Job ist es, auch mal Tore zu machen", sagte der Matchwinner in aller Bescheidenheit. Für Christian Nerlinger bekommt Schweinsteiger für seine "überragenden Leistungen" in der letzten Saison endlich auch den verdienten messbaren Lohn.

"Bastian hat in der letzten Saison permanent Pfosten oder Latte getroffen. Jetzt gehen die Dinger halt rein", so der Sportdirektor.

An die Wende zum Guten glaubt Nerlinger aber noch nicht: "Es geht nicht um irgendeinen Wendepunkt, sondern um harte Arbeit. Das weiß die Mannschaft. Wir haben in der Bundesliga die absolute Pflicht, nichts mehr zu verschenken. Wir akzeptieren keine Ausreden mehr für nicht gewonnene Spiele."

Freiburg sei gewarnt, mit oder ohne Angst.

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