BVB - Drei Thesen zu Borussia Dortmunds Sieg über Ingolstadt: Axel Witsels Zeit ist bald vorbei

Von Stefan Rommel
Axel Witsel (l.) spielt seit Sommer 2018 für Borussia Dortmund
© getty

BVB-Routinier Axel Witsel hat immer noch seine starken Momente - im Vergleich zu seinem Nebenmann Jude Bellingham fällt er aber mittlerweile aber immer wieder ab. Marius Wolf ist aktuell der beste Rollenspieler im Kader. Und wo waren eigentlich die BVB-Fans am Dienstagabend? Drei Thesen zum Sieg über Ingolstadt.

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BVB spielt vor halblerem Stadion: Die letzte Bastion fällt

Ein nasskalter Oktoberabend, ein Spiel unter der Woche, ein - bei allem Respekt - wenig attraktiver Gegner und die Nachwehen von Corona beziehungsweise die aktuellen Beschränkungen sind veritable Gründe, warum auch der Signal-Iduna-Park mal nicht ausverkauft sein könnte. Dass aber zu einem K.o.-Spiel lediglich die Südtribüne sehr gut gefüllt ist und der Rest des Stadions gähnend leer, ist so selbstverständlich wie blaue Trikots.

Aber woran lag das gegen Ingolstadt denn nun wirklich? 25.130 Zuschauer sind für Dortmunder Verhältnisse ein schlechter Witz, daran gibt es nichts zu deuteln. Das Spiel gegen die Schanzer bildete den Auftakt in eine kleine Heimspiel-Serie mit weiteren Partien gegen Köln am Wochenende und Ajax am Mittwoch kommender Woche. Das erklärt eine gewisse Unlust. Aber ziemlich sicher waren auch die Ticketpreise von bis zu 80 Euro für ein Spiel gegen den Tabellenletzten der zweiten Liga ein Argument gegen einen Stadionbesuch.

Oder sind das am Ende die Vorläufer einer Fußballmüdigkeit, die momentan nur noch nicht so richtig zu greifen ist? Es gibt genug Experten, die dem Profifußball schwere Zeiten prophezeien, weil er entrückt sei und sich von der Basis und damit den "einfachen" Fans entfernt habe.

Dortmund war immer eine Bastion, immer ausverkauft. Irgendwann gab es sogar mal die Idee, das Stadion auszubauen. Die Klubs der Bundesliga sollten die Entwicklung genau im Auge behalten. Vielleicht war Dortmunds Spiel gegen Ingolstadt nur ein Ausrutscher. Zu sicher sollte man sich da aber nicht sein.

BVB-Routinier Witsel: Vom Strippenzieher zum Auslaufmodell

Axel Witsel hatte der BVB vor drei Jahren nur nicht als Mittelfeld- sondern auch als Mentalitätsspieler geholt. Und der Belgier enttäuschte keineswegs, war über Jahre eine sehr prägende Figur der Mannschaft und bei jedem der vielen Trainer quasi gesetzt. Auch für Marco Rose ist der mittlerweile 32-Jährige noch eine wichtige Figur, ob in der Abwehr oder auf seiner angestammten Position im defensiven Mittelfeld. Aber in Spielen wie gegen Ingolstadt, gegen einen tiefstehenden Gegner, kommen Witsels Qualitäten immer weniger zum Tragen.

Witsel bringt zwar immer noch genug Intensität bei der Arbeit gegen den Ball mit, kann aber eine Partie immer seltener auch noch beschleunigen oder die notwendige Dynamik erzeugen. Gegen Ingolstadt war es im Gegenteil so, dass er immer wieder das Tempo rausnahm, statt anzuziehen. Noch deutlicher werden diese Defizite sichtbar, weil Witsel mit Jude Bellingham die derzeit absolut prägende Figur des Dortmunders Spiels an seiner Seite weiß - und Bellingham fast ausschließlich nach vorne denkt und agiert.

Der 18-Jährige ist dabei immer auch ein wenig wild, verlässt seine Position und Witsel muss das dann irgendwie ausbalancieren. Der offensive Einfluss der beiden Sechser könnte aber unterschiedlicher kaum noch sein. Wo sich Witsel vornehm zurückhält, geht Bellingham ins Risiko, wirft sich in direkte Duelle, entwickelt einen unwiderstehlichen Zug zum Tor.

Während die Borussia alles daran setzen wird, Bellingham so lange wie möglich zu halten, dürfte der unbedingte Wunsch auf eine Verlängerung bei Witsel nicht so ausgeprägt sein. Der Vertrag des Routiniers läuft im Sommer aus, in den vergangenen Tagen kamen erneut die Gerüchte über einen Wechsel zu Juventus auf. Und man hat so oder so das Gefühl, dass sich Axel Witsels Zeit in Dortmund so langsam dem Ende zu neigt.

BVB - Marius Wolf ist Dortmunds neue Allzweckwaffe

Offiziell steht Marius Wolf seit drei Jahren beim BVB unter Vertrag, tatsächlich hat der 26-Jährige die vergangenen beiden Spielzeiten aber in Berlin und Köln verbracht. Weil sie in Dortmund keine Verwendung für Wolf hatten und ihn lieber an anderen Standorten parkten. Vor dieser Saison gab es genug Zweifel, ob und wo Wolf in Dortmunds edlem Kader seinen Platz finden könnte. Nach knapp einem Drittel der Saison zeigt sich aber immer mehr: Marius Wolf ist ein perfekter Rollenspieler - und überdies ziemlich wichtig für diese Mannschaft.

Wolf ist keiner, der durch Tore und Vorlagen auffällt oder die ganz großen spielerischen Highlights. Aber er kann seiner Mannschaft sehr viel Energie geben, ist gegen und mit dem Ball wertvoll, zuverlässig und sich auch nicht für die Drecksarbeit zu schade, die verrichtet werden muss.

Dabei kommt dem gelernten Angreifer seine über die Jahre erworbene Variabilität immer mehr zu Gute. Wolf kann auf beiden Außenverteidigerpositionen spielen oder im Halbraum im Mittelfeld. Und natürlich auch auf seiner bevorzugten Position auf dem offensiven Flügel.

Weil der BVB so viele Verletzte hat und nach jedem Spiel gefühlt drei neue dazu kommen, stopft Wolf die Lücken im Kader und zuletzt auch in den jeweiligen Startformationen - ohne dabei zu murren oder höhere Ansprüche zu stellen. Aktuell erfüllt der Spieler seinen Auftrag, wo auch immer ihn sein Trainer aufstellt. Unter den vielen Zauberern beim BVB sind es solche Spieler, die für den nötigen Kitt sorgen und eine Mannschaft auch emotional zusammenhalten.

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