Borussia Dortmund weist die beste Abwehr der Gruppe auf, siegte zweimal ohne Gegentor gegen Newcastle - den deutlich schwersten Gegner aus Topf vier - und gewann verdient bei Milan, dem letztjährigen Halbfinalisten. Der vorzeitige Achtelfinaleinzug des BVB in "Todesgruppe" F der Champions League war alles andere als selbstverständlich, sondern ist besonders nach dem Start mit nur einem Punkt und ohne Treffer nach zwei Partien eine große Leistung.
Sie gehört daher auch entsprechend gewürdigt, denn sie kommt angesichts der prominenten und starken Gegner durchaus überraschend. Dortmund hat es in zwei Wochen vor heimischem Publikum sogar in der eigenen Hand, schon mit nur einem Punkt gegen PSG Gruppensieger zu werden.
Damit konnte man nach der Auslosung nicht rechnen. Anschließend genauso nicht, wenn man sich die trotz ordentlicher Punkteausbeute in der Bundesliga bisweilen mageren spielerischen Leistungen der Borussia vor Augen führt.
Doch jetzt hat der BVB das erste Saisonziel erreicht und neben Einnahmen von rund 15 Millionen Euro auch eine Menge Renommee gewonnen. Das wird für Erleichterung und idealerweise größeres Selbstvertrauen im Dortmunder Lager sorgen.
BVB-Gruppensieg als weiterer Beweis für die Wankelmütigkeit
Schließlich wurde der aktuelle Platz eins in der Gruppe mit sehr reifen Darbietungen herausgespielt, darunter zwei Auswärtssiegen und nur einem Gegentor in den vergangenen vier Partien. Die Vorstellungen in der Königsklasse lassen sich als Beweis heranziehen, dass Dortmunds Kader gut genug ist, um mit hochkarätigen Kontrahenten auch international mehr als mitzuhalten und ambitionierte Ziele zu erreichen.
Sie sind aber zugleich - mal wieder - ein weiterer Beleg für die Wankelmütigkeit des BVB. Es ist schwer erklärbar, weshalb diese Mannschaft in der Lage ist, Newcastle und Mailand zu besiegen, aber Bochum und Heidenheim nicht. Oder warum sie in den Partien gegen Bayern und Stuttgart, teils auch in Frankfurt oder gegen Gladbach, so chancen- und kopflos auftritt.
Elf Gegentore kassierte Dortmund in den vergangenen vier Partien in der Liga - es hätten mit Leichtigkeit noch deutlich mehr sein können. Der BVB steht dort auf Platz vier, von den derzeit fünf besten Teams hat jedoch niemand einen schwächeren Angriff (25 Tore nach zwölf Spielen) sowie eine schwächere Verteidigung (19 Gegentore).
BVB-Chef Hans-Joachim Watzke fordert mediale Fairness
Auch das gehört zur Wahrheit dazu, um einmal Hans-Joachim Watzke zu zitieren. Der Dortmunder Geschäftsführer sagte diesen Satz am Sonntag bei der Hauptversammlung des Klubs und bezog ihn auf den ersten Platz in der Champions-League-Gruppe.
Traditionell ließ Watzke bei der Veranstaltung nicht die Gelegenheit verstreichen, um zu einer reichlich überzogenen Medienkritik auszuholen. Er sah ein in Bezug auf die Berichterstattung rund um den BVB angeblich seit Monaten anhaltendes "Trommelfeuer, wie ich es ewig nicht erlebt habe".
Watzke bat dabei um Fairness "mit einem analytischen Ansatz", denn: "Wir lassen es nicht zu, dass man uns zerstören will, nur weil man dadurch mehr Klicks generiert." Diese analytische Sicht, wie sie Watzke später noch nannte, fällt aber gerade angesichts der nun schon jahrelangen Ambivalenz seines Vereins alles andere als leicht.
BVB: Sicher ist nur, dass nichts sicher ist
Schließlich brachten und bringen die zwei Dortmunder Gesichter bereits die eigenen Verantwortlichen regelmäßig zur Verzweiflung und sorgen bei ihnen für große Rätsel, die ganz offensichtlich bis heute nicht gelöst werden konnten. Auch deshalb hängt das weitere Fortkommen der Westfalen in der Hinrunde gewissermaßen am seidenen Faden.
In der kommenden Woche könnte der BVB dem tollen Abend von Mailand einen weiteren folgen lassen, sollte man im DFB-Pokal die starken Stuttgarter ausschalten. Fliegt die Borussia aber dort hinaus und holt auch in den Begegnungen gegen Leverkusen und Leipzig keinen Sieg, dreht sich der Wind in Dortmund wieder im Nu.
Sicher beim BVB ist nur, dass nichts sicher ist. Daher wechseln sich rund um die sportlichen Leistungen der Borussia Lob und Kritik, Erklärungen und Ratlosigkeit, schwarz und weiß häufig ab. Das heißt aber nicht automatisch, dass dadurch kein analytischer Ansatz verfolgt wird. Heute ist eben Zeit für Lob, Herr Watzke: Denn das bisherige Auftreten in der Champions League bleibt dennoch und natürlich ein starker Zwischenerfolg, der von allen Eventualitäten der Zukunft nicht geschmälert würde.
BVB: Die restlichen Spiele von Borussia Dortmund im Jahr 2023
Datum | Wettbewerb | Gegner |
3. Dezember, 17.30 Uhr | Bundesliga | Bayer 04 Leverkusen (A) |
6. Dezember, 20.45 Uhr | DFB-Pokal | VfB Stuttgart (A) |
9. Dezember, 18.30 Uhr | Bundesliga | RB Leipzig (H) |
13. Dezember, 21 Uhr | Champions League | Paris Saint-Germain (H) |
16. Dezember, 15.30 Uhr | Bundesliga | FC Augsburg (A) |
19. Dezember, 20.30 Uhr | Bundesliga | 1. FSV Mainz 05 (H) |