Sieg mit Krönchen

Von Stefan Rommel
Adrian Ramos war mit zwei Treffern als Joker der Matchwinner
© getty

Borussia Dortmund behält nach dem 3:0 beim RSC Anderlecht in der Königsklasse seine weiße Weste. Die Mannschaft liefert gute Argumente, die auf eine bessere Zukunft hindeuten. Es bleibt aber auch noch ein bisschen Arbeit.

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Jürgen Klopp war wenig überraschend sehr gut gelaunt, als er nach der Partie seiner Mannschaft beim RSC Anderlecht vor die Mikrofone trat. Da war die Erkenntnis, dass Borussia Dortmund ja doch noch Spiele gewinnen kann. Daran hegten einige ihre Zweifel, nach drei Partien in Folge ohne Dreier.

Die nackten Zahlen machten Klopp froh, aber nicht nur die. Dortmunds Trainer hat in den letzten Tagen und Wochen einiges ertragen müssen, einen Perfektionisten wie ihn dürften die zu Bewegungstherapien verkommenen Trainingseinheiten des BVB unglaublich gewurmt haben.

Momentan habe er keinen Plan, den es zu verfolgen gilt, sagte er in Brüssel und wies erneut darauf hin, dass die aktuelle Dortmunder Mannschaft ein Provisorium bleibt. Zumindest noch für diese eine Partie, die bereits am Samstag gegen den Hamburger SV ansteht.

Danach kommt die Länderspielpause. Und die wird dem BVB einen ganzen Schwung der momentan noch verletzten Spieler offerieren. Marco Reus, Oliver Kirch und Henrikh Mhkitaryan werden dann zurück erwartet, was sofort weitere Alternativen für die Schaltzentrale im Dortmunder Spiel bedeutet.

Kehl als wichtiger Baustein

Sebastian Kehl hat es schon zum Anderlecht-Spiel geschafft. Und das war aus Dortmunder Sicht auch ganz gut so. Klopp konnte mit Kehl und Sven Bender eine einigermaßen eingespielte Doppel-Sechs aufbieten und auch deshalb wieder vom eher auf defensive Stabilität ausgelegten 4-4-2 abkehren. "Sebastian Kehl hat ein sehr gutes Spiel gemacht", lobte Klopp seinen Routinier. "Aber ich will erst weiter über ihn sprechen, wenn ich weiß, dass er im nächsten Spiel wieder dabei sein kann."

Kehl hatte Mitte der zweiten Halbzeit einen Schlag ab bekommen und danach in den Katakomben einen dicken, ordentlich straff bandagierten rechten Fuß präsentiert. "Er ist besser denn je", übertrieb Neven Subotic bewusst. "Ich habe Neven dafür eben 50 Euro gegeben", konterte Kehl den forschen Vorstoß.

Wieder ernsthafter, ordnete Kehl die Partie richtig ein. "Unser Sieg war souverän. Mit sechs Punkten stehen wir sehr gut da. Wir haben sehr gut begonnen und Anderlecht nicht zur Entfaltung kommen lassen. Es war eine sehr, sehr gute Mannschaftsleistung. Die Mannschaft wollte eine Reaktion zeigen, das hat man glaube ich gesehen. Jetzt wird es Zeit, dass wir auch in der Bundesliga wieder gut spielen."

Variabilität im Angriff

Dann wohl auch wieder im Spielsystem mit einem klaren Regisseur hinter der Spitze. Dort zeigte Shinji Kagawa einige sehr starke Aktionen und Ansätze, der Japaner benötigt jedes Spiel, um fast 24 Monate auf der Ersatzbank in Manchester aus den Füßen zu bekommen. "Ich habe Shinji heute sehr gut gesehen, er hat tolle Pässe gespielt. Es war ein großes Spiel und für uns total wichtig, gar keine Frage", sagte Klopp.

Für das Offensivspiel bleibt das 4-2-3-1 die beste Ausrichtung für den BVB. Gerade jetzt, wo im Angriff offenbar eine neue Variabilität Einzug hält. Und das ist die dritte positive Erkenntnis des Abends. Ciro Immobile, Pierre-Emerick Aubameyang und Adrian Ramos haben jeweils in jedem Wettbewerb in dieser Saison schon getroffen, in dem sie eingesetzt wurden.

15 Saisontore stehen bereits zu Buche, verteilt auf die Spieler Immobile (drei), Ramos (fünf) und Aubameyang (sieben). Klopp bieten sich auf Grund der verschiedenen Angreifertypen einige Variationsmöglichkeiten, die Robert Lewandowskis Arbeit auf Dauer auf mehrere Schultern verteilen könnten.

"Keine Perfektion erwartet"

Dass in Brüssel ein Gegner auf den BVB traf, der spielte wie eine hoch talentierte Jugendmannschaft, tat der Dortmunder Hochstimmung keinen Abbruch. Anderlecht wollte sogar nach dem Nackenschlag des ersten Gegentors nach drei Minuten nur zu gerne mitspielen. An harter und konsequenter Abwehrarbeit waren die Belgier nur selten interessiert.

"Das Spiel war knallharte Arbeit mit einem günstigen Spielverlauf. Wir haben 3:0 gewonnen und sind sehr zufrieden", sagte Klopp. Dortmunds Trainer wussten schon, warum er sein generelles Resümee etwas verpackte. Denn Klopp musste auch in Brüssel einige Probleme in der Defensivarbeit konstatieren.

"Wir haben es leidenschaftlich verteidigt und auch ein bisschen Glück gehabt in der einen oder anderen Situation. Du brauchst im Fußball auch ein bisschen Glück, das hatten wir heute", sagte Klopp. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir es perfekt verteidigt hätten. Es gibt da noch ein bisschen Spielraum. Das ist aber in Ordnung, ich habe keine Perfektion erwartet."

Ein wenig Luxus für Klopp

Aber immerhin hat es seine Mannschaft geschafft, mal wieder ohne Gegentreffer zu bleiben. Wieder in der Königsklasse. "Zu Null zu spielen, ist grundsätzlich das Beste", sagte Klopp. Das Dortmunder Spiel fußt elementar auf der Arbeit gegen den Ball. Fortschritte in diesem Segment dürfte Klopp mit großem Enthusiasmus registrieren. "Zu Null, das ist das Krönchen auf den Sieg!"

Am Samstag geht die Jagd nach der Form in die nächste Runde. Klopp konnte sich gegen den belgischen Meister den kleinen Luxus leisten, Spielern wie Mats Hummels oder Kevin Großkreutz wenigstens einige Minuten Verschnaufpause zu geben. Matthias Ginter und Milos Jojic durften komplett pausieren.

Die Partie gegen Anderlecht wurde im Vorfeld als möglicher Wendepunkt einer bis dato eher enttäuschend verlaufenen Saison tituliert worden. Aber selbst ein noch höherer, noch souveräner herausgespielter Sieg als Antwort auf eine Derby-Niederlage wäre nichts wert, wenn die nächste Partie gleich wieder in die Hose geht. Gegen den HSV, der in letzter Zeit gerne mal gegen den BVB überraschen konnte, steht einiges auf dem Plan.

Die Mannschaft muss die Leistung und im besten Fall auch das Ergebnis bestätigen, ein Erfolgserlebnis dürfte die zweiwöchige Pause bis zum nächsten Siel deutlich angenehmer gestalten. "Das war heute ein großer und wichtiger Schritt für uns", sagte Klopp. "Wir dürfen uns auch kurz freuen, aber wenn wir morgen aufwachen, ist da die HSV-Raute in unseren Augen."

Es gehe Schlag auf Schlag weiter, sagte er dann noch. "Und es gibt noch ein bisschen was zu tun." Momentan mag ihm da niemand widersprechen.

RSC Anderlecht - Borussia Dortmund: Die Statistik zum Spiel