FC Bayern nach Arbeitssieg gegen AEK Athen: Lautes Orchester setzt plötzlich auf leise Töne

Von Dennis Melzer
Der FC Bayern München gab sich nach dem Sieg über AEK Athen bescheiden.
© getty

Der FC Bayern München und seine Verantwortlichen sind nicht dafür bekannt, sich in Understatement zu üben. Nach dem Spiel gegen Athen (2:0) schlugen die Münchner aber ungewohnt leise Töne an.

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Es ist noch nicht allzu lange her, da setzte sich das Dreimann-Orchester, bestehend aus Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Hasan Salihamidzic in einem kleinen, beschaulichen Raum im Münchner Süden vor eine Handvoll Journalisten und spielte eine halbstündige, brachiale Sinfonie, die innerhalb weniger Sekunden ganz Deutschland aufhorchen ließ. Ein Crescendo, das tagelang größtenteils vernichtende Kritiken in den einschlägigen Medien nach sich zog.

Der Tenor der Rezensenten: Unverhältnismäßig laut, zu fortissimo. Mittlerweile haben sich die Gemüter in der bayrischen Landeshauptstadt, dort, wo - sofern es sich um fußballerische Angelegenheiten handelt - der Sound nicht fast immer geräuschvoller ist als im Rest der Republik, beruhigt. Die Töne, die nach dem 2:0-Arbeitssieg des FC Bayern im Champions-League-Gruppenspiel gegen AEK Athen angestimmt wurden, muteten gar sehr piano an.

Ergebnistechnisch läuft es für den deutschen Rekordmeister zwar nach der denkwürdigen Pressekonferenz des Führungstrios wieder einigermaßen rund, immerhin gingen seither sechs Pflichtspiele ins Land, von denen keines verloren wurde (fünf Siege, ein Remis).

Ambitionen des FC Bayern sind größer

Rundum zufrieden mit den Darbietungen in Königsklasse, DFB-Pokal und Bundesliga können die Protagonisten, deren Ansprüche jenseits von glanzlosen Pflichterfolgen über den Fünftplatzierten der griechischen Liga, Zweitrunden-Mühseligkeiten bei viertklassigen Dorfklubs oder Punkteeinbußen vor heimischer Kulisse gegen den SC Freiburg liegen, nicht sein.

Zugegebenermaßen verlief die Begegnung mit Athen am Mittwochabend in der Allianz Arena ohne weitere Komplikationen, lediglich in den ersten 20 Minuten strahlten die Gäste aus Südeuropa einen Hauch von Gefahr aus, der allerdings nach Robert Lewandowskis sicher verwandeltem Foulelfmeter in Gänze abebbte.

Souverän erstickte der deutsche Serienmeister die uninspirierten Angriffsversuche im Keim und tauchte seinerseits gleich mehrfach verheißungsvoll vor AEK-Schlussmann Vasilios Barkas auf, der letztlich eine höhere Niederlage seiner Mannschaft mit mehreren guten Paraden verhinderte. Lediglich einmal musste sich der Schlussmann im zweiten Durchgang geschlagen geben, als Lewandowski eine Kimmich-Ecke am langen Pfosten im Netz unterbrachte.

Manuel Neuer: Im Moment keine Super-Bayern

Leon Goretzka fasste das Ganze im Anschluss an die Partie recht treffend zusammen. "Wir haben schwer ins Spiel gefunden, die ersten 20 Minuten waren etwas wild", sagte der Mittelfeldmann in der Mixed Zone und schob nach: "Danach haben wir uns aber gefunden und strukturierter agiert. In der zweiten Halbzeit hat unser Pressing besser funktioniert."

Dass trotz des ungefährdeten Sieges aus spielerischer Sicht allerdings weiterhin nicht alles rund läuft, griff Kapitän Manuel Neuer selbstkritisch auf: "Dass man im Moment nicht die Super-Bayern sieht, das wissen wir. Dass wir hier kein Feuerwerk abfackeln, hat man dann auch gesehen. Man hat gemerkt, dass wir nichts geschenkt bekommen, wir mussten uns das hart erarbeiten", erklärte er weiter.

Nicht unbedingt der "Normalzustand", den man von den Bayern der letzten Jahre kennt. "Es ist auf jeden Fall eine schwierige Zeit. Ich persönlich bin aus einer Verletzung herausgekommen, habe dann die WM mitgemacht, da war schon ganz viel Negatives und beim FC Bayern war es in den letzten Wochen auch sehr kritisch. Man konnte nicht so richtig durchatmen, deshalb kann man auch nicht mit dieser Leichtigkeit auf dem Platz stehen.", führte Neuer weiter aus.

FC Bayern übt sich im ungewohnten Understatement

Und so rückte die Pflichtaufgabe gegen AEK auch recht schnell in den Hintergrund, vielmehr lag der Fokus im Nachgang auf dem anstehenden Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund am kommenden Samstag (18.30 Uhr im LIVETICKER). Mit Hinblick auf die Verfassung des FCB, der beim in der Liga noch ungeschlagenen Tabellenführer ran muss, schoben die Münchner die Favoritenrolle den formstarken Schwarz-Gelben zu, übten sich in ungewohntem Understatement.

"Wir müssen die Tabelle lesen und die Tabelle sagt ganz klar aus: Vier Punkte Vorsprung und ein sehr gutes Torverhältnis. Der Favorit ist sicherlich Dortmund, weil sie auch zuhause spielen", sagte Trainer Niko Kovac beispielsweise.

Selbst Hoeneß, der traditionell um keine Spitze in Richtung Ruhrgebiet verlegen ist, konstatierte: "Man kann ja nicht nach Dortmund fahren und sagen: 'Ich will einen Dreier holen.' Dortmund hat bisher eine sehr gute Saison gespielt. Wir fahren nicht als Favorit, sondern nach langer Zeit als Außenseiter dorthin."

Thomas Müller mit der lautesten Ansage

Sätze, die von einigen Reportern als taktische Maßnahme interpretiert wurden, um Dortmund unter Druck zu setzen. Auf die zuvor getätigten Aussagen seines Präsidenten angesprochen, sagte Mats Hummels: "Es ist völlig egal, ob man vorher als Außenseiter oder Favorit gilt. Ich weiß auch gar nicht, was besser sein soll. Vielleicht handelt es sich dabei um taktisches Kalkül, ich bin aber nicht in der Position, dass ich meine Aussagen taktisch treffen muss."

Die nächsten fünf Spiele des FC Bayern München

DatumWettbewerbGegner
10.11BundesligaBorussia Dortmund (A)
24.11BundesligaFortuna Düsseldorf (H)
27.11Champions LeagueSL Benfica (H)
01.12BundesligaWerder Bremen (A)
08.12Bundesliga1. FC Nürnberg (H)

Nur Thomas Müller, der eigentlich als verlässlicher Redner in der Mixed Zone gilt, wollte sich in den Katakomben der Fröttmaninger Arena diesmal nicht äußern, gab stattdessen im Vorbeigehen die Marschroute vor: "Volle Attacke Richtung Dortmund, mehr gibt es nicht", rief der Angreifer in die Runde, ehe er in die Nacht entschwand.

Er wusste wahrscheinlich nicht, dass er damit die forscheste Kampfansage an den Erzrivalen sendete. Seine Kollegen und Chefs hatten nämlich zuvor im ungewohnten Pianissimo-Modus taktiert. Vielleicht müssen es auch nicht immer die brachialen Töne sein.

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