Bayer erlegt zahnlose Wölfe

Leverkusens Julian Brandt erzielte in der 27. Minute das zwischenzeitliche 1:0
© Getty

Bayer Leverkusen hat das Auftaktspiel des 28. Spieltags der Bundesliga gegen den VfL Wolfsburg für sich entschieden. Im direkten Duell um die europäischen Plätze siegte die Werkself mit 3:0 (1:0).

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Vor 29.239 Zuschauern in der ausverkauften BayArena ging Leverkusen nach einer knappen halben Stunde durch Julian Brandt in Führung. Der eingewechselte Chicharito sorgte in der 73. Minute mit einem sehenswerten Schlenzer für die Vorentscheidung, Vladlen Yurchenko machte mit seinem ersten Bundesligator einen Knopf auf das Spiel.

Leverkusen gewinnt somit das dritte Ligaspiel in Folge und schiebt sich zumindest über Nacht auf den begehrten vierten Tabellenplatz. Keeper Bernd Leno behält auch im vierten Pflichtspiel die weiße Weste und ist nun bereits 450 Minuten unbezwungen.

Wolfsburg rutscht nach der Pleite immer weiter in die Krise. Aus den letzten drei Spielen holte die Hecking-Elf lediglich einen Punkt. Die internationalen Plätze rücken in weite Ferne. Vor allem in der Offensive krankt es bei den Wölfen. In 13 Auswärtsspielen erzielte Wolfsburg lediglich elf Tore.

Julian Draxler sah die fünfte Gelbe Karte und fehlt den Wölfen damit im Spiel gegen Mainz.

Reaktionen:

Roger Schmidt (Trainer Leverkusen): "Wir freuen uns, dass wir dieses wichtige Spiel gewinnen konnten. Es ist nicht einfach, wenn man aus einer Länderspielpause herauskommt und dann praktisch ohne Vorbereitung in ein Spiel geht. Den Abend hätte man sich heute nicht schöner malen können. Jetzt freuen wir uns auf das Derby."

Dieter Hecking (Trainer Wolfsburg): "Ich bin sehr enttäuscht von unserem Auftritt heute. Ich habe nur eine Mannschaft gesehen, die die Chance ergreifen wollte. Es kommt nicht von ungefähr, dass wir mit einer 0:3-Niederlage nach Hause fahren."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Das Bayer-Lazarett lichtet sich allmählich. Jedvaj und Calhanoglu kehren in die Startelf zurück. Etwas überraschend beginnt direkt auch der wiedergenesene Bender, der erstmals nach 181 Tagen wieder ein Bundesligaspiel bestreitet. Henrichs, Yurchenko und Chicharito, der mit der Nationalmannschaft unterwegs war, sitzen dafür zunächst auf der Bank.

Auch VfL-Coach Hecking wirbelt sein Team durcheinander. Träsch, Rodriguez und Draxler starten für Schäfer, Luiz Gustavo (Reisestrapazen) und Caligiuri (Muskelfaserriss). Benaglio feiert zwischen den Pfosten nach sechs Wochen Pause sein Comeback. Der zuletzt wegen privaten Eskapaden in die Schlagzeilen geratene Kruse steht in der Startelf. Dost trainiert zwar wieder voll mit, steht jedoch nicht im Kader.

7.: Wolfsburg wird das erste Mal gefährlich: Draxler setzt Schürrle links am Strafraumeck in Szene. Der legt den Ball in den Lauf von Rodriguez, welcher mit seiner scharfen Hereingabe jedoch etwas zu weit in den Rücken seiner Mitspieler zielt.

27., 1:0, Brandt: Bayer schaltet nach einem hohen Ball im Mittelfeld schnell um. Wenig später kommt Brandt halblinks an die Kugel, zieht per Dribbling in die Mitte und spielt dann den Doppelpass mit Calhanoglu im Sechzehnerkreis. Der Türke spitzelt die Kugel in den Lauf von Brandt zurück, der aus zehn Metern alleine vor Benaglio eiskalt zum fünften Saisontor in die linke Ecke einschiebt.

53.: Hoppala! Ramalho und Bernd Leno sind sich bei einem eigentlich harmlosen Kullerball in Richtung Toraus uneinig, sodass Bruno Henrique rechts neben der seitlichen Strafraumgrenze dazwischenspritzt. Der Brasilianer spitzelt das Leder an Leno vorbei, kann aus spitzem Winkel jedoch nicht abziehen und verliert dann den Ball an Ramalho. Guilavogui versucht es anschließend aus der Distanz, doch bis dahin ist genügend Zeit vergangen, sodass Leno wieder ins Tor zurückkehren kann.

66.: Was für ein Bock von Robin Knoche! Der Innenverteidiger verliert als letzter Mann mit einem Stockfehler das Leder an den vorbeisprintenden Chicharito. Der läuft von links alleine auf das Tor zu, legt sich das Leder jedoch nicht in die Mitte und scheitert so aus spitzem Winkel am gut reagierenden Benaglio.

73., 2:0, Chicharito: Das wird für Gesprächsstoff sorgen! Dante verliert das Leder im Mittelfeld nach einem harten Einsatz gegen Chicharito. Dante bleibt liegen, Bayer spielt weiter. Wolfsburg schaltet bereits ab, während Bellarabi das Leder auf dem linken Flügel an die linke Strafraumkante ablegt. Chicharito nimmt das Leder an und schlenzt die Kugel in einem traumhaft schönen Bogen an den rechten Innenpfosten und von dort ins Tor. 15. Saisontreffer für die kleine Erbse!

87., 3:0, Yurchenko: Rodriguez verliert den Ball in der Vorwärtsbewegung an Kießling. Brandt schaltet am schnellsten und legt in die Mitte auf Chicharito, der mit dem Rücken zum Tor für Yurchenko ablegt. Der Kapitän der ukrainischen U21 fasst sich ein Herz und zimmert die Kugel aus 20 Metern per Vollspann unhaltbar in die rechte untere Ecke. Erstes Bundesligator!

Fazit: Verdienter Sieg der Werkself, die deutlich cleverer spielte und Wolfsburg zu keiner Zeit ins Spiel kommen ließ.

Der Star des Spiels: Lars Bender. Nach 181 Tagen Pause feierte Bender seine Rückkehr in den Werkself-Kader und wurde direkt in die Startelf geschmissen. Die Partie machte klar, warum Coach Schmidt auf ihn setzt. Strahlte enorme Präsenz im Mittelfeld aus und lief die Lücken bärenstark zu. Bereits zur Halbzeit hatte der Bayer-Kapitän 7,1 Kilometer auf dem Tacho - Bestwert! Nach 60. Minuten war Schluss für den Chef im Mittelfeld. Ebenfalls stark: Julian Brandt und Chicharito.

Der Flop des Spiels: Robin Knoche. Schaffte es in Personalunion mit Dante zu keiner Zeit, Ruhe in den eigenen Spielaufbau zu bekommen. Auch weil er von den seinen Vorderleuten im Stich gelassen wurde, kam zu oft der hohe Ball. Sah beim 0:1 nicht gut aus, da er Brandt im Rücken entwischen ließ. Sein Bock in der 53. Minute sorgte fast für die verfrühte Vorentscheidung.

Der Schiedsrichter: Felix Brych hatte die zunächst faire Partie im Griff und musste erst in der 58. Minute auf die erste Gelbe Karte zurückgreifen. Erst nach dem 2:0 wurde die Partie von Wolfsburger Seite ruppiger. Brych griff deshalb entsprechend durch und zeigte folgerichtig vier Mal Gelb. Das Spiel vor dem 2:0 laufen zu lassen, war die richtige Entscheidung.

Das fiel auf:

  • Beide Teams gingen mit der gleichen Grundordnung ins Rennen. Offensiv agierten beide Mannschaften in einem 4-2-3-1-System, bei gegnerischem Ballbesitz rückte auf beiden Seiten der nominelle Zehner (Calhanoglu bzw. Draxler) in die vorderste Linie, sodass defensiv ein 4-4-2 entstand.
  • Leverkusen interpretierte das System jedoch in typischer Werkself-Manier deutlich offensiver und lief die Innenverteidiger meist bereits weit in der gegnerischen Hälfte an. Knoche und Dante hatten damit enorme Probleme und wussten sich oft nur mit weiten und hohen Bällen zu helfen.
  • Zwar griff auch Bayer in der ersten Hälfte manchmal auf die langen Hiebe aus der Defensive zurück, doch die Werkself hatte mit Kießling einen Abnehmer an vorderster Front. So entstand auch das 1:0. Kießling als klassischer Wandspieler gewann nach einem weiten Ball das Kopfballduell und verschaffte Brandt den nötigen Platz. Wolfsburg Kruse auf der anderen Seite war mit dieser Aufgabe auch aufgrund seiner physischen Voraussetzungen überfordert.
  • Bei Wolfsburg klaffte vor allem im zentralen Mittelfeld eine riesige Lücke. Arnold und Guilavogui machten beide keine Anstalten, den Spielaufbau übernehmen zu wollen. Draxler und Kruse ließen sich deshalb meist ganz tief in die eigene Hälfte fallen. Hecking versuchte in der Mitte der 2. Halbzeit, dieses Ungleichgewicht zu kitten, nahm Stürmer Kruse vom Feld und verstärkte das zentrale Mittelfeld mit Schäfer. Die Maßnahme blieb jedoch wirkungslos. Luiz Gustavo, der aufgrund der Länderspielreise nur zuschaute, fehlte an allen Ecken und Enden.

Leverkusen - Wolfsburg: Die Statistik zum Spiel