Das Leben des Josep

Von Für SPOX in der Allianz Arena: Fatih Demireli
Pep Guardiola ist mit Bayern gegen Atletico Madrid ausgeschieden
© getty

Pep Guardiola wurde beim FC Bayern nie wirklich geliebt. Daran hätte auch ein Champions-League-Titel nichts geändert. Den Katalanen stört das nicht weiter, vollends glücklich wird er München aber dennoch nicht verlassen. Als gescheitert darf er auch nicht gesehen werden.

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In Monty Pythons Kultfilm "Das Leben des Brian" wird Brian Cohen fälschlicher Weise für den Messias gehalten. Wider Willen wird er als Heilsbringer wahrgenommen, als Botschafter der Glückseligkeit. Seine Versuche dem Wahnsinn zu entkommen, enden erfolglos.

Nun. Pep Guardiola wurde bei seiner Ankunft in München nicht für den Messias gehalten und auch nicht als Botschafter des Glücks. Aber der Wahn, der um den Katalanen nach dessen Wechsel zum FC Bayern ausgelöst wurde, hatte teils hysterische Züge. Seine Vorstellung wurde in über 100 Ländern ausgestrahlt, in der Pressekonferenz im Juni 2013 waren mehr Journalisten anwesend als nach dem Champions-League-Finale 2012 an gleicher Stelle.

Guardiola versuchte wie Brian zu erklären, dass er kein Glücksbringer sei. Wie Brian, ohne Erfolg. Zumindest bis Dienstagabend. Denn seitdem glauben sie ihm, dass er keiner ist. Guardiola wurde seit dem ersten Tag an einem Champions-League-Titel gemessen. Und nur an einem Champions-League-Titel. "Ich war hier, um jedes Spiel und auch die Champions League zu gewinnen. Ich habe gekämpft und mein Bestes gegeben. Ich habe mein Leben für diese Mannschaft gegeben", sagte Pep nach dem dritten Halbfinal-Aus des FC Bayern in der Königsklasse.

Nie wie Hitzfeld, van Gaal und Co.

Das Leben des Josep beim FC Bayern. Es hatte mehr glückliche Momente als unglückliche, aber die Vollendung bleibt ihm verwehrt - auch wenn er Ende Mai mit zwei weiteren Titel die bayerische Landeshauptstadt Richtung Manchester City verlassen sollte. Denn Pep sagt auch: "Natürlich zählen auch die Zahlen. Wir haben kein Finale in der Champions League erreicht. Aber so ist Fußball, das muss man akzeptieren."

Akzeptanz war nie das Problem. Die hohe Erwartungshaltung schon. Gemeint ist dabei nicht nur die aus dem Umfeld des Klubs, sondern auch die eigene. Er forderte von sich, von seiner Mannschaft und von jedem Einzelnen aus dem beruflichen das Maximum. Und wenn möglich sogar etwas mehr. Dass er dabei manchmal zur Verbissenheit neigte und die gerade in München so geschätzte Herzlichkeit so wenig an den Tag legte, verhinderte, dass er wirklich geliebt wurde.

Pep stieg nie in die Sphäre vieler seiner Vorgänger auf. Ottmar Hitzfeld war auch keine Quelle der Emotionen, zeigte aber Gefühle, vermittelte dem Umfeld, dass er zu ihnen gehört. Jupp Heynckes war und ist ein Freund des Vereins, er wurde gefeiert und geehrt. Selbst Louis van Gaal, den seine Chefs nicht liebten, zeigte eine Volksnähe wie fast keiner vor ihm. Sie wurden alle auf ihre Weise geliebt, Pep dagegen nur respektiert.

Für ihn ist das kein Problem, er ging die Sache immer professionell an. Geliebt werden? Gerne, aber kein Muss. Sprechchöre für ihn gab es nie. Dass er den Verein verlässt, nehmen die Zuschauer lediglich zur Kenntnis. Im ersten Heimspiel nach seiner Verkündung, den Verein im Sommer verlassen zu wollen, gab es keinerlei Reaktionen.

Pep ist nicht gescheitert

Wahrscheinlich hätte auch ein Champions-League-Titel Pep nicht zum beliebtesten Bayern-Trainer aller Zeiten gemacht. Aber er hätte zumindest die Anerkennung bekommen, die er sich erwünscht und auch verdient hätte. Pep Guardiola ist in München nicht gescheitert. Jeder Bayern-Spieler hat sich unter dem Katalanen deutlich weiterentwickelt.

Von Torhüter Manuel Neuer, der bei SPOX kürzlich sagte, dass er "in den letzten drei Jahren unter Pep" eine deutliche Weiterentwicklung seines Spiels erlebt habe, bis Robert Lewandowski, der deutlich beweglicher und flexibler agieren kann als noch vor seinem Wechsel nach München.

Dass er nebenbei jedes Jahr Meister wurde und einmal den Pokal holte, wird ihm in der öffentlichen Wahrnehmung zwar nicht groß zugeschrieben, aber diese Ziele hat er nun mal erreicht und auch über weite Strecken spielerisch neue Maßstäbe gesetzt. Wäre da eben nicht dieser Champions-League-Titel. Drei Mal scheiterte er an spanischen Teams. Jedes Jahr wurde es ein wenig knapper.

Besser geht es gegen Atletico nicht

Das 2:1 gegen Atletico Madrid am Dienstagabend war eines der besten Saisonleistungen der Bayern, die gegen Diego Simeones Defensivspezialisten 33 Torschüsse verbuchten. Ein Rekord in Halbfinalspielen seit Beginn der Datenerfassung. Wahrscheinlich kann man gegen dieses Atletico auch gar nicht besser spielen. Aber es reichte nicht. Pep war "glücklich" und "stolz" in der Pressekonferenz nach dem Spiel. Stolz, wie seine Mannschaft seine Ideen umsetzte, um das komplizierteste Team Europas zu besiegen. Ein Sieg war es, nur nicht hoch genug.

Einen neuen Versuch wird Pep nun in Manchester starten. Auch dort wird er es erst gar nicht versuchen, geliebt zu werden. Er wird versuchen, die Champions League zu gewinnen. Und wahrscheinlich wird er es deutlich schwerer haben, weil er dort keine fertige Mannschaft vorfinden wird wie in München. Und auch dort werden die Erwartungen nicht kleiner sein.

Pep wird für den FC Bayern noch drei Mal an der Seitenlinie stehen. Verabschiedet hat er sich seelisch und verbal aber schon am Dienstagabend. Dem Team bescheinigt er eine "große Zukunft". Und: "Ich wünsche Carlo Ancelotti alles Gute und hoffe, dass er die Ziele erreichen kann." Ganz so schlimm wie es bei Brian in Pythons Streifen war, wird Peps Zeit in München nicht enden, aber vielleicht hält es der Katalane auch so wie sein Leidensgenosse und schaut am Ende auf die sonnige Seite des Lebens.

FC Bayern München - Atletico Madrid: Daten zum Spiel

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