Ein Dutzend Debüts, keine Erkenntnisse

Von Stefan Rommel
Die beste Chance der deutschen Mannschaft, Peszko klärt vor der Linie
© getty

Die deutsche Nationalmannschaft ist mit einem Remis in die Vorbereitungsphase zur WM in Brasilien gestartet. Das Rumpfteam von Bundestrainer Joachim Löw kam gegen Polen zum einem 0:0.

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Die lediglich 37.569 Zuschauer in Hamburg sahen eine Partie ohne große Höhepunkte, mit einer deutschen Mannschaft, die zu Beginn der Partie mit einem Durchschnittsalter von 21,45 Jahren die jüngste in der Geschichte des DFB war. Insgesamt kamen zwölf Spieler an diesem Abend zu ihrem Debüt im DFB-Dress.

Die Reaktionen:

Joachim Löw (Bundestrainer): "Mir hat es Spaß gemacht. Wir hatten wahnsinnig viele Neulinge im Team, die haben ihre Sache sehr gut gemacht. Wir waren gut organisiert und haben ordentlich nach vorne gespielt. Auch ohne Tore war das ein unterhaltsames Spiel. Pfiffe habe ich nach dem Spiel nicht gehört."

Julian Draxler: "Wenn man mit 20 Jahren Kapitän in der Nationalmannschaft ist, sagt das schon einiges aus. Das war heute wirklich fast eine U 21. Wenn man nur einmal mit der Mannschaft trainiert hat, ist es schwierig die Sachen umzusetzen. Dafür haben wir es gut gemacht."

Max Meyer: "Wir kannten uns alle nicht, haben erst einmal miteinander trainiert. Aber es hat großen Spaß gemacht und ich bin einfach froh, dass ich mein erstes Länderspiel absolvieren durfte. Ob ich jetzt dabei bleiben darf muss der Bundestrainer entscheiden. Urlaub habe ich für Juni und Juli noch nicht gebucht."

Kevin Volland: "Die Polen waren immer am Mann dran und haben es uns sehr schwer gemacht. Dafür haben wir es gut gelöst. Das Trikot behalte ich, das bekommt meine Mutter."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Deutschland mit acht Spielern, die ihre Premiere feiern. Lediglich Julian Draxler, der zugleich auch Kapitän ist, Ron-Robert Zieler und Matthias Ginter können vor dem Anpfiff von sich behaupten, bereits Nationalspieler zu sein.

Ähnlich ausgedünnt die Gäste, bei denen ebenfalls mehr als die halbe erste Mannschaft fehlt. Artur Boruc, Lukasz Szukala, Grzegorz Krychowiak und Mateusz Klich sind als Stammspieler übrig geblieben.

13.: Starker Pass von Mustafi unter Bedrängnis, trotzdem in den Fuß von Meyer. Der weiter auf Volland, der auf Draxler klatschen lässt. Schlenzer aus 18 Metern, weit rechts vorbei.

18.: Freistoß Obraniak von links. Cionek entwischt Mustafi, trifft den Ball aber nicht sauber mit dem Kopf, sondern eher mit dem Rücken. Zieler ohne Probleme.

25.: An Sorgs Flanke von links segelt Kramer vorbei. Dahinter schiebt sich Goretzka vor Wawrzyniak, kommt aber in Bedrängnis nicht richtig zum Ball. Boruc hält den zu schwachen Abschluss aus sieben Metern.

30.: Klich mal mit einem Versuch aus 20 Metern, aber quasi aus dem Stand. Kein Druck hinterm Ball, Zieler hält problemlos.

32.: Ecke Draxler von links. Rüdiger geht am ersten Pfosten gut in den Ball, seinen Kopfball aufs lange Eck kratzt aber Peszko noch von der Linie.

35.: Schöner Lupfer von Kramer auf Volland. Der wird im Strafraum von Olkowski ein wenig geschoben und fällt. Aber kein Elfmeter.

51.: Meyer kommt nach einer zu kurzen Kopfballabwehr der Gäste am linken Fünfereck zum Schuss, verzieht den Volley aber deutlich.

67: Schalker Produktion: Draxler raus auf Höwedes, dessen etwas verunglückte Flanke Meyer aus elf Metern aufs Tor bringt. Aber zu zentral platziert.

84.: Hahn mit dem Seitfallzieher aus fünf Metern nach einer unübersichtlichen Situation. Ein Pole rettet kurz vor der Linie.

Fazit: Zwei neuformierte Teams. Das eine wollte ein wenig, konnte aber nicht. Das andere wollte noch nicht einmal. Herausgekommen ist das einzig logische Ergebnis.

Der Star des Spiels: Max Meyer. Brauchte ein paar Minuten, um bei seiner Premiere ins Spiel zu finden. Dann aber neben dem emsigen Christoph Kramer so etwas wie der Fixpunkt der deutschen Angriffe. Mit guter Technik und klugen Ideen. Dazu zumindest im Ansatz torgefährlich.

Der Flop des Spiels: Ludovic Obraniak. Hat sich zuletzt bitterlich über sein Reservistendasein in Bremen beschwert. Im Nationalteam durfte er jetzt von Beginn an ran, sogar auf seiner Lieblingsposition in der offensiven Zentrale. Vielleicht fehlte ihm der Spielrhythmus, aber auch ohne darf man sprinten, kämpfen und sich mehr als nur alibimäßig anbieten. Wohl auch deshalb war kurz nach der Pause Schluss. Schwacher Auftritt von Obraniak.

Der Schiedsrichter: David Fernandez Borbalan (Spanien). Hatte die überaus faire Partie gut im Griff. Korrekt, nach Olkowskis kleinem Rempler gegen Volland nicht auf Strafstoß zu entscheiden.

Das fiel auf:

  • Die deutsche Mannschaft ohne Änderungen an der prinzipiellen Spielausrichtung, also in einem 4-2-3-1. Hier probierte Löw also nichts Neues aus. Wobei die offensive Mittelfeldreihe aus drei Schalker Spielern bestand und Rüdiger und Sorg anders aufgestellt waren als sie es bei ihren Vereinen zuletzt gewohnt waren.
  • Die Polen offensiv sehr variabel, mal mit der Raute, dann wieder mit drei Angreifern auf einer Linie postiert. In der Rückwärtsbewegung aber in einem klaren 4-4-2, wenn Peszko die Mittelfeldkette auffüllte und nur Obraniak und Robak vorne zaghaft störten.
  • Relativ schnell wurde klar, dass hier eine Art Sichtungsspiel stattfand: Fast alle Spieler agierten nach dem Motto "zuerst keinen Fehler machen". Die deutschen Angriffe hatten keine Dynamik und kaum Überraschungsmomente, die Polen machten es sich in der Defensive bequem und versuchten erst gar nicht, bei Ballbesitz auch mal risikoreich nach vorne aufzurücken.
  • Die deutschen Standards (von Draxler oder Volland geschlagen) passten sich leider denen der eigentlichen A-Mannschaft an. Bis auf die eine Chance von Rüdiger entstand daraus kaum einmal Gefahr für dass polnische Tor.
  • Julian Draxler übertrieb es einige Male mit seinen verschnörkelten Soli. Der Schalker war bisweilen etwas übermotiviert und traf die falschen Entscheidungen. Statt zu passen, ging er ins Eins-gegen-Eins. Nahm so in den wenigen Momenten, in denen sich eine kleine Lücke auftat, das Tempo raus. Seine stärksten Aktionen hatte er immer dann, wenn er den Ball passte. Dann auch mit guten Ideen. In der zweiten Halbzeit zielstrebiger zum Tor.
  • Von den wenigen Spielern aus dem 30er-Kader konnte sich keiner nachdrücklich empfehlen. Für fast alle anderen war es der Abend der Premieren. Eine Konstellation, die es in der Art wohl nicht wieder geben wird.

Deutschland - Polen: Die Statistik zum Spiel