Slapstick pur! DFB unterliegt US-Boys

Von David Kreisl
Jozy Altidore (M.) brachte die US-Boys nach einer knappen Viertelstunde in Führung
© getty

Die deutsche Nationalelf hat das Testspiel gegen die USA in Washington mit 3:4 (0:2) verloren. In einem wilden Spiel lieferte das DFB-Team eine über weite Strecken enttäuschende Vorstellung ab.

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Vor 47.359 Zuschauern im Robert F. Kennedy Memorial Stadium brachte Jozy Altidore die Gastgeber in Führung (13.), kurz darauf erhöhte Marc-Andre ter Stegen mit einem Slapstick-Eigentor (16.) zum 2:0-Pausenstand.

Nach der Pause verkürzte Westermann per Kopf (52.), ehe Clint Dempsey mit einem Doppelschlag für die Vorentscheidung sorgte (60./64.). Für ein wenig Spannung sorgten noch die Anschlusstreffer von Max Kruse (79.) und Julian Draxler (81.).

Die Reaktionen:

Joachim Löw (Trainer DFB): "Man hat vielleicht gemerkt, dass die USA noch im Wettbewerb steht. In der ersten Halbzeit sind wir nicht ins Spiel gekommen. Es ist natürlich bitter für einen so jungen Torwart. Er hat den Fehler gemacht, aber danach seine Sache auch noch ganz gut gemacht."

Jürgen Klinsmann (Trainer USA): "Für uns war es in erster Linie wichtig, dass es zu diesem Jubiläumsspiel kam. Das war ein schönes Fußballfest. Wir wussten, dass Jogis Mannschaft nicht in Schwung ist. Es war ein schönes Spiel, das sollte man aber nicht ganz so ernst nehmen. Für uns war es mit Blick auf die kommenden Aufgaben in der WM-Qualifikation natürlich ein schöner Sieg."

Benedikt Höwedes: "Man hat uns heute die hohen Temperaturen angemerkt. Die Fehler waren stümperhaft und dürfen uns so nicht passieren. Die Mannschaft hat aber auch Moral bewiesen. Wir haben auch nach dem 1:4 nicht aufgesteckt und sind wieder ran gekommen."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Ter Stegen kommt im DFB-Team für Adler ins Tor. In der Verteidigung im Vergleich zum Ecuador-Spiel personell nur eine Änderung: Lars Bender verdrängt Westermann, Höwedes weicht in die Innenverteidigung aus. Die Doppelsechs mit Reinartz und Sven Bender ebenso komplett neu wie der Sturm, wo der nachgereiste Klose Debütant Kruse ersetzt. Offensiv beginnt Schürrle neben Draxler und Podolski im Mittelfeld anstatt Sam.

Jürgen Klinsmann muss verletzungsbedingt einige wichtige Spieler ersetzten. Mit Jones und Johnson stehen zwei Bundesligaspieler in der Startelf der US-Boys. Offensiv sollen Tottenhams Dempsey und Alkmaars Altidore für Gefahr sorgen.

7.: Altidore kommt nach einem Freistoß aus dem rechten Halbfeld am rechten Fünfereck zum Kopfball, trifft die Kugel aber nicht sauber. Der Ball geht einen Meter am langen Pfosten vorbei.

11.: Jansen flankt von links in den Rückraum. Höwedes will den Ball direkt nehmen, sein Versuch gerät zum Querpass. Mertesacker bekommt den Ball, setzt sich mit Glück durch und steht plötzlich fünf Meter vor dem Tor alleine vor dem Keeper. Beim Abschluss beweist er allerdings eindrucksvoll, dass er Innenverteidiger ist. Er schiebt den Ball vorbei.

13., 1-0, Altidore: Recht einfacher Angriff über rechts. Zusi flankt, in der Mitte verschätzt sich Mertesacker. Der Angreifer steht acht Meter vor dem Tor mutterseelenallein, nimmt die Kugel volley und trifft schön ins rechte Eck.

16., 2-0, Ter Stegen (ET): Unfassbare Szene! Mertesacker passt vom linken Strafraumeck zurück zu ter Stegen. Jones macht Druck, der Keeper will sich den Ball vorlegen, trifft ihn aber nicht! Die Kugel hoppelt ins Tor.

19.: Schürrle mit einem schönen Solo über rechts. Der Leverkusener lässt zwei Gegner stehen, geht in den Strafraum und steht vollkommen frei. Doch er schiebt den Ball aus acht Metern am langen Pfosten vorbei.

39.: Podolski bekommt einen Rückpass von der Grundlinie von links. Aus zwölf Metern zimmert er die Kugel freistehend meterweit über den Kasten.

51., 2-1, Westermann: Der zur Pause eingewechselte Kruse mit der Ecke von rechts. Westermann rauscht heran und wuchtet den Kopfball aus wenigen Metern in die Maschen.

60., 3-1, Dempsey: Angriff der US-Boys über links. Altidore chippt den Ball von der Grundlinie in den Rückraum. Westermann passt nicht auf, Aogo, der einige Sekunden zuvor gefoult wurde, bleibt lamentierend am Boden liegen. Dempsey sagt Danke und erhöht mit einer schönen Direktabnahme vom Elfmeterpunkt.

64., 4-1, Dempsey: Der Spurs-Angreifer bekommt 25 Meter vor dem Kasten von ter Stegen den Ball. Podolskis Verteidigungsversuch hat die Bezeichnung nicht verdient. Der Stürmer schlägt einen Haken und zirkelt die Kugel aus 20 Metern Richtung Winkel. Der Keeper streckt sich vergebens. Traumtor!

78.: Auf der anderen Seite versucht's Kruse mit dem gezirkelten Ball in den Winkel. Sein Versuch von rechts geht aber Zentimeter am Pfosten vorbei.

79., 4-2, Kruse: Jetzt macht's der Noch-Freiburger besser: Er bekommt auf links den Ball und geht mit Tempo parallel zum Sechzehner Richtung Mitte. Zentral vor dem Tor zieht er ab. Ganz starker Schuss aus 18 Metern in die linke Ecke!

81., 4-3, Draxler: Sam mit einem an Harmlosigkeit nicht zu unterbietenden Schüsschen aus 20 Metern. Doch Howard bringt es fertig, den Ball nicht festzuhalten. Draxler staubt ab.

Fazit: Hochverdienter Sieg der US-Boy gegen lasch wirkende Deutsche. Lediglich nach dem späten Anschluss schnupperten die Deutschen gegen überlegene Amerikaner am Remis, es kam aber deutlich zu wenig.

Der Star des Spiels: Clint Dempsey war ein ständiger Unruheherd im Angriff der Amerikaner und entschied das Spiel mit einem sehenswerten Doppelpack.

Der Flop des Spiels: Marc-Andre ter Stegen leistete sich einen unglaublichen Aussetzer bei seinem Eigentor und sah auch bei den folgenden Treffern nicht allzu gut aus. Kassierte jetzt in jedem seiner drei Einsätze für die Nationalmannschaft mindestens drei Tore.

Der Schiedsrichter: Paul Delgadillo leistete sich keine groben Fehler und hatte mit der fairen und ruhigen Partie keine Probleme. Lag richtig, als er Nicolai Müller in der letzten Minute den Elfmeter verweigerte.

Die Trainer:

Jürgen Klinsmann stellte sein Team trotz vieler Ausfälle perfekt auf die zweite Garde der Deutschen ein. Seine Mannschaft wirkte fitter und engagierter.

Joachim Löw Wechselte bereits zur Pause kräftig durch und stellte das System um. Verstärkte die Offensivreihe und ließ Reinartz als einzigen Sechser im Spiel. Bewies mit seinen Einwechslungen ein gutes Händchen: An jedem deutschen Tor war ein neuer Mann beteiligt.

Das fiel auf:

  • Die Anfangsphase ging klar an die US-Boys. Joachim Löws Mannschaft kam schlecht ins Spiel und erlangte erst nach etwa einer halben Stunde die Kontrolle über die Partie. Die USA wirkten physisch präsenter und aggressiver.
  • Nach dem schnellen 0-2 wartete man vergeblich auf die große deutsche Angriffswelle. Dank der individuellen Klasse des DFB-Teams sprangen zwar vereinzelt Chancen heraus, die Chancenverwertung aber lange Zeit verheerend.
  • Wenn es beim deutschen Team gefährlich wurde, dann meistens über Schürrle von rechts. Podolski fand nach seiner Gala gegen Ecuador quasi nicht statt.
  • In der zweiten Halbzeit kam die DFB-Elf trotz des frühen Anschlusstreffers nicht in Fahrt, stattdessen ließen sie mit einer inakzeptablen Abwehrleistung zwei weitere Gegentore zu. Lediglich nach Draxler spätem Treffer keimte nochmal Hoffnung bei den Deutschen auf.

USA - Deutschland: Daten zum Spiel