Felix Passlack überzeugt als BVB-Nothilfe: Ein fettes Bewerbungsschreiben - aber für wen?

Von Patrick Brandenburg
Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach
© imago images / Kirchner-Media

Für Felix Passlack ist eigentlich gar kein Platz mehr bei Borussia Dortmund, doch gegen Gladbach meldete er sich plötzlich auf der großen Bühne zurück (Hier gibt es die Video-Highlights). Seine gute Leistung dürften mögliche Interessenten wohlwollend registriert haben - zumal beim BVB weitere Chancen winken.
 

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Selbst die Hardcore-Fans unter den etwa 9.300 Anhängern im früheren Westfalenstadion mussten sich erst einmal die Augen reiben: War das etwa Felix Passlack, der sich da in der 19. Minute für eine Einwechslung bereit machte? Ist der überhaupt noch beim BVB? Hatte die Dortmunder Borussia nicht ganz andere Pläne mit ihrem früheren Jungstar?

Doch tatsächlich: Passlack ist zurück in der Bundesliga, zurück bei Schwarz-Gelb. Fast genau drei Jahre nach seinem letzten Einsatz für Dortmund. Damals wie heute als Joker in einem Spiel zum Saisonstart, damals wie heute bei einem 3:0. Der große Unterschied: Beim 3:0-Auswärtssieg in Wolfsburg 2017 hatte das Eigengewächs der Westfalen zwar schon die erste leichte Karrieredelle hinter sich, galt aber weiter als Versprechen für die Zukunft.

2020 aber, beim 3:0-Heimsieg über Dortmunds Lieblingsgegner Borussia Mönchengladbach, hat sich die rasante BVB-Welt längst um einige Sanchos, Haalands, Bellinghams und Reynas weitergedreht.

Es ist das Dortmunder Verletzungspech, dass Passlack vom Abstellgleis zurück ins Rampenlicht holt. Auf der linken Seite läuft das Team von Trainer Lucien Favre zurzeit auf der Felge. Marcel Schmelzer, Raphael Guerreiro und Nico Schulz kämpfen schon länger mit Problemen, kurz vorm Spiel meldete sich zudem Routinier Lukasz Piszczek ab.

Felix Passlack fast mit erstem Bundesligator für den BVB

Zu allem Überfluss fiel früh in der umkämpften Partie dann auch noch Thorgan Hazard mit Verdacht auf Muskelfaserriss aus. Weil Marco Reus die zu offensive Option war und sein Wechsel erst fürs letzte Drittel der Partie vorgesehen war - der anfällige Kapitän soll nach langer Pause behutsam aufgebaut werden - blieb nur Passlack als Alternative.

Keine schlechte, wie sich im lange Zeit hochklassigen Borussen-Duell schnell herausstellte. "Groß Gedanken machen konnte ich mir nicht. Ich habe einfach versucht, das auf den Platz zu bringen, was wichtig war: Die Seite nach hinten dicht zu machen gegen Stefan Lainer, ein sehr unangenehmer Gegenspieler. Und ab und zu offensive Akzente zu setzen", sagte Passlack am Sonntag bei BVB-TV.

Passlack ist technisch stark, defensiv wie offensiv auf dem Flügel einsetzbar und zeigte keinerlei Anlaufschwierigkeiten. Der 22-Jährige half nach hinten mit und unterstütze den anfangs wackligen Manuel Akanji in der Dreierkette gegen freche Gäste aus Gladbach. Im Spiel nach vorne führte sich Passlack mit einem coolen Lupfer auf Erling Haaland gleich gut ein und initiierte einen vielversprechenden Konter, den der mit aufgerückte Abwehrchef Mats Hummels aber verstolperte.

Passlack hätte sich am Tag der Talente sogar mit in die Torschützenliste eintragen müssen. Doch als er kurz nach der Pause in bester Position nur den früheren Dortmunder Matthias Ginter auf der Torlinie anschoss, war ihm die fehlende Bundesliga-Praxis doch ein wenig anzumerken. Der Abseitspfiff von Schiri Felix Brych wäre vermutlich vom Videobeweis kassiert worden. Aber am 19.09. ein Tor beim Comeback des verlorenen BVB-Sohnes - diese Story wäre vielleicht zu kitschig geworden, selbst wenn es einige Minuten nach 19.09 Uhr gefallen wäre.

Passlacks Auftritt als fettes Bewerbungsschreiben

Trotzdem kann Passlack mit dem Saisonstart sehr zufrieden sein, er hat die unverhoffte Chance genutzt. Selbst vom Trainer gab es ein Extralob: "Felix hat seine Sache hervorragend gemacht. Er hat ein richtig gutes Spiel gemacht. Das freut mich sehr für ihn", sagte Favre später und verwies zudem auf die starken Eindrücke aus der Saisonvorbereitung und auch zuletzt im Trainingsbetrieb: "Er zeigt immer sein Bestes im Training. Es macht Spaß, ihn zu trainieren."

Zwar wird er sich beim BVB vermutlich bald wieder in die zweite oder dritte Reihe einordnen müssen. Doch als fettes Bewerbungsschreiben für mögliche Interessenten dürfte der Auftritt locker gereicht haben, zumal nach Hazards Ausfall womöglich einige weitere Zusatzchancen winken. "Ein solcher Kaltstart ist nicht einfach, aber ich denke, in der zweiten Halbzeit habe ich mich weiter gesteigert und konnte weiter Selbstvertrauen sammeln. Das war wichtig für mich. Es hat mir gezeigt, dass ich für die harte Arbeit in der Vorbereitung belohnt werde. Jetzt gilt es, weiter dran zu bleiben", sagt Passlack.

Es wäre dem sympathischen Passlack zu gönnen, dass seine Karriere wieder in die Spur kommt. Denn an seinem Beispiel ist allzu gut die Kehrseite des schnelllebigen Bundesliga-Geschäfts zu sehen. Wie aktuell Bellingham oder Reyna hatte auch Passlack schon mit 17 Jahren in der Liga debütiert. Er galt als Überflieger, als Riesentalent, auch wegen ähnlicher Statur als neuer Mario Götze - spätestens seit er 2015 vom DFB mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold belohnt wurde.

Vier Jahre in Folge wurde er mit der BVB-Jugend Deutscher Meister, war Kopf der Mannschaften, einen Tick besser sogar und vielversprechender als sein Kumpel Christian Pulisic. Doch während der US-Boy bei den Profis durchstartete, ehe er vor einem Jahr für 64 Millionen Euro zum FC Chelsea ging, blieb es beim nicht minder talentierten Passlack bei 21 Pflichtspiel-Einsätzen im BVB-Dress und immerhin einem Treffer in der Champions League.

Felix Passlack: Bleibt er beim BVB?

Seitdem tingelt Passlack wie viele andere BVB-Hoffnungen per Leihe durch Europa. Bei der TSG Hoffenheim konnte er sich unter Trainer Julian Nagelsmann nicht durchsetzen. Auch bei Norwich City - unter dem früheren Coach der zweiten Mannschaft des BVB, Daniel Farke - wollte ihm der Durchbruch nicht gelingen. Zum Aufstieg in die Premier League trug der flinke Allrounder kaum etwas bei.

Zuletzt fing sich Passlack aber und kam bei Fortuna Sittard in der holländischen Eredivisie regelmäßig auf Einsätze. Nur für eine feste Verpflichtung reichte es nicht. Bislang sah der Plan von Sportdirektor Michael Zorc eigentlich vor, Passlack zu verkaufen oder wenigstens bis Vertragende 2021 erneut zu verleihen.

Bis zum 5. Oktober, dem Ende der verlängerten Transferfrist, haben Zorc und Passlack noch Zeit für eine Lösung. Obwohl er beim BVB schon fast als Oldie durchgeht, liegt Passlacks Fußballerleben mit 22 Jahren ja immer noch vor ihm. Vorsichtshalber sollte die Borussia ihren Youngster aber wieder in die offizielle Spielerliste des Mitglieder-Magazins "Borussia" aufnehmen - selbst wenn sich seit Samstag wohl kaum noch ein Fan fragt, wer die Nummer 30 da am Spielfeldrand ist.

Felix Passlack: Seine Karriere im Überblick

VereinPflichtspieleToreVorlagen
Borussia Dortmund U17432118
Borussia Dortmund U19362123
Borussia Dortmund2211
TSG 1899 Hoffenheim4--
Norwich City6--
Fortuna Sittard2834
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