Durch Hinterausgang in eine ungewisse Zukunft

SID
Das DFB-Team um Bundestrainer Joachim Löw (r.) ist aus Südafrika zurückgekehrt
© Getty

Bereits in einem Monat beginnt für die deutsche Nationalmannschaft die neue Länderspiel-Saison. Bis dahin müssen noch einige Fragen und vor allem die Zukunft von Joachim Löw geklärt werden.

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Durch den Hinterausgang in den Urlaub und in eine ungewisse Zukunft: Als die deutsche Nationalmannschaft am frühen Montagmorgen um 6.16 Uhr in Frankfurt/Main landete, wollten Spieler und Trainer nichts wie weg.

Zurück blieben rund 1000 enttäuschte Fans, die ihre wochenlang gefeierten Stars nur aus weiter Entfernung kurz zu sehen bekamen - und zurück blieb nach wie vor die große Frage, wie es mit Bundestrainer Joachim Löw, seinem Trainerteam und Manager Oliver Bierhoff weitergeht.

Auch nach der Rückkehr von der WM in Südafrika nach einem rund zehnstündigen Flug aus Johannesburg im Super-Airbus A380 überlagerten die Spekulationen um Löws Zukunft alle anderen Themen rund um den WM-Dritten. Der 50-Jährige verabschiedete sich aber wortlos in Richtung Freiburg, um dort ein paar Tage in Klausur zu gehen.

Schon im August gegen Dänemark

"Ich brauche jetzt ein bisschen Zeit und Ruhe, um meine Gedanken zu ordnen", hatte Löw schon vor dem Rückflug nach Deutschland erklärt, "unter den aktuellen Eindrücken kann ich noch keinen vernünftigen Gedanken fassen. Ich will keine emotionale Entscheidung treffen und muss mir darüber im Klaren werden, ob ich auch in Zukunft die Kraft habe, die Mannschaft weiter voranzutreiben."

Anschließend will er wie geplant ein Gespräch mit Bierhoff führen.

Auch wenn sich Löw nicht unter Druck setzen lassen will - die Zeit drängt. In nicht einmal einem Monat steht in Kopenhagen gegen Dänemark schon das erste Nach-WM-Länderspiel auf dem Program. Nur drei Wochen später startet die DFB-Auswahl bereits in die Qualifikation zur EURO 2012 in Polen und der Ukraine gegen Belgien (3.9.).

Klarheit bis zum 30. Juli

"Es ist ganz normal, dass jeder das Recht hat, ein klein bisschen Abstand zu gewinnen. Aber es ist in der Tat so, dass in einem Monat schon das nächste Länderspiel ansteht. Von daher können wir die Gespräche nicht bis Dezember vertagen", sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger, der in den vergangenen Tagen Löw wiederholt den roten Teppich ausgerollt hatte.

"Aber lassen Sie uns ein Stück Zeit und Geduld, um das in Ruhe besprechen zu können", ergänzte er. Bis zur Präsidiumssitzung des DFB am 30. Juli soll aber möglichst Klarheit herrschen.

Bierhoff und Löw erklärten immerhin, dass ihnen die Aufgabe "sehr viel Spaß" gemacht habe, was auf eine weitere Zusammenarbeit hindeuten könnte. Auch WM-Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger hofft, "dass der Bundestrainer weitermacht. Er ist der Chef der ganzen Truppe und es macht uns viel Spaß, mit ihm zu arbeiten", sagte er dem "Kicker".

Drei Wochen frei für Bayern-Profis

Doch ansonsten hatten alle Beteiligten kaum mehr Lust darauf, sich mit dem Thema Fußball zu beschäftigen. Selbst Senkrechtstarter Thomas Müller, der mit fünf Toren bester Torjäger der WM wurde und zudem noch zum besten Nachwuchsspieler gekürt wurde, wollte am Montag so schnell wie möglich in seine bayerische Heimat zurück.

"Das ist der Wahnsinn", sagte der 20-Jährige nach einem Turnier "für die Ewigkeit", "aber jetzt werde ich ein paar Wochen lang keinen Ball anrühren, sondern mich nur auf die faule Haut legen und versuchen, die Zeit zu genießen."

Die acht Münchner Profis haben von ihrem Trainer Louis van Gaal drei Wochen frei bekommen. Auch der Rest des WM-Kaders wird erst Ende Juli wieder bei den Vereinen ins Training einsteigen. "Das ist nicht gut, das ist ein großes Problem", sagte van Gaal bereits: "Ich bedauere das, weil ich keine gute Vorbereitung machen kann. Das ist schwierig für mich und auch für die WM-Spieler."

Auch Schweinsteiger betrachtet die Situation als "nicht ideal".

Schweinsteiger will Titel holen

Immerhin sieht er die Zukunft der Nationalmannschaft rosig. "Bei der EM und in vier Jahren bei der WM in Brasilien wollen wir Titel holen. Das Herz sagt, dass wir eine großartige Zukunft vor uns haben", sagte Schweinsteiger, der in Südafrika unbestritten der Kopf der DFB-Auswahl war.

Doch trotz der guten Perspektiven der jungen deutschen Elf nach der WM warten auf den Bundestrainer auch bald wieder die Probleme des Alltags.

Insbesondere das Thema Kapitän dürfte Löw oder seinen Nachfolger weiter beschäftigen, nachdem Philipp Lahm dem etatmäßigen Spielführer Michael Ballack den Kampf angesagt hatte. Selbst Schweinsteiger hat sich über die Aussage seines Bayern-Kollegen aber "gewundert".

Ballack zur EM-Quali wieder fit

In Dänemark wird sich das Problem noch nicht stellen, da der 33 Jahre alte Ballack bis dahin seine Fußverletzung noch nicht auskuriert hat. Bis zum Start der EM-Qualifikation dürfte Ballack aber wieder fit sein. Für Schweinsteiger steht außer Frage, dass Ballack zurückkehren wird, "er ist Kapitän der Nationalmannschaft".

In der Qualifikation zur EURO 2012 warten auf die DFB-Auswahl Belgien, Aserbaidschan, Kasachstan, Österreich und die Türkei. Nur der Gruppenerste qualifiziert sich direkt für das Turnier. Doch daran verschwendete am frühen Montagmorgen keiner einen Gedanken. Für die Spieler und für Löw hieß es nur noch: Ab in den Urlaub.

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