Leverkusen dreht Wahnsinns-Partie

Leverkusen feiert nach einer irren Aufholjadg auf Schalke
© Getty

Bayer Leverkusen hat das Topspiel des 31. Spieltags mit einem 3:2 (0:2)-Sieg für sich entschieden und damit beste Chancen auf die direkte Qualifikation für die Champions League. Die Werkself drehte dabei einen 0:2-Rückstand binnen weniger Minuten.

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Vor 61.000 Zuschauern in der ausverkauften Veltins-Arena hatte Klaas-Jan Huntelaar schon nach 5 Minuten die Chance zur Schalker Führung. Der Niederländer scheiterte vom Punkt aber an Leverkusens Keeper Bernd Leno. Huntelaar verschoss damit 5 seiner letzten 7 Strafstöße, Leno ist mit 9 gehaltenen Elfern der aktuell beste Bundesliga-Keeper in dieser Kategorie.

In der 14. Minute schoss Eric Maxim Choupo-Moting die Knappen zum 1:0 und beendete damit Lenos Serie von insgesamt 587 Pflichtspielminuten ohne Gegentor. Für den Kameruner war es der vierte Saisontreffer und seine erste Torbeteiligung in 2016.

Mit seinem 7. Saisontor erhöhte Leroy Sane nach 29 Minuten auf 2:0. Der umworbene Flügelspieler ist mit 12 Torbeteiligungen Schalkes bester Scorer. Die Vorlagen zu beiden Treffern lieferte Max Meyer.

Als alle bereits mit einem souveränen Sieg der Schalker rechneten, drehte Leverkusen die Partie mit einem irren Sturmlauf binnen sechs Minuten. Brandt (54.), Bellarabi (56.) und Chicharito (60.) erzielten die Treffer.

Schalke gibt erstmals seit 1999 eine Zwei-Tore-Führung aus der Hand. Damals mit 2:3 gegen Frankfurt. Bayer kam nach einem solchen Rückstand zuletzt 2010 zurück (3:2 gegen Wolfsburg).

Durch den Sieg hat Leverkusen nunmehr 5 Punkte Vorsprung auf Rang 4 und mindestens 6 auf Platz 5. Schalke hat als Tabellensiebter nur noch minimale Chancen auf die Königsklasse.

Die Reaktionen:

Andre Breitenreiter (Trainer Schalke 04): "Das war nicht so leicht für die Mannschaft, sie war schockiert. Ralf Fährmann hat uns so viele Spiele gerettet, das waren heute die ersten Fehler von ihm. Letztendlich sind wir traurig und tief enttäuscht. Wir haben leichtsinnig gespielt."

Roger Schmidt (Trainer Bayer Leverkusen): "Es war eine sehr schwache erste Halbzeit von uns. Wir lagen verdient 0:2 hinten. Das haben die Spieler schon selbst bemerkt, dass sie nicht gut gespielt haben. Wir wussten, wenn wir hier ein Tor machen, ist noch was drin."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Breitenreiter nimmt zwei Veränderungen in der Startelf von S04 im Vergleich zum 0:3 in München vor: Kolasinac und Meyer rutschen ins Team. Dafür sitzen Aogo und Riether zunächst auf der Bank. Höwedes sitzt nach 127 Tagen erstmals wieder auf der Bank.

Auf der anderen Seite tauscht Schmidt nach dem 3:0-Sieg über Frankfurt auf vier Positionen. Bender, Wendell, Toprak und Kampl beginnen. Dafür sitzen Calhanoglu, Kramer, Yurchenko und Henrichs draußen.

5.: Sane zieht mit Geschwindigkeit in den Strafraum und wird von Toprak gelegt. Den fälligen Strafstoß setzt Huntelaar zu unplatziert halbhoch in die linke Ecke. Leno wartet lange, bekommt die linke Hand an den Ball und pariert.

10.: Nach einem langen Ball aus dem Mittelfeld startet mit Brandt der einzige Adressat, der nicht im Abseits steht, im richtigen Moment. Von der Strafraumgrenze auf der rechten Seite versucht es der Blondschopf mit einem Heber über den weit vor seinem Tor stehenden Fährmann, er setzt den Ball aber rechts am Kosten des S04 vorbei.

14., 1:0, Choupo-Moting: Nach Lenos Abstoß bekommt Bayer einen Zugriff im Zentrum. Choupo-Moting nimmt den Ball mit, geht an der gesamten Bayer-Hintermannschaft vorbei in den Strafraum und zieht aus 14 Metern halbrechter Position ab. Toprak hält die Fußspitze noch rein und fälscht für Leno unhaltbar ab.

29., 2:0, Sane: Nach einem öffnenden Pass von Matip aus der eigenen Hälfte geht es schnell durch die Mitte. Sane spielt Doppelpass mit Meyer, bekommt den Ball zwölf Meter vor dem Tor zurück und schießt zentral ein. Bitter für Bayer: Beim Gegentreffer rauschen Leno und Jedvaj zusammen, der Kroate muss anschließend ausgewechselt werden, für ihn kommt Henrichs.

52.: Bellarabi kommt mal mit Dampf über links, kreuzt an der Sechzehnerkante nach innen und zieht ab. Fährmann hat Probleme mit dem eigentlich zu zentralen Abschluss, lenkt ihn aber glücklich an den rechten Pfosten.

54., 2:1, Brandt: Der Anschluss. Einen Abwurf von Fährmann fangen die Gäste ab. Bellarabi schickt Brandt, der von halblinks in den Sechzehner zieht und Fährmann tunnelt.

56., 2:2, Bellarabi: Unfassbarer Treffer. Bellarabi nimmt einen Diagnonalball von Henrichs aus eigentlich ungefährlicher Position völlig überraschend direkt und setzt ihn aus 16 Metern linker Position in die kurze Ecke. Den muss Fährmann haben.

60., 2:3, Chicharito: Nach einer Schalke-Ecke kontert Leverkusen über Kampl und Brandt. Der Youngster verzögert geschickt und bedient Chicharito im genau richtigen Moment durch die Schnittstelle. Aus 15 Metern rechter Position schlägt der Ball links ein.

66.: Leverkusen jetzt wie im Rausch. Nachdem Aranguiz bereits kurz vor dem Ausgleich mit einem sehenswerten Heber an der Latte scheiterte, knallt der Chilene jetzt einen Freistoß aus 14 Metern linker Position an den Querbalken.

68.: Jetzt wieder Schalke. Huntelaar wird 17 Meter vor dem Tor freigespielt und packt den Hammer aus. Leno rettet mit einer Riesen-Parade.

Fazit: Schalke sah 45 Minuten wie der sichere Sieger aus, fiel dann aber völlig auseinander und muss aufgrund der Vielzahl Leverkusener Torchancen letztlich sogar mit dem Ergebnis zufrieden sein.

Der Star des Spiels: Karim Bellarabi. In der ersten Halbzeit noch fast unsichtbar, führte er den Leverkusener Sturmlauf in der zweiten Halbzeit an. Vorlage zum 1:2, das 2:2 mit einer kuriosen Aktion selber erzielt.

Der Flop des Spiels: Ralf Fährmann. Ganz bittere Partie für den Schlussmann. Unter den Augen von DFB-Torwarttrainer Andreas Köpke leitete Fährmann das 1:2 mit seinem Abwurf ein und patzte beim 2:2 böse. Zudem mit mehreren unsicheren Aktionen.

Der Schiedsrichter: Wolfgang Stark. Souveräne Vorstellung des dienstältesten Bundesliga-Schiedsrichters. Überzeugend in der Vorteilsauslegung und korrekt in der Bewertung aller wesentlichen Szenen.

Das fiel auf:

  • Schalke stand in einem 4-2-3-1 sehr hoch und drängte Leverkusen tief in die eigene Hälfte. Druck kam dabei meist über die linke Seite, wo Bellarabi Jedvaj nicht genügend unterstützte und gegen die aktiven Choupo-Moting und Kolasinac alleine ließ.
  • Obwohl Leverkusen sich in der Rückwärtsbewegung zu einer dicht gestaffelten Fünferreihe formierte, gelang es den Gastgebern trotzdem immer wieder, das Mittelfeld mit wenigen Pässen zu überbrücken und die schnellen Außen ins Spiel zu bringen. Vor allem die Abstände zwischen den abkippenden Sechsern und der Innenverteidigung waren zu groß und boten immer wieder Räume, wie vor dem Treffer zum 2:0.
  • In der Offensive fehlte Bayer im Gegensatz zu Schalke jegliches kreatives Moment im ersten Durchgang. Chicharito hing völlig in der Luft und kam nur deshalb auf 12 Ballaktionen in der ersten Halbzeit, weil er sich mehrfach auf den Flügel fallen ließ. Schmidt reagierte, beorderte Kampl neben Aranguiz auf die Doppelsechs und brachte Kießling für Bender.
  • Nach der Pause zeigte sich eine komplett andere Partie, Schalke fiel defensiv regelrecht auseinander und hatte dem Leverkusener Power-Fußball überhaupt nichts mehr entgegenzusetzen. Die Werkself fand zu ihrem bekannten Umschaltspiel zurück und überrannte die S04-Defensive ein ums andere Mal.
  • Daran hatte auch die Hereinnahme von Kießling ihren Anteil. Der lange Angreifer eroberte in der Rückwärtsbewegung immer wieder Bälle und setzte dann seine Mitspieler in Szene.
  • Im Gegensatz zur ersten Hälfte ließ Schalke vor dem Tor die nötige Konsequenz vermissen. Zwar stand Leverkusen hinten immer noch nicht sicher und ließ weiterhin zu viel über die Außen zu. Im Strafraum rannten sich die Knappen zumeist in Form von Sane dann allerdings fest.

Schalke - Leverkusen: Die Statistik zum Spiel