Champions League - FC Bayern düpiert Lazio Rom: Eine Diva, die die große Bühne braucht

Von Dennis Melzer
Der FC Bayern zeigte beim 4:1 bei Lazio Rom sein Titel-Gesicht.
© getty

Nach zuletzt holprigen Leistungen zeigt der FC Bayern im Achtelfinal-Hinspiel beim 4:1 in Rom sein Champions-League-Gesicht (die Highlights im Video). Es scheint, als brauche das Team von Hansi Flick die große Bühne.

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Es muss eine Wohltat für Ohren und Seele der Bayern-Spieler gewesen sein, als sie endlich wieder aus den Boxen schallte, die legendäre Champions-League-Hymne.

Die musikgewordene Bestätigung, es als Fußballer geschafft zu haben, ebenjene Komposition, die bei Aficionados des runden Kunstleders rund um den Globus für Gänsehaut sorgt. Tony Brittens Schaffenswerk macht unmissverständlich klar: Das ist sie, die große Bühne.

Und genau diese Bühne scheinen die Münchner zu brauchen, um zu Höchstleistungen aufzulaufen.

Ganz so, als habe die Hymne einen unsichtbaren Knopf betätigt, als sei das schlichte Hören von Worten wie "Meister", "grandes equipes" und "Champions" Anlass genug, sich auf seine Stärken zu besinnen, fegten die Gäste besonders im ersten Durchgang über Lazio Rom hinweg, ließen die stolzen Adler wie flügellahme Zeisige erscheinen.

Gegen Bielefeld und Frankfurt: Bayern werden zu spät wach

Eine Entwicklung, mit der unter Berücksichtigung der vergangenen Bayern-Auftritte nicht unbedingt zu rechnen war. Seit dem letzten Champions-League-Spiel waren etliche Wochen und Spiele ins Land gegangen, die Mannschaft von Hansi Flick hatte ihren sechsten Titel binnen eines Jahres in Katar eingetütet, aber eben auch beispielsweise auf dem matschigen Rasen Kiels die Chance verspielt, genau dieses Kunststück im neuen Jahr zu wiederholen.

Zuletzt trotzte Abstiegskandidat Bielefeld dem Klassenprimus einen Punkt ab, eine spielfreudige Eintracht aus Frankfurt behielt am vergangenen Wochenende gleich alle drei Zähler am Main. In beiden Fällen sorgten die jeweils ersten 45 Minuten für Kopfzerbrechen bei Flick, dessen Kader wegen einiger Corona-Erkrankungen und Verletzungen mehr und mehr zusammengeschrumpft war.

Müde wirkten diejenigen, die ihm geblieben waren, hellwach dagegen besagte Kontrahenten.

Flicks Handschrift, die die Bayern seit seinem Amtsantritt zu einer Übermacht avancieren ließ und bis zum Gewinn des Henkelpotts in Lissabon führte, schien mitunter dechiffriert. Nicht von den Schwergewichten des Weltfußballs, sondern von Kiel und Bielefeld. Auch weil Leichtigkeit und Konsequenz abhandengekommen waren.

FC Bayern zeigt zur Champions League sein Titel-Gesicht

Umso bemerkenswerter, dass die Attribute, die aus den darniederliegenden Kovac-Bayern die Sextuple-Bayern geformt hatten, in Rom, pünktlich zur Champions League, plötzlich wieder zutage traten: Frühes, beharrliches Pressing, hohe Ballgewinne, daraus resultierende Chancen und Mittelfeld-Hoheit.

"Wir haben es geschafft, diesen Matchday-Modus, den wir im vergangenen Jahr häufig thematisiert haben, auf den Platz zu bringen", sagte Leon Goretzka im Anschluss bei Sky. Er ergänzte: " Wir waren von Anfang an aggressiv, hatten in der Anfangsphase sehr guten Zugriff und haben die Bälle sehr hoch gewonnen. Das hat uns in der vergangenen Saison stark gemacht und wir haben uns vor dem Spiel vorgenommen, dass wir dahin zurück müssen."

Dass die Vorsätze fruchteten, war eng mit Goretzkas Rückkehr nach überstandener Corona-Erkrankung verknüpft. Drei Wochen hatte der Nationalspieler zuvor pausieren müssen, das Fehlen seiner Präsenz und Wucht fiel merklich ins Gewicht.

Trotz des personellen Aderlasses und der jüngst nicht unbedingt zufriedenstellenden Leistung Niklas Süles auf der Rechtsverteidigerposition, verzichtete Flick darauf, Joshua Kimmich nach hinten zu beordern, sondern schenkte Süle erneut das Vertrauen.

Es zahlte sich aus. Nicht bloß, weil Süle ein starkes Spiel bot, sich immer wieder ins Offensivspiel einbrachte und mit dem einen oder anderen überraschenden Kabinettstückchen aufwartete, sondern, weil Kimmich und Goretzka dem Zentrum Stabilität verliehen. Die beiden verbuchten gemeinsam die meisten abgefangenen Pässe (jeweils fünf) aller Spieler und stopften Löcher, bevor der Gegner sich etwaige Freiräume zunutze hätte machen können.

Leroy Sane: "Wir wollten ein Zeichen setzen"

Eine Grundlage, die den Offensivkräften ermöglichte, häufig schon in des Gegners Hälfte aussichtsreiche Balleroberungen zu provozieren. "Wir waren von der ersten Minute an da und wollten ein Zeichen setzen. Wir wollten auswärts aggressiv nach vorne spielen", erklärte Leroy Sane im Gespräch mit Sky.

In dem Wissen, dass er und seine Kollegen in der jüngeren Vergangenheit häufig nicht von der ersten Minute an da waren. Das aggressive Auftreten wurde gleich belohnt, als Kimmich den am Dienstagabend gänzlich überforderten Mateo Musacchio in Verlegenheit brachte und dieser einen verhängnisvollen Rückpass in Robert Lewandowskis Füße spielte.

"Das haben wir gut gemacht. Wir hatten hohe Ballgewinne und haben dann Torchancen rausgespielt und Tore gemacht. Von daher sind wir sehr zufrieden", zeigte sich auch Hansi Flick im Nachgang zufrieden und schob interessanterweise nach: "Champions League ist etwas Besonderes, gerade für unsere Spieler. Wir wollten von Anfang an hellwach sein und auf dem Platz stehen. Jeder einzelne war bereit und hat den Willen gehabt, etwas Besonderes zu leisten."

Die Königsklasse veranlasst die zuletzt mürrische Diva also dazu, auf der großen Bühne wieder ihr strahlendstes Lächeln zu zeigen. Die berüchtigte Hymne, die gemeinhin für fußballerischen Glamour steht, animiert die Bayern, den Glanz zu versprühen, mit dem sie speziell im Sommer zu begeistern wussten.

Allianz-Arena-Stadionsprecher Stephan Lehmann könnte sie am kommenden Samstag gegen Köln ja einfach mal abspielen - als Wohltat für Ohren und Seele, quasi als Wachmacher.

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