Trauriges Spektakel, glückliches Ende

Von Daniel Reimann
Bei Bayern Sieg in Moskau war aufgrund einer UEFA-Strafe kein Publikum zugelassen
© getty

Trotz widriger Bedingungen siegt der FC Bayern auch bei ZSKA Moskau. Dabei ging der FCB ein Risiko ein, das Trainer Pep Guardiola noch länger beschäftigen wird. Doch am Wichtigsten ist: Bloß kein Geisterspiel-Deja-Vu.

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Am Ende hallten doch ein paar Fangesänge durch das weite, leere Rund in Moskau. Etwa 300 bis 400 Leute auf den Rängen feuerten ZSKA an. Manchmal gemeinsam mit den Fans vor der Arena, manchmal im Wechsel. Die "Fans" waren geladene UEFA-Sponsoren, offenbar mit leichten Sympathien für den Gastgeber.

"Es waren wohl ein paar russische Sponsoren dabei", schmunzelte Karl-Heinz Rummenigge nach dem Spiel. Doch sie waren die einzigen, die für einen Hauch von Stadionatmosphäre sorgten. Sonst herrschte eine beängstigende Stille.

Eine Stille, die zwar interessante Einblicke in die Kommunikation auf dem Platz oder auf der Pressetribüne bot, aber gleichzeitig offenbarte, welch trauriges Spektakel ein Fußballspiel ohne Fans darbieten kann.

"Ich hoffe, dass ich so etwas nie wieder erleben muss"

"Ich bin seit 40 Jahren im Fußballgeschäft, aber so etwas habe ich noch nie erlebt", sagte Rummenigge und fügte hinzu: "Ich hoffe, dass ich so etwas auch nie wieder erleben muss. Wenn ich aus meinem Büro bei unserem Training zuschaue, ist das sympathischer, als das, was ich heute Abend hier erlebt habe."

Auch Trainer Pep Guardiola fühlte sich unwohl in der verlassenen Arena: "Es ist ein bisschen seltsam ohne Fans. Das ist ein komisches Gefühl. Der Fußball ist für die Leute, nicht für uns", sagte der Spanier nach Abpfiff.

Besonders irritierend muss die Situation jedoch für die Spieler gewesen sein. Wohin sie auch sahen, herrschte Leere. Kein Jubel, keine Anfeuerung, nicht einmal Pfiffe. "Es war schon sehr seltsam", gab Thomas Müller zu. Doch nicht nur deshalb taten sich die Bayern bisweilen schwer gegen ZSKA.

"Es war nicht nur wegen den nicht vorhandenen Fans ein komisches Spiel, sondern auch wegen der Spielweise des Gegners", erklärt Müller.

Wenig Durchschlagskraft gegen die Fünferkette

Dieser stellte sich konsequent hinten rein, agierte mit einer Fünferkette in der Abwehr und nochmal vier Mann aufgereiht davor. Im Gegensatz zu Manchester City machte ZSKA das Zentrum weitestgehend dicht. Beide Ketten waren gut aufeinander abgestimmt, die Passwege wurden oft konsequent abgeschnitten.

So fiel es den Bayern schwer, über die Mitte in den Strafraum zu gelangen und sich viele Großchancen zu erspielen wie noch gegen die Citizens. Aus dem eigenen Spiel heraus mussten die Münchner oft über Außen agieren und wurden meist dann gefährlich, wenn Bernat zur Flanke oder Robben zum Dribbling ansetzte.

Weitaus problematischer als die überschaubare Durchschlagskraft war jedoch die Anfälligkeit in der Defensive. Pep hatte nach dem Köln-Spiel noch betont, dass sein Team Zeit brauche, um die Spielweise zu verinnerlichen. Das wurde auch in Moskau an verschiedenen Stellen deutlich.

Hohes Risiko bei Kontern

Die Automatismen und Zuständigkeiten bei gegnerischem Umschaltspiel hat die Mannschaft offenbar noch nicht im Blut. Das 2-3-4-1-System, in dem Bayern bei ZSKA faktisch auftrat, bot Moskau viel Platz bei Kontern und obendrein gute Chancen auf zweite Bälle.

Beides wurde möglich, weil die Sechser nicht schnell genug zurückkamen und auch die Flügelspieler zu spät reagierten. So waren Mehdi Benatia und Dante manchmal gar auf sich allein gestellt, was besonders dem antrittsschnellen Musa zugute kam. Gegen Teams, die nach Ballgewinn schnell ins Vertikalspiel umschalten, könnte Pep mit diesem System auch weiterhin Gefahr laufen, dem Gegner reichlich Konterchancen zu bieten.

"Moskau war schnell bei Kontern, das wussten wir", sagte Müller. "Sie haben schnelle Stürmer, das kann man nicht immer kontrollieren", versuchte er zu erläutern. Dabei liegt das Problem nicht darin, dass ein Benatia gegen Musa aufgrund der Schnelligkeitsdifferenzen Laufduelle verliert.

Stattdessen müsste bei eigenem Ballbesitz entsprechend abgesichert werden, damit der Gegner nicht solch vermeintlich einfache Konterchancen erhält. Doch gegen Moskau waren es nur Dante und Benatia, die konsequent absicherten. Es wird wohl tatsächlich noch ein wenig dauern, bis die Mannschaft die Automatismen verinnerlicht, die sich Pep wünscht.

Pep zufrieden - Bayern auf Kurs

Zu seiner Freude reichte es gegen Moskau dennoch zum Sieg. "Für das zweite Spiel ist das ein ganz gutes Ergebnis", zeigte sich Guardiola zufrieden. Dass Bayern dabei riskant in so manchen Konter lief und es verpasste, früher den Sack zuzumachen, dürfte ihn im Nachhinein nicht mehr beschäftigen.

Sein Team hat unter ungewohnten Bedingungen in der von Sammer als ach so schwer bezeichneten Gruppe den zweiten Dreier eingefahren und nimmt Kurs aufs Achtelfinale.

Dass die Partie am Ende durch einen Foulelfmeter entschieden wurde, passt dabei ins Bild. Durch einen Müller, der beim Schuss mit dem Standbein wegrutscht, sich gerade so fangen kann und Keeper Igor Akifeev trotzdem souverän verlädt.

"Ich habe eine Schusstechnik, bei der ich mich am Rande der Physik bewege", schmunzelte Müller hinterher. Besser kann man seine Spielweise wohl ohnehin nicht beschreiben.

ZSKA Moskau - Bayern München: Die Statistik zum Spiel

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