DFB-Team: Paul Breitner zerlegt den deutschen Fußball nach enttäuschenden Länderspielen und kritisiert Joshua Kimmich

Von Marcus Blumberg
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Die deutsche Nationalelf hat sich mit seinen drei sieglosen Spielen gegen die Ukraine (1:1), Polen (0:1) und Kolumbien (0:2) nicht gerade mit Ruhm bekleckert und wurde dafür in den vergangenen Tagen teils heftigst von allen Seiten kritisiert. Nun meldete sich auch der als Kritiker bekannte Paul Breitner zu Wort und nahm sich unter anderem Joshua Kimmich, Hansi Flick und generell den deutschen Fußball vor.

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Breitner sagte im Gespräch mit der tz zur generellen Lage im deutschen Fußball: "Es ist eine Situation, in der wir feststellen müssen, dass die Nationalmannschaft von zwei Faktoren abhängig ist: Einerseits deutsche Spitzenklubs in der Bundesliga und in der Champions League. So gut wie diese Teams sind - allen voran der FC Bayern - so gut ist unsere Nationalmannschaft. Der andere Grund: Es sagt niemand ehrlich: Es kommen noch nicht die Jahrgänge nach, die eine Nationalmannschaft bilden können, die absolute Spitze ist. Das ist Fakt! Ich kann von einigen Nationalspielern nicht mehr verlangen als das, was sie im Moment zeigen."

Zudem spiele die Bundesliga eine entscheidende Rolle: "Wir müssen leider feststellen, dass die Qualität der Bundesliga in den vergangenen Jahren schlechter geworden ist. Dazu kommt ein Fußball, den wir bereits über mehrere Jahre hinweg praktizieren, der bereits im Bambini-Bereich gespielt wird - und für den ich nicht mehr viel Verständnis habe."

Im Detail meinte Breitner damit einen Fußball, der "langweilig ist und davon lebt, dass die Bälle hin und her geschoben werden, Verantwortung abgegeben wird und dass in manchen Spielen der Torwart die meisten Ballkontakte hat". Und weiter: "Weil sich gerade im Abwehrbereich keiner mehr traut, einen riskanten Ball zu spielen oder ins Dribbling zu gehen. Da wird von rechts nach links 'verschoben', wie man es großkotzig nennt. Im Grunde wird damit aber nur die Verantwortung abgegeben."

Um das zu verbessern, brauche es künftig wieder "eine Balance zwischen 50 Prozent Freiheit und 50 Prozent Verantwortung". Und das müsse bereits ganz früh im Jugendbereich anfangen.

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Joshua Kimmich "der Chef im Armheben"

Zudem beschwerte sich Breitner über zu viel Einheitsbrei in vielen Belangen. "Fast jeder, der eine Ecke oder einen Freistoß schießt, hebt den Arm. Effektiv kriege ich auch da jedes Mal einen Vogel, wenn es eine Standardsituation gibt", erklärte Breitner und hatte direkt ein anschauliches Beispiel parat: "Mittlerweile hebt jeder immer den Arm. Der Chef im Armheben ist aber Joshua Kimmich und mittlerweile für mich ein rotes Tuch, wenn er einen Eckball schießt. Aber auch der Herr Gündogan hat das gegen Kolumbien getan. Ich warte ja nur noch drauf, dass der Torwart beim Abstoß den Arm hebt. Wir haben einige Entwicklungen, da brauchen wir uns nicht wundern."

Speziell die Ecken von Kimmich waren nun schon des Öfteren Ziel von Kritik, unter anderem äußerte sich Mario Basler abfällig über die Standardkünste des Bayern-Spielers, obgleich man seinen Ecken objektiv betrachtet die Effektivität nicht absprechen kann.

Was die gesamte Nationalelf angeht, hat auch Breitner Mängel an der Arbeit von Bundestrainer Hansi Flick festgestellt. "Warum probiere ich 20 Spieler aus, von denen ich genau weiß, dass sie niemals in der Startelf des EM-Auftaktspiels stehen werden? Das ist verlorene Zeit! Ich verstehe es nicht!", bemerkte Breitner, der es lieber gesehen hätte, wenn Flick von Anfang an auf eine eingespielte Elf gesetzt hätte.

Hansi Flick steht derzeit in der Kritik, soll laut DFB-Präsident Bernd Neuendorf aber nicht zur Debatte stehen beim DFB. Weiter geht es für die Nationalelf dann im September mit zwei Länderspielen gegen Japan und Frankreich. Dann will Flick seine EM-Vorbereitung beginnen und nur noch auf die Spieler setzen, die auch bei der Heim-EM dabei sein sollen. Und dann soll laut Flick auch alles besser werden.

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