Wo bleiben die Müllers und Lahms?

Gianluca Gaudino konnte Bayern-Trainer Pep Guardiola nicht nachhaltig überzeugen
© getty

Pep Guardiola trat mit dem Ziel in München an, die Durchlässigkeit vom Amateur- zum Profibereich zu verbessern. Der Ertrag blieb bislang allerdings sehr überschaubar, hoffnungsvolle Nachwuchsspieler haben es schon länger nicht mehr dauerhaft in den Profikader geschafft. Immerhin: Es tut sich was an der Talentefront.

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Milos Pantovic wusste nicht so recht, wie er sich verhalten soll. Mit ein paar Metern Sicherheitsabstand zu seinen Kollegen nahm der Serbe den Weg Richtung Bayern-Fankurve in Angriff.

Wie es sich gehört, bedankten sich die Münchner Spieler bei ihrem Auswärts-Anhang in Bremen und mit einem neuen Startrekord im Rücken ließ es sich noch entspannter Beifall klatschen für den Support.

Mit Lahm, Neuer, Alonso und Co. wollte sich Pantovic nicht aufs Bild drängen, doch er hatte die Rechnung ohne David Alaba gemacht. Bayerns Spaß-Österreicher nahm Pantovic an der Hand und animierte ihn, wenigstens ein bisschen mit den Armen zu wedeln, auch wenn keine ausgelassene Humba geplant war.

Gerland: "Der kann kicken"

Auch ohne Tanzeinlage wird Pantovic den 17.10.2015 nicht so schnell vergessen. Der 19-Jährige spielte das erste Mal für ein paar Minuten Bundesliga-Fußball. Normalerweise geht Pantovic für die zweite Mannschaft des FC Bayern auf Torejagd und das in der laufenden Saison recht ordentlich: Fünf Tore in 13 Spielen.

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Die Verletzungsprobleme der ersten Mannschaft spülten den U19-Nationalspieler in Bremen in den Kader. Bayerns Co-Trainer Hermann Gerland urteilte über ihn in der AZ: "Der Junge kann kicken."

Gerland spricht gerne über die Talente aus dem Unterbau und manchmal reicht ein prägnanter Satz, um den Nachwuchs zu charakterisieren. Zu Zvjezdan Misimovic sagte der Tiger einst im Training: "Geh' laufen, du fette Sau." Misimovic wurde später als Leistungsträger deutscher Meister mit dem VfL Wolfsburg.

Jahrelang hat Gerland die Bayern-Youngster ausgebildet, herausgekommen sind Weltstars wie Schweinsteiger, Lahm, Alaba oder Müller. Doch die fetten Zeiten sind schon etwas länger vorbei beim FC Bayern, wenn es darum geht, im eigenen Haus geformte Jungspieler gewinnbringend bei den Profis zu platzieren.

Guardiola holte Busquets und Pedro

Pierre-Emile Höjbjerg war der Letzte, dem es zumindest gelang, in einem entscheidenden Spiel Eindruck zu hinterlassen. Im DFB-Pokalfinale 2014 stellte Pep Guardiola den Dänen in die Startelf und Höjbjerg dankte es mit einer überzeugenden Leistung im rechten Mittelfeld.

Den Durchbruch hat Höjbjerg bei Bayern nicht geschafft. Erst ließ er sich nach Augsburg ausleihen, mittlerweile ist er auf Schalke, wo er aber bislang keine wesentliche Rolle spielt und froh sein kann, wenn er überhaupt im Kader steht.

In seinen vier Jahren Zeit als Trainer des FC Barcelona hat Coach Pep Guardiola hauseigene 23 Talente in der ersten Mannschaft debütieren lassen. Einige haben es zwar nicht geschafft, doch darunter waren auch grandiose Kicker wie Busquets, Pedro oder Thiago Alcantara.

Scholl nur Ersatz im Regionalliga-Team

Auch bei Bayern versucht sich Guardiola immer wieder als Nachwuchsförderer. In sein erstes Trainingslager im Juli 2013 nahm er mit Höjbjerg, Patrick Weihrauch, Rico Strieder, Benno Schmitz, Alessandro Schöpf, Daniel Wein, Julian Green, Vladimir Rankovic und Oliver Markoutz neun Jugendspieler mit an den Gardasee.

Im Jahr drauf war Gianluca Gaudino nah dran und hin und wieder auch drin in der ersten Mannschaft. Mit Lucas Scholl stand ein weiteres Talent mit großem Namen bereit, beim FC Bayern durchzustarten. Im Herbst 2015 ist der Sohn von Bayern-Legende Mehmet nicht mal mehr gut genug für die Startelf der zweiten Mannschaft in der Regionalliga.

Gaudino, Julian Green und Sinan Kurt wurden von Guardiola vor Saisonbeginn aussortiert mit der Begründung, sie bräuchten dringend Spielzeit. Die konnte ihnen Guardiola bei den Profis nicht garantieren.

Ein Ziel von Guardiola als Bayern-Trainer war es, die Durchlässigkeit vom Amateur- zum Profibereich zu verbessern. "Ich habe in Barcelona viel mit jungen Spielern gearbeitet. Sie sind die Zukunft jedes großen Vereins wie Barcelona oder Bayern. Und sie brauchen die Unterstützung und das Vertrauen", sagte Guardiola bei einem seiner ersten öffentlichen Auftritte als Bayern-Coach.

Wunderkind aus Kroatien

In 28 Monaten hat Guardiola noch keinen Spieler, der an der Säbener Straße das Fußballspielen gelernt hat, nachhaltig in der ersten Mannschaft integriert. Dem Bayern-Nachwuchs fehlt es dafür ganz offensichtlich an der nötigen Qualität.

Infolge dessen hat der FC Bayern Alternativen geschaffen durch Zukäufe hoffnungsvoller Talente aus anderen Klubs. Mit Martin Ödegaard klappte es nicht, der Norweger bevorzugte Real Madrid.

Joshua Kimmich, der in dieser Saison regelmäßig zum Kader gehört und auch schon Spiele von Beginn an absolviert hat, entschied sich für den FC Bayern. Auch das kroatische "Wunderkind" Toni Trograncic konnten die Münchner überzeugen. Der 15-Jährige durfte im Frühjahr bereits unter Guardiola trainieren.

Letzten Freitag legte der FC Bayern den Grundstein für ein Projekt, das die Aufstiegschancen des eigenen Nachwuchses entscheidend und langfristig verbessern soll.

Es braucht neue Lahms und Müllers

Im neuen Nachwuchsleistungszentrum mit einem Investitonsvolumen von rund 70 Millionen Euro, bestehend aus acht Fußballfeldern, einem Internat, einer Dreifachturnhalle und einem Stadion mit 2500 Zuschauerplätzen, will der Rekordmeister ab der Saison 2017/18 künftige Identifikationsfiguren ausbilden.

Präsident Karl Hopfner gab bei der Grundsteinlegung zu, dass der FC Bayern bezüglich der Infrastruktur im Jugendförderungsbereich "Nachholbedarf" habe und man der europäischen Konkurrenz auch hier in Zukunft auf Augenhöhe begegnen möchte.

"Wir alle wünschen uns wieder Spieler wie Philipp Lahm, Thomas Müller, David Alaba oder Holger Badstuber", sagte Hopfner.

Mit Milos Pantovic durfte immerhin einer mal wieder Bundesligaluft schnuppern. Für einen Kaderplatz im Champions-League-Spiel beim FC Arsenal (20.45 Uhr im LIVETICKER) reichte es nicht für den Serben. Gerlands Einschätzung sollte dem Spieler und dem FC Bayern aber Mut machen.

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