RB-Coach Julian Nagelsmann exklusiv: "PSG hat sehr viel Tempo, das taktisch irgendwann nicht mehr aufzuhalten ist"

Von Daniel Herzog
Julian Nagelsmann steht mit Leipzig im CL-Halbfinale
© imago images/Peter Schatz

RB-Coach Julian Nagelsmann spricht vor dem Halbfinal-Auftritt der Leipziger in der Champions League gegen PSG (Dienstag, 21 Uhr live auf DAZN) im Interview mit DAZN und SPOX über den Matchplan gegen die Elf von Thomas Tuchel und gibt seine Einschätzung zu Bayerns Kantersieg gegen Barca ab. Hier nochmal die Highlights vom RB-Sieg gegen Atletico im Video anschauen!

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Außerdem äußert sich Nagelsmann zur Kritik an Pep Guardiola nach dem Aus von Manchester City und verrät, warum er sich ein deutsch-deutsches Finale wünschen würde.

Julian Nagelsmann über ...

... das Gefühl, im Viertelfinale zu stehen: "Das haben wir relativ schnell realisiert. Im Fußball ist es doch so, dass das Ergebnis von gestern heute nicht mehr zählt. Du willst immer mehr erreichen, in unserem Fall ins Finale kommen. Deshalb geht die Arbeit weiter. Du bereitest das nächste Spiel vor, denn du willst den Jungs ja auch einen guten Matchplan präsentieren, der nicht zu kompliziert ist, aber auch Veränderungen zulässt."

... die Aussagen von Atletico-Trainer Diego Simeone, RB habe ein perfektes Spiel gezeigt: "Ein perfektes Fußballspiel gibt es nicht. Aber wenn man das ganze Drumherum und die Drucksituation sieht, muss man zumindest sagen, dass meine Mannschaft eine perfekte Einstellung an den Tag gelegt hat. Die Jungs waren nicht nervös, sondern total befreit, gierig und emsig. Dass spielerisch nicht alles hundertprozentig funktioniert, ist auch klar. Deshalb habe ich den Jungs auch im Vorfeld nicht gesagt, dass ich erwarte, dass alles perfekt läuft."

... die Entstehung des Siegtreffers von Tyler Adams: "Du bereitest Situationen vor, bei denen du das Gefühl hast, die könnten öfter vorkommen. Und wenn sie dann so umgesetzt werden wie bei unserem zweiten Tor, ist schon ein wenig Genugtuung dabei. Nicht nur für mich, sondern für die ganzen Analysten. Das ist ein kollektiver Verdienst."

... Glückwünsche aus der Bundesliga: "Ein, zwei Kollegen aus der Bundesliga haben sich nach dem Spiel gemeldet und gesagt, dass es ein interessantes Spiel war und unsere Herangehensweise gut war. Darüber habe ich mich natürlich gefreut, wie auch über alle anderen Glückwünsche."

Julian Nagelsmann: "Barca war richtig schlecht"

... Atalanta vs. PSG: "Atalanta hatte eine sehr gute Phase in der ersten Halbzeit, aber in der zweiten Halbzeit waren sie schon recht müde und standen sehr tief und teilweise weit vom Gegner weg. Am Ende hat sich die Qualität dann schon durchgesetzt. Es ist auch nicht so gewesen, dass PSG Tore aus 40 Metern geschossen hat. Die haben sich das erarbeitet. So, wie sie es beim zweiten Tor gespielt haben, haben sie es etwa schon häufiger gespielt. Am Ende sind sie verdient weitergekommen."

... den Matchplan gegen PSG: "Es ist wichtig, im Kollektiv zu arbeiten. Wir müssen in erster Linie schauen, dass wir die Bälle in die Tiefe verhindern. Sie haben genaue Zielräume, in die sie vor die gegnerische Abwehrkette spielen wollen, um anschließend in die Tiefe zu gelangen. Wir haben schon eine Idee entwickelt, wie wir diese Räume schließen. Es geht darum, wahrzunehmen, wie viel Druck der Ballführer hat. Trotzdem hat der Gegner eine unglaubliche individuelle Qualität, vor allem sehr viel Tempo, das taktisch irgendwann nicht mehr aufzuhalten ist und physisch sowieso nicht, denn wenn ein Mbappe einen Km/h schneller ist als du, dann ist er das halt und du kannst nichts dagegen machen. Ich glaube, dass wir dem Gegner mehr wehtun können, wenn wir selbst viel den Ball haben und Chancen kreieren wollen."

... Bayern vs. Barca: "Bayern war unglaublich gut, alle Spieler waren gierig und haben eine hohe Intensität an den Tag gelegt. Barcelona war ehrlich gesagt aber auch richtig schlecht. Die Mannschaft wirkte überhaupt nicht frei, sehr beschäftigt im Kopf und langsam in ihren Aktionen. Nach dem 1:1 hatten sie ein, zwei gute Aktionen, aber danach kam nichts mehr. Dass sie am Ende acht Gegentore kriegen, ist dann fast schon eine Spur zu viel. Das darf nicht passieren auf diesem Niveau. Ich war schon auch verwundert, ein wenig erschrocken, weil es überhaupt nicht ausgeglichen war. Ich will die Leistung der Bayern natürlich nicht schmälern, das war außergewöhnlich stark. Aber der Gegner war nicht in der Lage, dagegenzuhalten."

Julian Nagelsmann: "Deutsch-deutsches Finale wäre schön"

... die Form der Bayern: "Sie machen es sehr, sehr gut und sind aktuell die stabilste Mannschaft in Europa, was sie auch in der Bundesliga gezeigt haben. Lyon ist aber auch nicht so schlecht. Es ist gar nicht so einfach, gegen diese Mannschaft zu gewinnen. Wir haben in der Gruppenphase einmal Unentschieden gegen sie gespielt und einmal verloren. Sie haben viele junge hungrige Spieler, sind körperlich stark und haben mit Rudi Garcia einen Trainer, der sie immer top einstellt - ein ekliger Gegner. Gegen City hatten sie aber auch den Spielverlauf ein wenig auf ihrer Seite."

... Hansi Flick, den er aus Hoffenheim gut kennt: "Er hat mir nach unserem Sieg gegen Atletico gratuliert, ich habe ihm nach ihrem Sieg gegen Barcelona gratuliert. Wir haben ein gutes Verhältnis zueinander. Hansi ist ein total offener, unglaublich herzlicher Mensch, den ich immer anschreiben oder anrufen kann und er sich dann bei mir zurückmeldet. Ich gönne ihm den Erfolg absolut."

... den Vorwurf an Pep Guardiola, zu verkopft an die großen Spiele heranzugehen: "Das kann ich bei Pep nicht bewerten, weil ich nicht weiß, wie oft sie vorher schon Dreierkette trainiert haben. Die Idee, die er grundsätzlich hatte, war für das Format seiner Spieler sicherlich nicht zu kompliziert. Ob 3-4-3 oder 4-3-3, ich glaube nicht, dass das ganz so entscheidend für einen Kevin de Bruyne ist. Am Ende sind es einzelne Situationen und nicht die Grundordnung. In meinen Augen ist es ohnehin ein bisschen zu leicht und zu plakativ, immer die Grundordnung für so etwas verantwortlich zu machen. Wenn er gewonnen hätte, hätten alle gesagt: 'Weltklasse-Taktik! Jetzt hat er alle überrascht.' Es ist eine Gratwanderung. Du musst in einem K.o.-Spiel ja auch oft taktische Anpassungen vornehmen, die du im Ligabetrieb vielleicht nicht machst. Da nimmst du zur Not auch mal einen Punkt mit. Das geht in der Champions League nicht. Jeder Trainer muss da seinen eigenen Weg finden."

... seine Wunschkonstellation für das Finale: "Wir in Deutschland haben in den vergangenen Jahren ja oft einen auf den Deckel bekommen, weil wir international nicht immer gut abgeschnitten haben. Von daher wäre ein deutsch-deutsches Finale für die Bundesliga schön."