DFB-Team besser als im WM-Jahr 2006

Von Für SPOX in Frankfurt: Stefan Rommel
Mit seinem Traumtor zum 1:1 leitete Kapitän Philipp Lahm die Wende ein
© Imago

Deutschland verabschiedet sich mit einer starken Leistung nach Südafrika. Es gibt viel Grund zur Hoffnung, aber auch noch ein paar Baustellen. Bastian Schweinsteiger ist sich dennoch sicher: Die Nationalmannschaft ist besser als vor vier Jahren.

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Es war, als hätte man das Gefühl von damals einfach transportiert. Jene Euphorie, die Deutschland vor vier Jahren bis ins Halbfinale der Weltmeisterschaft spülte und mit der Millionen ausländischer Fans infiziert wurden.

Frankfurt am Main war Gastgeber eines gewöhnlichen Testspiels. Das 3:1 gegen Bosnien hätte genauso gut aber auch die Partie eines Endturniers sein können. Das Wetter: perfekt. Die Stimmung: atemberaubend.

Über weite Strecken WM-würdig

Dabei war es nur der letzte Auftritt der deutschen Nationalmannschaft vor ihrer Abreise nach Südafrika. Früher wurden solche Spiele gerne mit Gegner aus der Peripherie der Weltrangliste gecastet.

Liechtenstein oder Luxemburg waren dann die Sparringspartner, oder besser: die Prügelknaben, "Einschießen" auf die Vorrunde hieß die Devise. Diesmal war es etwas anderes.

Bosnien ein starker Gegner

Bosnien war der Gegner und eine Halbzeit lang zeigten die Gäste, warum sie es beinahe selbst bis nach Südafrika geschafft hätten. Deutschland wollte einen echten Test und es bekam einen echten Test serviert. Und Joachim Löw zumindest ein paar Antworten auf jene Fragen, die Liechtenstein oder Luxemburg nicht hätten beantworten können.

"Das Potenzial ist groß, alle haben sehr hart gearbeitet, aber wir haben auch noch eine Woche harte Arbeit vor uns. Wir haben eine gute Mannschaft, eine gute Stimmung und können ein gutes Turnier spielen. Ich habe absolutes Vertrauen", sagte der Bundestrainer, der danach sichtlich gelöst die Arena in Frankfurt mit der Gewissheit verließ, jetzt zwei Tage kurz durchschnaufen zu können, bevor es am Sonntagabend in das Abenteuer WM 2010 geht.

Löw muss derzeit ein Puzzle lösen - das Bosnien-Spiel war immerhin der erste Schritt. Erstmals waren alle Einzelteile der potenziellen Abwehr-Viererkette dabei und Löw entscheid sich für die semi-riskante Variante.

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Viererkette schon gefunden?

Philipp Lahm auf rechts, den soliden Arne Friedrich neben Per Mertesacker im Zentrum und Bayern-Youngster Holger Badstuber links in der Abwehrformation.

Vieles deutet daraufhin, dass so auch die Aufstellung für das erste Gruppenspiel gegen Australien lauten wird, auch wenn noch längst nicht alles glatt gelaufen ist. "Wir müssen uns noch ein bisschen besser finden", gestand Per Mertesacker, der ein für seine Verhältnisse eher schwaches Länderspiel ablieferte.

Badstuber offenbarte besonders im ersten Drittel der Partie einige Probleme, kämpfte und biss sich dann aber in die Partie. Seine Konkurrenten Dennis Aogo und Marcell Jansen schmorten 90 Minuten auf der Bank - ein Indiz dafür, dass Löw zumindest zu Beginn des Turniers auf den Münchener links hinten vertrauen will.

Mittelfeld funktioniert

Im defensiven Mittelfeld wiederum gab es ähnliche Anlaufschwierigkeiten, Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira mussten sich erst eine Halbzeit lang finden. Ein paar Störungen im Betriebsablauf waren einkalkuliert, besonders die Raumaufteilung der beiden stimmte nicht.

"Wir standen zu tief und konnten Bosnien so nicht unter Druck setzen. In der zweiten Halbzeit stand die gesamte Mannschaft zehn Meter weiter vorne, dann hatten wir Druck auf deren Mittelfeldspieler und schon war es besser", erklärte Miroslav Klose.

Mit ein paar korrigierenden Eingriffen Löws und einem weniger offensiven Khedira bekam Deutschland die Partie in der zweiten Hälfte voll in den Griff und strahlte schon viel von der Dominanz aus, die sich der Bundestrainer wünscht.

Jeder trägt Verantwortung

"Wir können überall noch ein bisschen besser werden. Dafür haben wir ja noch ein paar Trainingseinheiten, in denen wir Dinge einstudieren können", sah Schweinsteiger schon sehr gute Phasen seiner Mannschaft, die auch immer mehr "seine" Mannschaft wird.

Der Münchener war der erhoffte Chef auf dem Platz, dirigierte seine Mitspieler in der schwächeren ersten Halbzeit und trieb sie in der starken zweiten Halbzeit immer wieder voran. "Wichtig ist aber, dass jeder Spieler auf dem Platz eine gewisse Verantwortung trägt", sagte er nach dem Spiel.

Klose sieht sich auf gutem Weg

Bleiben noch zwei Problemfelder im deutschen Spiel: Die Position im rechten Mittelfeld und der Angriff. Klose ist immer noch nicht da, wo er so kurz vor einer WM-Endrunde sein müsste. Acht Ballkontakte hatte er in seinen 45 Minuten Spielzeit und keinen Torschuss - eine alarmierende Bilanz.

Und trotzdem gibt es auch Hoffnung auf Besserung. "Ungarn war nicht gut. Heute habe ich mich ein bisschen besser gefühlt. Leider sind wir nicht so gut ins Spiel gekommen. Ich merke jeden Tag, wie es ein bisschen besser geht. Das habe ich aber auch immer gesagt: Ich brauche die 17 Tage, deshalb werde ich jetzt auch nicht frei machen, sondern jeden Tag trainieren", versprach der Routinier. "Dann schauen wir mal, was dabei rauskommt."

Kloses Körpersprache war trotz der deprimierenden Statistik schon deutlich aggressiver, er forderte mehr Bälle, wurde aber nicht ein einziges Mal von seinen Mitspielern gefährlich in Szene gesetzt.

Müller Punktsieger gegen Trochowski

Was unter anderem auch daran lag, dass Piotr Trochowski einen schwarzen Tag erwischt hatte und sich wohl fürs Erste aus der Mannschaft gespielt hat. Zumal sein Nachfolger auf der rechten Seite richtig aufdrehte.

Thomas Müller komplettierte den Bayern-Block auf rechts mit Philipp Lahm und Schweinsteiger und brachte jene Geschwindigkeit ins deutsche Spiel, die davor gefehlt hatte. Er ist der klare Punktsieger im direkten Duell.

Großer Optimismus in der Mannschaft

Die Fans in Frankfurt gingen mit einem Lächeln im Gesicht nach Hause, weil sie von der deutschen Mannschaft mit einer teilwiese beeindruckenden Vorstellung für ihr Kommen belohnt wurden. Die Mannschaft sollte die nötige Euphorie entfachen, die es für eine WM-Endrunde braucht. Das ist ihr gelungen.

Das neue Führungsduo Schweinsteiger und Lahm jedenfalls versprüht jetzt schon großen Optimismus.

"2006 hatten wir einige Wochen vor dem Turnier noch gegen Italien verloren. Mein Gefühl jetzt ist besser. Die Mannschaft ist spielsicherer, sie ist passsicherer. Es gibt richtige Passstafetten, da ist viel Bewegung drin", sagte Schweinsteiger im Interview, und sein Münchener Kollege Lahm pflichtete bei: "Vor der WM 2006 hatte ich ein gutes Gefühl - aber jetzt ist es noch besser."

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