Bayern stolpert - Real klettert

Frederick Müller
04. April 201622:03
In der Champions League wird es langsam heiß - das Viertelfinale steht angetty
Werbung
Werbung

Das Feld ist aussortiert, der Platz für die acht besten Teams Europas ist freigeräumt. Die aktuelle Form der Top-3 ist nicht zuletzt durch den noch jungen Classico nah aneinander gerückt. Dahinter lauern zwei Verfolger auf ihre Chance. Wolfsburg wird sich verabschieden müssen, steht aber immerhin vor dem größten Spiel der Vereinsgeschichte. Das Power-Ranking zum Champions-League-Viertelfinale.

SPOX8. VfL Wolfsburg

Die letzten drei Ergebnisse: 0:3 (Bayer Leverkusen), 1:1 (Darmstadt 98), 0:1 (1899 Hoffenheim)

Mit dem Einzug ins Viertelfinale haben die Wölfe die Erwartungen an die erste Champions-League-Saison seit 2009/2010 bereits übertroffen. Zwar gehörte im Achtelfinale ein wenig Losglück dazu, doch wer es unter die acht besten Teams Europas schafft, der braucht sich nicht rechtfertigen. Nun kommt mit Real Madrid allerdings ein anderes Kaliber als das kleine Gent.

Zudem hat sich in den letzten Wochen wieder bestätigt, was sich durch die ganze Saison wie ein lästiger roter Faden zieht: Dieter Hecking schafft es nicht, Konstanz in sein Team zu bringen. Der Pokalsieger ist zu wichtigen Siegen fähig, wie die Spiele in der Königsklasse oder in der Liga gegen Gladbach beweisen. Gleichzeitig lässt der VfL gegen vermeintliche Underdogs regelmäßig Punkte liegen.

So auch in den letzten Wochen gegen Darmstadt und Hoffenheim. Und nicht zuletzt gab der indisponierte Auftritt in Leverkusen wenig Anlass zur Hoffnung für die Sensation. In der Liga ist das Rennen um die CL-Plätze für Wolfsburg so gut wie beendet. Da heißt es gegen Real noch zwei Mal die Luft der großen europäischen Bühne genießen. Und das ausgerechnet gegen eines der größten Teams der Welt. Es könnte schlimmer sein.

SPOX7. Manchester City

Die letzten drei Ergebnisse: 4:0 (Bournemouth), 0:1 (ManUnited), 0:0 (Kiew)

Manuel Pellegrini geht selbstbewusst in das erste CL-Viertelfinale der Vereinsgeschichte: "Momentan sehe ich nur den FC Barcelona eine Stufe höher angesiedelt. Alle anderen sieben Teams stehen auf einer Stufe. Deshalb dürfen wir auch zuversichtlich sein." Und das, obwohl mit Keeper Joe Hart und Kapitän Vincent Kompany zwei wichtige Säulen gegen Paris fehlen werden.

Dafür kehrte mit Kevin de Bruyne ein Spieler zurück, der von der ersten Minute seines Comebacks deutlich machte, wie wichtig der Ex-Wolf in seinem ersten Jahr für die Skyblues schon ist. Überhaupt könnte das 4:0 in der Liga gegen Bournemouth für Aufwind sorgen. Außerdem war es wahrscheinlich kein Nachteil, dass nach der Derby-Pleite gegen den Stadtrivalen United die Länderspielpause kam. So konnte sich City neu sammeln und die Niederlage im Prestige-Spiel schnell aus den Köpfen verbannen.

Und trotzdem: Alles in allem spielt ManCity eine durchwachsene Saison. In der Liga hat man sich vor allem durch die Niederlagen in den direkten Duellen gegen die Top-Teams vom Titelkampf verabschiedet. Der Fokus liegt jetzt darauf, Pep Guardiola eine Mannschaft zu übergeben, die auch im kommenden Jahr in der Königsklasse vertreten ist. Mit dem erstmaligen Einzug unter die besten Acht ist den Citizens der nächste Schritt in der Entwicklung des Vereins endlich geglückt. Der nächste folgt in dieser Saison nicht mehr.

SPOX6. Benfica

Die letzten drei Ergebnisse: 5:1 (SC Braga), 1:0 (Boavista Porto), 4:1 (CD Tondela)

Wer den portugiesischen Meister nicht auf dem Zettel hat, der sollte genau hinschauen. In der Liga feierte Benfica in den letzten 20 Spielen 19 Siege. Wettbewerbsübergreifend beträgt die aktuelle Siegesserie acht Partien, darunter die zwei Erfolge im Achtelfinale gegen Zenit. Mit Jonas hat man einen Stürmer in seinen Reihen, der im Kampf um den goldenen Schuh mit 30 Saisontreffern gemeinsam mit Gonzalo Higuain auf Rang eins liegt. Erst danach folgen mit Cristiano Ronaldo, Luis Suarez oder Robert Lewandowski die üblichen Verdächtigen.

Daneben zeigt sich der Grieche Konstantinos Mitroglu mit 18 Buden als kongenialer Sturmpartner, der jüngst beim 5:1-Kantersieg gegen den Tabellenvierten aus Braga doppelt zur Stelle war. Mit 76 Toren stellt Benfica die mit Abstand erfolgreichste Offensive in der portugiesischen Liga. Von den acht Viertelfinalisten waren nur Paris, Real Madrid und Barcelona in ihren Ligen erfolgreicher.

Einziger Wermutstropfen einer durch und durch starken Saison: Die wenigen Niederlagen setzte es ausgerechnet gegen die beiden anderen portugiesischen Top-Teams, den FC Porto und Stadtrivale Sporting. Gegen Porto verlor Benfica beide Duelle in der Liga, gegen Sporting musste sich der Meister der letzten beiden Jahre neben dem Hinspiel auch im Pokal beugen. Trotzdem sind die Bayern gut beraten, ihren Viertelfinalgegner ernst zu nehmen, auch wenn Benfica auf europäischer Bühne gegen den deutschen Rekordmeister noch sieglos ist.

SPOX5. Atletico Madrid

Die letzten drei Ergebnisse: 5:1 (Real Betis), 1:2 (Sporting Gijon), 8:7 n.E. (PSV Eindhoven)

Souverän ist anders. Zwar war auf Atleticos Defensivverbund im Achtelfinale gegen den holländischen Underdog Eindhoven wie gewohnt Verlass. Trotzdem rettete man sich erst im Elfmeterschießen in die nächste Runde. Die anschließende Pleite gegen Gijon kam überraschend. Umso wichtiger ist der 5:1-Befreiungsschlag gegen Real Betis einzuordnen- es war der höchste Saisonsieg der Rojiblancos.

Auf Antoine Griezman ist zudem weiterhin Verlass, der Franzose traf im sechsten Ligaspiel in Folge und erzielte seine Saisontore 18 und 19. Mit dem FC Barcelona wartet ein Gegner, der zwar stärker nicht sein könnte, den man dafür aber aus dem Effeff kennt und der im Clasico gegen Real bewies, dass er doch nicht gänzlich unschlagbar ist. Trotzdem zogen Diego Simeone in der Liga zwei Mal knapp den Kürzeren.

Mit Diego Godin, Jose Gimenez und Stefan Savic fehlten zuletzt gleich drei Innenverteidiger, gegen Betis musste Nacho Monsalve aus der zweiten Mannschaft aushelfen. Zumindest mit Godin kann Simeone aber voraussichtlich wieder planen. Die Erfahrung des langjährigen Abwehrchefs wird auch nötig sein, um gegen den Titelverteidiger mithalten zu können. Hält man MSN im Griff und damit die Null so ähnlich lang wie gegen Eindhoven, ist für Atletico alles drin.

SPOX4. Paris St. Germain

Die letzten drei Ergebnisse: 4:1 (Nizza), 0:2 (AS Monaco), 9:0 (Troyes AC)

Seit dem 9:0-Meisterstück gegen Troyes ist die Liga für den französischen Champion nur noch ein lockeres Auslaufen. Gegen Monaco resultierte das prompt in der zweiten Saisonpleite. Eine Länderspielpause später zeigte der Serienmeister aber wieder sein bekanntes Gesicht und spielte Nizza wie selbstverständlich an die Wand, Ibrahimovic-Show inklusive.

Der Schwede befindet sich auch diese Saison wieder in Top-Form, bleibt frei von Verletzungen und erzielte jüngst seinen ersten Dreierpack in dieser Saison. Damit steht der Superstar bei 30 Saisontreffern, so viele sind ihm bisher nur während seiner ersten Saison für Paris 2012/2013 gelungen. Und noch sind es vier Runden zu gehen.

Ist Paris also bereit für den ganz großen Wurf? Zumindest in das Duell mit ManCity geht man als Favorit. Die letzten vier Jahre war jeweils im Viertelfinale Endstation für das Starensemble. Doch mittlerweile wirkt die Mannschaft ausgeglichen, geschlossen und stark genug, um in die absolute Spitze der europäischen Teams zu stoßen. Ob es dann allerdings auch schon gegen das europäische Top-Trio reicht, bleibt abzuwarten.

SPOX3. FC Bayern München

Die letzten drei Ergebnisse: 1:0 (Eintracht Frankfurt), 1:0 (1. FC Köln) 4:2 n.V. (Juventus Turin)

In der Liga hat Bayern die vierte Meisterschaft in Folge vor Augen. Mit Franck Ribery, Mario Götze und Javi Martinez stehen drei lange verletzte Top-Spieler wieder zur Verfügung. Und der beeindruckende 4:2-Krimi gegen Juventus setzte neue Kräfte frei und dürfte für eine noch größere mannschaftliche Geschlossenheit gesorgt haben. Kurzum: Die Bayern gehen gut gerüstet in die entscheidende Phase der Saison.

Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass mit Jerome Boateng, Holger Badstuber und nun auch Arjen Robben nach wie vor drei wichtige Spieler fehlen. Und die Vorsaison hat gezeigt, welche Auswirkungen das in der europäischen Spitze haben kann, als der Rekordmeister unter anderem ohne Robben, Ribery und David Alaba gegen Barcelona ausschied.

Unter normalen Umständen sollte Benfica trotz des vorangegangenen Lobes an den Kontrahenten nicht zum Stolperstein werden. Im Halbfinale könnten dann zumindest Robben und Boateng auch wieder zur Verfügung stehen. Wenn alles optimal läuft, ist sogar die Meisterschaft bis dahin eingetütet. Stand jetzt muss der Spitzenreiter aber noch jede Woche mit voller Kapelle anreisen, um den hartnäckigen Verfolger aus Dortmund nicht noch mehr an Platz eins schnuppern zu lassen. Doch auch hier hat die Vergangenheit gezeigt, dass eine zu frühe Meisterschaft nicht unbedingt förderlich sein muss.

SPOX2. Real Madrid

Die letzten drei Ergebnisse: 2:1 (Barcelona), 4:0 (FC Sevilla), 2:1 (Las Palmas)

So schnell kann es gehen: Vor wenigen Wochen fanden sich die Königlichen nur auf Rang fünf unseres Power Rankings wieder. Real ließ Taten folgen und überzeugte mit zwei souveränen Auftritten gegen nicht zu unterschätzende Römer und sorgte für das Ende der Rekordserie von Barcelona. Wie viel der umjubelte Sieg im Clasico tatsächlich wert ist, wird sich in den nun folgenden Wochen zeigen.

SPOXDas Offensiv-Trio ist mit den Rückkehrern Karim Benzema und Gareth Bale jedenfalls wieder komplett. Mit Casemiro als Absicherung im Mittelfeld hinter Toni Kroos und Luka Modric scheint Zinedine Zidane seine Wunschaufstellung gefunden zu haben. Cristiano Ronaldo ist mit 13 Toren nach wie vor der treffsicherste Akteur in der Königsklasse. Und der Henkelpott ist trotz des Sieges gegen Barca die letzte echte Titelchance, sodass die Konzentration einzig diesem Wettbewerb gelten dürfte.

Im Viertelfinale wartet das vermeintlich einfachste Los. So wie die Bayern sollte auch Real keine Schwierigkeiten haben, gegen Wolfsburg zum sechsten Mal in Folge ins Halbfinale einzuziehen. In der entscheidenden Phase der Saison hat sich Real offenbar gerade rechtzeitig gefangen, um eine fast schon als verkorkst abgestempelte Spielzeit doch noch zu retten. Doch dafür muss der Titel her.

SPOX1. FC Barcelona

Die letzten drei Ergebnisse: 1:2 (Real Madrid), 2:2 (FC Villareal), 3:1 (FC Arsenal)

Clasico-Pleite hin oder her: Der FC Barcelona bleibt in dieser Saison das Maß aller Dinge in Europa. Wer den Henkelpott gewinnen will, der muss am Titelverteidiger vorbei. Die Niederlage gegen Real lässt die 39 Spiele davor nicht einfach vergessen, in denen Barca ohne Pleite geblieben ist. "Es bringt dir gar nichts, wenn du 39 Spiele ohne Niederlage bleibst, aber am Ende der Saison ohne Titel dastehst", gestand Luis Enrique dem Ende der Serie zudem wenig Bedeutung zu.

Der Coach sprach ohnehin bis hierhin von einer Phase der Saison, die lediglich als Vorbereitung für die nun folgenden, entscheidenden Wochen gilt. Die Niederlage könnte einerseits als Weckruf zur rechten Zeit fungieren. Als Hinweis, der dafür sorgt, dass sich die bis in den Himmel gelobte und für unschlagbar deklarierte Star-Truppe rund um das Offensiv-Trio MSN ihrer Menschlichkeit wieder bewusst wird.

Andererseits könnte gerade jetzt Atletico seine Chance wittern und den ersten Punch von Real als Vorlage nutzen, um den Champion tatsächlich auszuknocken. So oder so wird es spannend sein, wie Barca mit der ersten Niederlage seit einem halben Jahr umgeht. Unter normalen Umständen lässt sich ein Champion aber von einem Schlag nicht aus dem Gleichgewicht bringen.

Das Viertelfinale der Champions League im Detail