"Costa hätte mich nicht als Gegner gewollt"

Max Eberl rechtfertigte die Leistung seiner Mannschaft in München
© Getty

Der FC Bayern ließ Borussia Mönchengladbach beim 2:0-Sieg am Samstagabend in der ersten Hälfte keine Chance. Gladbachs Sportdirektor Max Eberl äußerte sich anschließend kritisch über die Gründe, die aktuelle Gemengelage der Liga und Douglas Costas Torjubel.

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Frage: Herr Eberl, war heute immerhin die zweite Hälfte das, was Sie sich vorgestellt haben?

Max Eberl: Man muss ehrlicherweise sagen, dass die Bayern nach der Pause ein bisschen weniger gemacht haben. Als sie dann mit dem Pfostenschuss gemerkt haben, dass sie aufpassen müssen, nicht doch noch ein Tor zu fangen, wollten sie wieder mehr machen. Da haben wir aber gut dagegengehalten. Die zweite Hälfte war also schon das, was wir uns eigentlich vorgenommen haben.

Frage: Und die erste?

Eberl: Da war Bayern uns natürlich überlegen. Wir haben lange gebraucht, den Gegner anzulaufen. Sie haben viele Räume bekommen und die auch genutzt. Wir haben im Gegenzug nicht den Mut aufgebracht, den wir in der Vergangenheit hier schon mal gezeigt haben. Gegen Bayern muss man Topform haben und bei Bayern darf nicht alles klappen. Das war in der ersten Hälfte andersrum.

Frage: War die Schwächephase auch eine Mentalitätssache?

Eberl: Ich fand die Mentalität sogar gut, denn in der zweiten Hälfte haben wir uns gewehrt und versucht, die Partie vernünftig zu Ende zu spielen. Schon ganz andere Mannschaften sind hier abgeschlachtet worden. Die Bereitschaft, dieses Niveau zweimal innerhalb von drei Tagen aufzubringen, haben wir noch nicht. Dahingehend muss man den Bayern ihre Erfahrung attestieren.

Frage: Also schieben Sie es nicht auf die Kräfte?

Eberl: Nein, das nicht. Ich habe nur gesehen, dass wir noch nicht so weit sind, diese Qualität, die wir bei Celtic hatten, noch ein zweites Mal hintereinander auswärts zu bringen - bei einer Mannschaft, die auf einem anderen Level spielt als Celtic. Das Niveau haben wir noch nicht. Wir sind noch weit weg von einer Spitzenmannschaft. Das meine ich nicht abwertend, sondern es ist die Wahrheit. Die Bayern wissen, wie man das alle drei Tage macht, wir sind dabei, es zu lernen.

Frage: Was genau muss denn noch gelernt werden? Sind das mentale Dinge?

Eberl: Wir reden hier über eine Mannschaft, die viermal in Folge Meister geworden ist und den deutschen Fußball dominiert. Was wir lernen, ist, dass eine gute Leistung bei Celtic nicht automatisch in einer weiteren guten Leistung im nächsten Spiel mündet. Da braucht es wieder eine neue Bereitschaft.

Frage: Wie haben Sie den Selfie-Jubel von Douglas Costa gesehen?

Eberl: Ich habe es gar nicht gesehen. Dafür bin ich zu klein. Was hat er gemacht?

Frage: Ein Selfie mit einem Fan. Empfinden Sie das als unsportlich oder wie bewerten Sie das?

Eberl: Kreativ.

Frage: Sonst nichts?

Eberl: Ich möchte mich nicht so sehr dazu äußern, nur so viel: Er hat den Ball heute auch noch zweimal mit der Hacke angenommen. Costa hätte mich nicht als Gegenspieler haben wollen...

Frage: Steht dieser Torjubel ein bisschen für die südamerikanische Mentalität oder ist das einfach der Zeitgeist, in dem wir leben?

Eberl: Das kann ich nicht beurteilen, ich habe nie ein Tor geschossen. Deswegen weiß ich nicht, wie man da feiert.

Frage: Aber Sie haben schon mal ein Selfie gemacht.

Eberl: Meistens wird mit mir ein Selfie gemacht. (lacht) Ich halte mich da zurück. Mehr möchte ich nicht sagen.

Frage: Wie sehen Sie aktuell den Kampf um die ersten vier Plätze in der Liga? Es mischen ja einige Mannschaften mit, die dort nicht zu erwarten waren.

Eberl: Die Frage ist, wer diese Mannschaften nicht dort erwartet hat. Es ist interessant, dass es Mannschaften sind, die ein bisschen aus der Underdog-Rolle kommen und sich von Wochenende zu Wochenende auf ihre Spiele konzentrieren müssen. Dennoch besitzen sie Qualität. So ein CL-Niveau, wie es Celtic hatte, das hat man in der Bundesliga fast jede Woche. Früher wusste man, dass man ein Spiel gewinnen wird, wenn man es ordentlich runterspielt. Das ist heute nicht mehr der Fall, man kann überall verlieren - aber auch gewinnen. Die Mannschaften, die ausgeruht und mit Selbstvertrauen in diese Spiele gehen, haben im Moment eben einen Vorteil. Die Saison wird aber nicht nach acht Spieltagen, sondern nach 34 entschieden. Man wird sehen, wie lange solche Teams oben bleiben. Aber: Jetzt nutzen sie die Gunst der Stunde.

Frage: Welche Rolle kann in diesem Geflecht Leipzig im Laufe der Saison spielen?

Eberl: Ohne mich selbst rühmen zu wollen: Ich habe vor der Saison gesagt, dass Leipzig die Rolle einnehmen kann, die wir vor fünf Jahren eingenommen haben, die auch Mainz, Freiburg und Augsburg schon genommen haben. Denn Leipzig ist ein Verein, der finanzielle Kraft hat, aber auch einen Plan, der umgesetzt wird. Sie nutzen ihre Underdog-Rolle. Leipzig ist mit seinen Möglichkeiten kein typischer Zweitligist.

Frage: Und wo steht Gladbach in dieser Gemengelage?

Eberl: So, wie auch die anderen Mannschaften mit Dreifachbelastung, haben wir zu kämpfen. Wir haben extrem viele Verletzte, die uns fehlen. Die Mannschaften, die aktuell nur Bundesliga spielen, haben eben diese Regeneration. Das ganze Reisen und Hin und Her fällt uns schwer. Ich beschwere mich nicht, aber warum haben Dortmund, Leverkusen, Schalke und Mainz Probleme? Man zollt diesen Ausflügen ein bisschen Tribut. Die Mannschaft, die es am besten macht und der man eine Mini-Krise angedichtet hat, ist Bayern. Sie gewinnen trotzdem - weil sie die Qualität und Erfahrung haben.

Frage: Mit diesen Erkenntnissen hätte man den Kader vielleicht noch breiter aufstellen müssen?

Eberl: Ich weiß nicht, ob man ihn noch breiter hätte machen müssen, sonst entsteht irgendwann eine Unzufriedenheit. Der Kader reicht für die drei Wettbewerbe aus - außer, wir sollen alle drei Titel holen: Dann reicht es nicht. Das ist aber nicht unser Anspruch.

Frage: Wie gefährlich ist nach zwei solchen Highlights ein Pokal-Heimspiel gegen einen Zweitligisten?

Eberl: Für mich ist Stuttgart kein Zweitligist, sondern ein gefühlter Erstligist, der dabei ist, seinen Unfall zu reparieren. Wir müssen trotzdem in der Lage sein, die Kräfte zu bündeln und zuhause weiterzukommen. Wenn wir irgendwann einmal in Gladbach etwas in der Hand halten wollen, wird es über den DFB-Pokal passieren. Die anderen beiden Titel sehe ich doch sehr weit entfernt.

Bayern - Gladbach: Daten zum Spiel

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